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KMU-Vertreter: ESG bei Schweizer Pensionskassen „gefährlich“

Ökonom Schneider widerspricht der These, dass Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien treuhänderische Pflicht ist.

In einem System mit obligatorischer betrieblicher Altersvorsorge (bAV) sollten Pensionskassen für ihre Mitglieder keine ethischen Entscheidungen treffen.

Das sagte Henrique Schneider, Ökonom und Vizepräsident des Schweizer KMU-Verbandes SGV/USAM bei der diesjährigen Swiss Pensions Conference (SPC) der CFA Society Switzerland in Rüschlikon bei Zürich.

„Es ist gefährlich, die Welt mit Geld anderer Leute verändern zu wollen“, sagte der entschiedene Kritiker der Anwendung von ESG-Kriterien durch Schweizer Pensionskassen.

Er argumentierte, dass Schweizer Angestellte sich weder aussuchen können, ob sie in die zweite Säule einzahlen, noch können sie die Pensionskasse selbst wählen. Jeder Arbeitgeber muss eine Pensionskasse aufsetzen oder sich einer Sammeleinrichtung anschließen.

Schneider, der selbst Mitglied der Schweizer Delegation bei den Verhandlungen zum Pariser Klimaabkommen war, ist nicht per se gegen Nachhaltigkeit. Er findet allerdings, dass die Pensionskassen Investitionen in diesem Bereich Family Offices oder Stiftungen überlassen sollten.

Er rief die Schweizer Pensionskassen dazu auf, sich erst mit der Integration von ESG-Kriterien in ihre Anlagestrategien zu beschäftigen, „falls es gesetzlich vorgeschrieben wird“. Schneider glaubt allerdings, dass dieser Fall sehr unwahrscheinlich ist.

Über die vergangenen Jahre hatten unterschiedliche politische Fraktionen in der Schweiz die Einbeziehung von nachhaltigen Investmentkriterien in die Veranlagungsvorschriften für Schweizer Pensionskassen (BVV2) gefordert.

Auf Nachfrage von IPE D.A.CH ob ESG-Überlegungen das Risikomanagement verbessert haben, antwortete Schneider: „Risikomanagement verändert sich stetig, aber das ist kein Grund dafür, dass Pensionskassen nach ESG-Kriterien veranlagen sollen.“

Seine sehr umstrittenen Ansichten ernteten vom Publikum Unglauben aber auch Gelächter. Die Konferenz war dieses Jahr unter das Thema „Sustainable Investing – Real Impact oder Hypocrisy“ gestellt worden.

Christoph Ryter, Geschäftsführer der Pensionskasse des Schweizer Migros-Konzerns und Vizepräsident des Pensionskassenverbandes Asip, betonte, dass die Berechtigten sehr wohl ein Mitspracherecht besitzen.

„Arbeitgeber sind in jedem Stiftungsrat vertreten und können ihre Vertreter wählen“, so Ryter. Der Stiftungsrat kann bei gewissen Investitionsstrategien mit entscheiden.

Er ist überzeugt, dass ESG-Integration „Sinn macht, weil es auch das Risiko/Rendite-Profil für Mitglieder verbessert“.

Darüber hinaus hat der Asip nachhaltiges Veranlagen als Teil der treuhänderischen Pflichten für Schweizer Pensionskassen identifiziert. Auch die Schweizer Bundesregierung teilt diese Ansicht in einem Rundschreiben zu institutionellen Veranlagungen.

Ryter sagte bei der Konferenz, dass auch kleinere Pensionskassen ESG in ihre Veranlagung einbringen können und zwar indem sie Manager aussuchen, die sich dem Thema verschrieben haben; z.B. durch Unterzeichnung der UN PRI.

Schneiders Ansichten fanden jedoch auch Unterstützer bei der Konferenz: Werner Hertzog, früherer Geschäftsführer zweier großer öffentlich-rechtlichen Pensionskassen und nun freier Berater der Branche. Er argumentierte allerdings ein wenig anders. Hertzog sagte, dass die Stimmrechtsausübung durch Pensionskassen „nichts bringt“.

Seit 2014, sind alle Schweizer Pensionskassen dazu verpflichtet, ihre Stimmrechte bei den Firmen, in die sie investieren, auszuüben („Minder-Initiative“).

„Seitdem hat sich die Governance in den großen Schweizer Unternehmen aber nicht wirklich verbessert“, stimmte Schneider zu.

Hertzog forderte daher anstatt von den Pensionskassen ESG-Integration zu fordern, dass der Konsum durch politische Maßnahmen nachhaltig ausgestaltet werden sollte. Seiner Meinung nach wäre eine weltweite 15%ige Besteuerung von Flugbenzin dafür der einfachste Weg.

„Klimafreundlicher Konsum hätte einen viel größeren Impact als irgendeine Investmententscheidung von Schweizer Pensionskassen“, so Hertzog.

Er befürchtet sogar, dass klimaverträgliches Anlegen kontraproduktiv sei, „weil dann Destinatäre denken, dass sie sich nicht selber einschränken müssen, wenn die Pensionskasse nachhaltig investiert“.

Es gebe auch „keine Studie zur tatsächlichen Risikoreduktion durch die Anwendung von ESG-Kriterien“, so Hertzog.

Besonders scharf kritisierte er einen Politiker der Grünen Partei in der Diskussionsrunde, der meinte, dass öffentlich-rechtliche Schweizer Pensionskassen verpflichtet werden sollten nachhaltig zu investieren, um so als gutes Beispiel zu dienen.