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Kommentar: Geheuchelter Zypern-Aufschrei

Die Finanzminister der Eurozone begingen am Freitag also einen Tabubruch. Spareinlagen werden in Zypern mit einer Zwangsabgabe belegt, sofern das Parlament dies in seiner auf heute – Dienstag – verschobenen Sitzung, beschließt.

Markus Schuller

Sehen wir uns den Deal aus der Nähe an. Gemäß aktuellem Verhandlungsstand (Montag Nachmittag) ist für Spareinlagen bis 100.000 Euro eine Abgabe von 3% vorgesehen, Von Einlagen bis 500.000 Euro sollen nun 10% und über 500.000 Euro gleich 15% einbehalten werden. Zuvor war eine Abgabe von 6,75% auf Einlagen bis 100.000 Euro und 9,9% für darüber hinausgehende angesetzt. In der derzeitigen Fassung läuft es auf eine progressive Vermögenssteuer hinaus.

Eine gute Idee.

Der Aufschrei vieler Experten ist erstaunlich.

Wie allseits bekannt, positionierte sich Zypern als Schwarzgeldbunker für russisches Kapital. Die heute mürrisch verbreitete Ablehnung Putins bestätigt lediglich die enge Verbindung zwischen beiden Ländern.

Folgt man vagen <link http: www.ft.com cms s>FT Schätzungen, liegen derzeit zwischen 8 und 35 Mrd. Euro an russischem Kapital auf zypriotischen Konten. Wäre Zypern nicht Teil der Europäischen Union, könnte es als zweiundzwanzigste russische Republik wahrgenommen werden.

Nun wird der Aufschrei damit begründet, dass diese Vorgehensweise spill-over Effekte auf andere Peripherieländer in der Eurozone haben könnte. Ein Gedanke hierzu: m
an darf Rat/IMF/ESM/EFSF durchaus zugutehalten, dass sie in der Strukturierung der Finanzierungsseite durchaus länderspezifische Lösungen fand. Wie eben auch in Zypern unter Einbeziehung der Einlagen. Einzig in der Kombination Strukturreformen und Austeritätsprogramme blieben sie konsistent, ob dies nun Spanien, Irland oder Zypern betraf.

Ergebnis: Ich gehe davon aus, dass der Einbezug der Spareinlagen nicht zum „Role Model“ für weitere Auffangprogramme in der Eurozone wird. Auch wird sich die Kapitalflucht in Zypern mittels ECB Geldtransporten und temporären Kapitalschranken administrieren lassen. Es gibt hierzu Präzedenzfälle. Die ECB sollte darauf vorbereitet seit, wie auch Asmussen heute bestätigte.

Mittelfristig wird durch die Kombination Strukturreformen/ Austeritätsprogramme ein Schuldenerlass notwendig sein. Weder sind die 140% zypriotischen Staatschuldenquote (inklusive 10 Mrd. Euro via ESM/IMF), noch die 156% in Griechenland (Q3/2012 – Eurostat) tragfähig. Mehr dazu erst nach der deutschen Bundestagswahl im September.

In Zypern ließen sich zumindest die gegen Ende des Jahrzehnts zu sprudeln beginnenden Einnahmen aus der Gas-Exploration gegenrechnen (geschätzter Marktwert von über 600 Mrd. Euro).

Ein gewichtiger Aspekt wird übersehen.

Wir befinden uns in einer finanziellen Repression. Sprich, die Spareinlagen werden durch negative Realzinsen reduziert. Eine elegante Form der langsamen, langfristigen Enteignung, die bereits in den USA und UK nach dem 2. Weltkrieg gut funktionierte.

Durch direkte, wie indirekte Kapitalmarktinterventionen induzierten die relevanten Zentralbanken der Weltwirtschaft eine artifizielle Erholung in den Preisen der „Risky Assets“. Der damit einher gehende Vermögenseffekt kommt – welch Überraschung – nicht allen gleich zugute.

Beispiel USA: Für 80% der Haushalte verkleinerte sich seit 2008 der Anteil am volkswirtschaftlichen Haushaltsvermögen. Ein Trend, der bereits Ende der 90er Jahre einsetzte.

Dies bedeutet, dass sich Vermögende dank Notenbanken gut gegen die finanzielle Repression schützen können, in dem sie in „Risky Assets“ investiert sind. Bei einer Aktionärsquote in Deutschland und Österreich unter 10%, wird deutlich, wie stark die große Mehrheit der Haushalte direkt von der schleichenden Enteignung betroffen ist.

Nun höre ich von keinem Regierungsvertreter in Deutschland, UK oder Österreich, er mache sich Sorgen um die Realzinsverluste seiner Sparer. Die Enteignung von der Mittelschicht abwärts wird zumindest akzeptiert. In Zypern hingegen entdecken Westerwelle & Co plötzlich ihr Herz für den kleinen Sparer. Indeed, in den derzeit laufenden Nachverhandlungen wäre ein Freibetrag ideal, doch bereits jetzt ist die Progressionsneigung von 3 auf 15% signifikant. Zudem auch noch ehrlicher, wird die Vermögenssteuer doch für alle sichtbar eingeführt und nicht schleichend durch die Effekte der finanziellen Repression.


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*) Markus Schuller (mhschuller(at)panthera.mc) ist Managing Director bei Panthera Solutions, einer Alternative Investment Consultancy im Fürstentum Monaco. Panthera ist spezialisiert auf Strategic Asset Allocation Consulting für Institutionelle Investoren. Der robuste Strategieansatz ergibt sich durch das Abbilden stabiler Megatrends im Multi-Asset Format auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Trend & Allokationsforschung (<link http: www.panthera.mc>www.panthera.mc).