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Österreichische Investoren begrüßen EU-Vorschlag für ESG-Standards – sie warnen aber vor Auswirkungen auf die Finanzbranche

Konferenzteilnehmer zeigten sich vorsichtig, sie befürchten mehr Regulierung und versteckte Motive.

Die Idee, einen einheitlicheren Rahmen für ESG-Investitionen in Europa zu schaffen, wurde von allen Teilnehmenden am Institutionellen Altersvorsorge- und Investorengipfel in Wien begrüßt.

Allerdings brachten bei dem von Barbara Bertolini bereits im zweiten Jahr veranstalteten Event ein paar Vortragende auch Warnungen an.

Martin Sardelic, Vorsitzender des Vorstandes der Valida Holding, merkte an, dass für ihn die „Geschwindigkeit überraschend“ war, mit der die EU-Kommission die Vorschläge zu neuen ESG-Standards am 24. Mai publiziert hat.

„Der Bericht enthält viel Sinnvolles, speziell die gemeinsame Definition von Standards. Aber die spannende Frage wird sein, ob Atomkraft dabei ist, weil Frankreich eine große Rolle spielt“, so Sardelic.

Verschiedene Teilnehmende sehen hier auch ein Problem, weil die Definitionen von nachhaltigen Anlagen zwischen den Mitgliedstaaten deutlich abweichen.

Vor allem für österreichische ESG-Investoren ist Atomenergie ein absolutes Ausschlusskriterium während sie für französische Investoren zur umweltfreundlichsten Art der Energieproduktion gehört.

Robert Haßler, Vorstandsvorsitzender und Mitgründer der oekom research, die vor kurzem mit dem International Shareholder Service (ISS) fusioniert hat, bestätigte:

„In der der High-Level Preliminary Group waren keine Deutschen und Österreicher vertreten. Das reflektiert ein Stück weit das Kräfteverhältnis in Europa im Bereich nachhaltige Investments.“

Hier hätten vor allem Märkte, in denen große Pensionsfonds das Sagen haben, also Frankreich, Großbritannien, Niederlande und Skandinavien, eine Vorreiterrolle.

Sardelic begrüßte Vorschläge zur Erhöhung der Transparenz im Bereich ESG-Investitionen sowie die mögliche Einführung von neuen Benchmarks.

Allerdings warnte er, dass die Finanzindustrie sich genau ansehen müsse, was da auf sie zukommt:

„Für mich überraschend ist, dass die Finanzindustrie sehr singulär adressiert und in die Pflicht genommen wird.“

Er betonte: „Wir können Beiträge leisten, aber es reicht nicht, dass die Finanzindustrie allein etwas tut.“

Als wichtige Diskussionsbeispiele nannte Sardelic Steuerregime wie jenes zu Flugbenzin oder Langstreckentransporten, die auch EU-weit diskutiert werden müssten, wenn es um Nachhaltigkeit geht.

Franz Partsch, Direktor der Abteilung Treasury bei der Österreichischen Nationalbank (ÖNB), betonte, dass es wichtig wäre, alle Stakeholder der Finanzbranche an Bord zu holen; also Ratingagenturen, Indexanbieter, Investoren und Manager.

Aber er warnte vor Überregulierung: „Es wäre wichtig, einen nicht zu stark Euro-zentrierten Ansatz zu verwenden, denn vor allem bei breiten Indizes gibt es auch viele Einflüsse aus Asien etc. und ESG ist ein globales Thema.“

Sardelic hielt fest, dass die EU-Vorschläge vor allem auf Klimawandel und Umweltschutz fokussieren.

„Aber bei der Nachhaltigkeit geht es um mehr als die Umwelt“, so Sardelic.

Unterdessen hat das Forum Nachhaltige Geldanlagen seinen jährlichen Bericht zu ESG-Anlagen in Deutschland, Österreich und der Schweiz publiziert. (Link zum Bericht)

Für die diesjährige Umfrage unter 49 Investoren in der Region wurde die Definition von ESG-Investitionen geschärft, was zu einem Rückgang des nach diesen Prinzipien angelegten Kapitals geführt hat.

Die ausgewiesenen ESG-Vermögen sind im Jahresvergleich von 242 Mrd. Euro auf 200 Mrd. Euro geschrumpft.

Allerdings bestätigten die Analysten einen generellen Trend zu mehr ESG-Investitionen sowohl unter Institutionellen Investoren als auch unter Privatkunden.

Ferner werde die Anwendung von Ausschlusskriterien als hauptsächlicher ESG-Ansatz durch eine breitere Diversifizierung der Ansätze verdrängt.