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Round-up zur EZB-Entscheidung: Die Flut

In Abwandlung des wohl berühmtesten Cäsar-Zitats „Veni, Vidi, Vici“ möchte man angesichts des Auftritts von Mario Draghi am vergangenen Donnerstag rufen: „Er kam, sah und flutete!“ Ob seine Strategie des QE aufgeht, wird sich erst zeigen müssen, den Ursache und Wirkung scheinen nicht unbedingt zusammen zu passen. Entsprechend sind die Reaktionen in der Asset Management-Branche nicht nur positiv.

 

Nach viel diplomatischem Gezerre und Gezetere hat EZB-Präsident Mario Draghi sich durchgesetzt und ein neues Kapitel europäischer Zentralbankgeschichte geschrieben: Ab März wird die europäische Zentralbank auch Staatsanleihen der EWU-Mitgliedsländer und solche von EU-Institutionen kaufen, um ihr Ziel einer Bilanzausweitung auf rund drei Billionen Euro zu erreichen. Die monatlichen Käufe können dabei ein Volumen von bis zu 60 Mrd. Euro erreichen.

Luke Bartholomew, Fondsmanager bei Aberdeen Asset Management, kommentiert die Entscheidung der EZB zum Ankauf von Staatsanleihen u.a. folgendermaßen: „Die Märkte werden darüber jubeln, dass die EZB Staatsanleihen in diesem Umfang aufkaufen wird, was die Erwartungen weit übertrifft und einen Hinweis darauf beinhaltet, dass das Ende hierfür offen sein könnte. Der Euro hat abgewertet und das Quantitative Easing sollte die Preise der Assets weiter beflügeln. Aber die Entscheidung, dass die EZB nur 20% der Schulden auf die eigene Bilanz nehmen wird, ist merkwürdig. Diejenigen, die gegen die quantitative Lockerung waren, waren dies zum Teil, weil sie nicht die gesamten Risiken in den Büchern der EZB haben wollten. Sie scheinen ein Zugeständnis bekommen zu haben, um ein Quantitative Easing in dieser Größenordnung durchzusetzen. Wir alle wissen, dass eine umfassende Fiskalunion für die langfristige Zukunft des Euro entscheidend ist. Daher ist die Tatsache, dass Draghi keine Unterstützung für die volle Übernahme der Last gewinnen konnte, auf lange Sicht kein ermutigendes Zeichen“

Paras Anand, Leiter des europäischen Aktienteams bei Fidelity Worldwide Investment ergänzte dazu: „Einer der meistdiskutierten Punkte ist, wie stark die EZB als allgegenwärtiger Käufer von Staatsanleihen den Druck auf die Staaten lindert, dringende strukturelle Reformen umsetzen zu müssen. Vor allem Italien und Frankreich müssen deutliche Maßnahmen ergreifen, um das langfristige Potenzial ihrer gut ausgebildeten und qualifizierten Arbeitsmärkte zu erschließen, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Gründung neuer Unternehmen anzukurbeln. Hierbei hilft quantitative Lockerung kaum.“

Wenig optimistisch diskutierte auch Bernd Feldhaus, Senior Portfolio Manager bei inprimo invest, das Paket der EZB: „Das Anleihe-Kaufprogramm der EZB hebelt systematisch Markt¬mechanismen aus. Es ist damit zu rechnen, dass die Renditeniveaus bei Staatsanleihen durch die EZB Kaufaktion stark verzerrt werden. Faktisch werden Markt-mechanismen wie die Bewertung von Risiken ausgeschaltet – mit der Folge, dass falsche Anreize an Politik und Investoren gegeben werden. Private und institutionelle Anleger werden aus dem Markt für Staatsanleihen heraus in riskantere Assetklassen gedrängt. Wenn es dann zu einem Platzen der nach unserer Einschätzung bereits jetzt entstandenen Blasen an den Rentenmärkten kommt, könnten die Preiskorrekturen gerade in aus-getrockneten Marktstrukturen umso heftiger ausfallen. Es steht zu befürchten, dass ein Staatsanleihekaufprogramm die Reformmüdigkeit eher noch verstärken wird und sich die fundamentale Situation vieler Länder der Eurozone nicht verbessern wird. Grundsätzlich wird die Volatilität an den europäischen Anleihe¬märkten eher zunehmen“

Gerd Rendenbach, Leiter Fixed Income bei der BayernInvest sieht zumindest positive Signale für die Märkte: „Die EZB hat die Märkte mit ihrem im März beginnenden Ankaufprogramm nicht enttäuscht. Der Markt hängt am Liquiditätsspeicher der EZB, der mit den angekündigten Maßnahmen wieder prall gefüllt ist.“ Seiner Ansicht nach dürfte insbesondere in der Peripherie Europas aufgrund der quantitativen Lockerung die Spreadaufschläge weiter zusammenlaufen.

Makroökonom Dr. Daniel Stelter, Buchautor und Gründer des Diskussionsforums „Beyond the obvious“ formulierte den Ausblick dagegen wenig erbaulich: „Die Finanzmärkte haben bekommen, was sie wollten und was Draghi ihnen versprochen hat. Doch langfristig werden die Enttäuschungen nicht ausbleiben können. Die erhofften realwirtschaftlichen Folgen – höhere Inflation, mehr Wachstum und ein weiter schwächerer Euro – werden sich nicht einstellen. Quantitative Easing wirkt in Europa nicht“.