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Versorgungsrücklage Baden-Württemberg wird auf strenge Nachhaltigkeitskriterien umgestellt

Nach dem rund 6,52 Mrd. Euro schweren Versorgungsfonds des deutschen Bundeslandes soll bis Jahresende auch die aktiv veranlagte Versorgungsrücklage, die etwa 4,3 Mrd. Euro umfasst, auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen für nachhaltige Veranlagung umgestellt werden, bestätigt der Treasurer des Bundeslandes, Arnim Emrich, im Interview mit IPE D.A.CH.

Blick auf Stuttgart

Anfang März hatte das baden-württembergische Parlament einen Gesetzesentwurf beschlossen, der eine der umfassendsten Nachhaltigkeitskriterien für Veranlagungen öffentlicher Gelder in Deutschland beinhaltet.

Link zum Gesetz

Seitdem werden schrittweise Finanzanlagen im Einflussbereich des Landes Baden-Württemberg, die mehr als eine Million Euro betragen, in der Veranlagung umgestellt. Versorgungswerke sind übrigens ausgenommen, weil das Land hier kein Mitspracherecht in der Veranlagung hat.

Das Gesetz selbst sei „ambitioniert“, bestätigt Arnim Emrich, der seit drei Jahren das u.a. für diese beiden Versorgungstöpfe zuständige Referat leitet. Im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU stand die Vorgabe, dass die Finanzanlagen des Landes sowohl die Nachhaltigkeitsziele der UN als auch die EU-Taxonomie berücksichtigen sollen. Die Umsetzung sei dann „eine steile Lernkurve“ für alle gewesen.

Neben Dekarbonisierungszielen („Paris-aligned-Benchmark“) umfassen die Kriterien nun auch Ausschlüsse nach dem Prinzip der „Wertekongruenz“. So werden etwa auch Staatsanleihen ausgeschlossen von Ländern, die gewisse internationale Abkommen nicht unterzeichnet haben.

Bereits angepasst wurde der 2008 für neu eintretende Beamte geschaffene, ausschließlich passiv veranlagte Versorgungsfonds, in den Baden-Württemberg mittlerweile jährlich mehr als 650 Mio. Euro einzahlt. Hierfür wurden zwei maßgeschneiderter Indizes bei Stoxx in Auftrag gegeben.

Die Umstellung der 1999 eingerichteten Versorgungsrücklage, die nicht mehr weiter befüllt wird, sondern nur mehr durch aktives Asset Management wachsen soll, habe sich wesentlich komplexer gestaltet, bestätigt Emrich.

„Die große Aufgabe war es, mit unseren aktiven Managern eine Paris-aligned-Benchmark-Methodik zu entwickeln für ein Multi-Asset-Portfolio inklusive Bonds“, erläutert Emrich.

Einer der vom Land genutzten Asset Manager, Union Investment, hatte zwar bereits ein ähnliches Aktienprodukt im Publikumsfondsbereich, aber die Schaffung von passenden Spezialfondsmandaten sei für alle Seiten „eine große konzeptionelle Aufgabe“ gewesen. „De facto gab es kein Produkt oder Standardvorgehen von Asset Managern am Markt, das wir nehmen konnten.“

„Meiner Einschätzung nach ist das Gesetz an der Grenze dessen, womit sich Asset Manager schon bisher auseinandergesetzt haben“, so Emrich. So gibt es etwa bereits viele ETFs, die sich einen Paris-aligned-Benchmark zur Dekarbonisierung zugrunde gelegt haben, aber kaum aktive Manager.

Vorbildwirkung und Welleneffekt
Durch die Arbeit mit der Landesregierung würden auch andere Geldtöpfe im Land sich mit der Thematik beschäftigen. Vor allem Kunden des zweiten aktiven Managers der Versorgungsrücklage, der LBBW und ihrer zum Konzern gehörenden Tochtergesellschaften, die etwa auch Stiftungen betreuen.

„Wir haben schon diverse Rückfragen zu unserer Methodik“, bestätigt Emrich. Aber er gibt auch zu bedenken, dass sich diese selbst noch entwickelt, vor allem im Bereich des aktiven Asset Managements.

Einen Effekt könnte das Gesetz auch auf Unternehmen haben, in die das Land investiert, denn das Gesetz beinhaltet auch einen Engagement-Auftrag.

Längerfristig könnte das Land auch eine Einzeltitelausweisung diverser Portfolien vornehmen, als Teil der im Gesetz geforderten Transparenz. „Wir werden aber nie eine Liste mit Unternehmen veröffentlichen, die wir ausgeschlossen haben“, so Emrich.

Die Nutzung von Paris-aligned-Benchmarks bedeutet überdies, dass nicht grundsätzlich ausgeschlossene emissionsintensivere Unternehmen Teil des Portfolios bleiben können, um diese bei der Dekarbonisierung zu unterstützen.

„So haben wir nun seit Neuestem einen Zementproduzenten im Portfolio“, so Emrich. Ein Chemieunternehmen im Land sei derzeit aufgrund von fehlender Offenlegung problematisch, aber hier sieht Emrich eher ein Informationsproblem als ein tatsächliches Umweltproblem. Er ist sicher, dass solche Fragen im Engagement-Prozess geklärt werden können.