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„Viele Adressen wissen noch nicht, wie viel Arbeit mit Solvency II auf sie zukommt”

Solvency II rückt trotz aller Diskussionen und der Verschiebung des Starttermins auf 2014 näher. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Han Rijken, Head of Fixed Income Insurance bei ING Investment Management über die Auswirkungen auf Versicherungsportfolios und den Stand der Vorbereitungen.

IPE Institutional Investment: Herr Rijken, der Starttermin für Solvency II liegt mittlerweile im Jahr 2014. Rechnen Sie mit weiteren Verzögerungen bei der Umsetzung?
Rijken: Wir sind aktuell im Krisenmodus an den Märkten, die Eurokrise nagt an den Gemütern – gerade auch in der Politik. Insofern sollte man aktuell nichts ausschließen, möglich ist derzeit fast alles. Über politische Entscheidungen möchte ich allerdings keine Prognose abgeben.

IPE Institutional Investment: Wie sehen Sie den Stand der Vorbereitungen in Deutschland?
Rijken: Die großen Adressen sind sicher soweit optimal vorbereitet. Bei der zweiten und dritten Reihe vermag ich diese Aussage so nicht zu machen. Hier hören Sie immer wieder, dass gerade bei der Administration vielfach noch keine finalen Entscheidungen getroffen sind und noch viele Ideen im Raum stehen. Hier werden, gerade vor der Ungewissheit ob Solvency II nun auch tatsächlich in genau dieser Form kommen wird, Dinge laufen gelassen. Ich fürchte, dass viele Adressen noch nicht wissen, wie viel Arbeit mit Solvency II noch auf sie zukommt.

IPE Institutional Investment: Die Euro-Schuldenkrise lässt Europa derzeit auseinan- der driften. Ist es beim Thema Solvency II ähnlich?
Rijken: Durchaus, wir sehen hier ganz unterschiedliche Vorgehensweisen. Schauen Sie sich beispielsweise Dänemark oder die Niederlande an. Hier stehen wir prinzipiell bereits voll im Solvency II-Regime. Ganz anders dagegen noch in Spanien, um ein Beispiel herauszugreifen, wo es klassisch um Themen wie den Buchwert von Staatanleihen geht. Bei einem genaueren Blick hat zudem jedes Land eine etwas andere Heran- gehensweise, dem Druck des Niedrigzinsumfelds auf die Versicherungsbranche zu begegnen.

IPE Institutional Investment: Lassen Sie uns konkreter auf die mittelfristigen Auswirkungen von Solvency II zu sprechen kommen. Wie wird sich ein institutioneller Anleger anpassen müssen?
Rijken: Zunächst einmal wird in der Organisation das Thema Risikomanagement eine noch zentralere Rolle spielen. Das zeigen bereits die Erfahrungen aus den Nieder- landen. Auf der Produktseite – und das ist beileibe kein Geheimnis mehr – wird die Risikoreduktion weiter voranschreiten, weniger Volatilität wird bei der Auswahl eine zentrale Rolle spielen. Der Loan Markt, wo sich Banken zunehmend zurückziehen, könnte so beispielsweise für Investoren weiter an Bedeutung gewinnen.

IPE Institutional Investment: Wie sieht es bei anderen Assetklassen aus?
Rijken: Neben Loans werden auch andere zinssensitive Assets wie High Yields, Corporates und Emerging Markets Bonds mehr Interesse erfahren, das sehen wir bereits. Auf der anderen Seite haben es Themen wie Aktien, Hedgefonds oder auch Private Equity wegen der hohen Eigenkapitalgewichtung künftig noch schwerer.


IPE Institutional Investment: Dennoch werden Zinspapiere gerade im aktuellen Umfeld nicht ausreichen, um die Verpflichtungen der Versicherungen zu decken. Wäre eine mehr an die tatsächliche wirtschaftliche Situation bzw. Risiken angelehnte Herangehensweise nicht angebrachter?
Rijken: Das ist völlig richtig, allerdings können sich dies nur die allerwenigsten Investoren leisten. Für die Mehrzahl gilt, dass sie mit dem vorhandenen Risikokapital eine bestmögliche Darstellung hinbekommen müssen. Hier können wir als Asset Manager helfen, denn allein Diversifikationseffekte können hier schon die Risiko- kapitalanforderungen reduzieren und entsprechend Raum für renditeorientierte Investment schaffen.

IPE Institutional Investment: Ist das auch der Startschuss für mehr „LDI“ in Deutschland?
Rijken: Ja und nein. Lücken werden hier für die betroffenen Unternehmen immer teurer, insofern macht es definitiv Sinn. Allerdings – und das ist im Markt ja auch schon breit diskutiert worden – sind die derzeitigen Zinssätze natürlich eine große Hürde, jetzt auf das Thema aufzuspringen, sofern es bislang versäumt wurde. Hier muss man sehr auf lokale Initiativen achten, es könnte – politisch gewollt – zu Erleichterungen kommen.

IPE Institutional Investment: Vielen Dank für diese Einschätzungen.