„Das Jahr 2022 war durch außergewöhnliche ökonomische Rahmenbedingungen geprägt: der Ukraine-Krieg, die Energiekrise, Rezessionsängste, der rasante Anstieg der Inflation, schnelle, starke Zinsanhebungen der Notenbanken, und eine große Volatilität an den Kapitalmärkten. Erfreulich ist, dass die Unternehmen ihre Pensionswerke dennoch so robust managen konnten, dass heute sogar vier Fünftel der Pensionsverpflichtungen mit spezifisch reserviertem Vermögen bedeckt sind. So hoch war der Ausfinanzierungsgrad noch nie“, so Hanne Borst, Leiterin Retirement Deutschland bei WTW.
„Die Unternehmen werden das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld und dessen Auswirkungen auf die betriebliche Altersversorgung weiterhin engmaschig überwachen“, ergänzt ihr Kollege Dr. Johannes Heiniz, Leiter General Consulting bei WTW. „Es bleibt abzuwarten, wie die Notenbanken und die Kapitalmärkte künftig auf die immer noch erhöhte Inflation, die Rezessionsängste und die aktuellen Herausforderungen im Finanzsektor reagieren. Der Rechnungszins und die Kapitalmärkte werden wohl auch im Jahr 2023 volatil bleiben.“, so Heiniz weiter. Er fügt hinzu: „Die Pensionswerke sind jedoch auch für volatile Kapitalmärkte robust aufgestellt.“
Rentenzahlungen steigen aufgrund der Inflation
Die aufgelaufene Inflation im Jahr 2022 bedeutet für die DAX-Unternehmen jährliche Mehrbelastungen in den Rentenzahlungen von ca. 110 Mio. Euro. Grund ist, dass Betriebsrentenzahlungen regelmäßig anzupassen sind und für die Bemessung der Anpassungen meist der Anstieg der Verbraucherpreise einbezogen wird. Angesichts weiterhin hoher Inflationsraten kommen für das Jahr 2023 geschätzt weitere 400-500 Mio. Euro an Rentenanpassungen hinzu.
„Abgesehen von den Rentensteigerungen wirkt sich die aktuell hohe Inflation auf die Pensionsverpflichtungen insgesamt eher moderat aus, weil die Trendannahmen für die Entwicklungen von Renten und Gehältern langfristig gewählt sind“, sagt Aktuarin Borst. Typischerweise wird hier ein Zeithorizont von 15 Jahren zugrunde gelegt. Mittelfristig geht man von einem deutlichen Rückgang der Inflation aus. Daher wurden die Erwartungen für die künftigen Rentensteigerungen im Mittel lediglich um 40 Basispunkte auf 2,15% angehoben.
Zinsanstieg entlastet
„Deutlich stärker als die Inflation beeinflusst allerdings der Rechnungszins die Pensionsverpflichtungen“, erläutert Borst. Grundsätzlich gilt: Steigt der Rechnungszins um 100 Basispunkte, sinken die Pensionsverpflichtungen um rund 12,2% (36,1 Mrd. Euro). Da der Rechnungszins im Verlaufe des Jahres 2022 durch signifikante Leitzinserhöhungen der Notenbanken auf 3,74% (Vorjahr: 1,20%) stieg, wurden die Pensionswerke buchhalterisch sehr stark entlastet.
Ausfinanzierungsgrad auf neuem Höchststand
In Summe stieg der spezifische Ausfinanzierungsgrad – das Verhältnis des spezifisch für die Bedeckung von Pensionsverpflichtung reservierten Vermögens zum gesamten Verpflichtungsumfang – auf einen historischen Höchststand von 80%. Unabhängig vom jeweiligen Ausfinanzierungsgrad sind die zukünftigen Renten wirtschaftlich in jedem Fall vollständig bedeckt, sei es durch spezifisches Pensionsvermögen oder durch Pensionsrückstellungen.
Seit einigen Jahren ist nach Ansicht von WTW zu beobachten, dass in den Pensionsanlagen sowohl ESG-Kriterien als auch alternative Investments stärker berücksichtigt werden. „Pensionsanlagen werden für einen Zeithorizont von vielen Jahrzehnten aufgestellt. Mit diesem langfristigen Anlagehorizont kommen Pensionsanleger an einer klimaneutralen und nachhaltigen Kapitalanlage nicht vorbei“, betont Heiniz. Breit diversifizierte Portfolien schnitten 2022 deutlich besser ab, da insbesondere alternative Anlageklassen weniger Wertverluste als Aktien oder Anleihen verzeichneten.
Die Studie „DAX-Pensionswerke 2022“ basiert auf den Geschäftsberichten der 40 DAX-Unternehmen, einschließlich der Anhangangaben zu den Pensionsverpflichtungen sowie weiterer öffentlich zugänglicher Daten. Per 21. März 2023 hatten 32 Indexmitglieder ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2022 vorgelegt. Bei acht Unternehmen, deren aktuelle Daten noch nicht veröffentlicht sind, hat WTW die Vorjahreswerte berücksichtigt und damit Hochrechnungen durchgeführt. Die aktuellen Zahlen zum DAX 40 beziehen sich auf den Stand des Index zum 31. Dezember 2022. Die dargestellten Vorjahreszahlen stellen die tatsächlichen Ist-Werte des DAX 40 zum 31. Dezember 2021 dar. Die der Auswertung zugrunde liegende WTW-Datenbank ermöglicht nach Unternehmensangaben Vergleiche bis ins Jahr 1999.