Das Vorsorgekapital der Arbeitnehmenden wurde 2021 mit durchschnittlich 3,8% verzinst. 2021 gewährten 92% der Pensionskassen eine Zusatzverzinsung. Ein neuerlicher Tiefstwert wird hingegen beim Umwandlungssatz gemessen. Der durchschnittlich angewendete Satz liegt mit 5,39% nochmals um rund einen Zehntel Prozentpunkt tiefer als im Vorjahr. Für die kommenden Jahre können weitere Senkungen des Umwandlungssatzes erwartet werden.
Das diesjährige Sonderthema der Studie widmet sich den Infrastrukturanlagen, welche nach der Gesetzesänderung vor knapp zwei Jahren als eigene Anlageklasse geführt werden können. Bei rund 43% der Pensionskassen sind Infrastrukturanlagen dabei bereits Teil des Vermögensmixes. Der Anlagemix wird sich voraussichtlich weiter verändern und Infrastrukturanlagen tendenziell bedeutender werden.
Gutes Jahr 2021, herausforderndes 2022
Im vergangenen Jahr erwirtschafteten Schweizer Pensionskassen im Durchschnitt 8,3% Rendite. Zum Vergleich: über die letzten zwanzig Jahre wurde eine jährliche Rendite von 3,8% erzielt. Pensionskassen haben das Vorsorgekapital der Arbeitnehmenden im Jahr 2021 mit 3,8% verzinst, was deutlich über der vom Bundesrat festgelegten BVG-Mindestverzinsung von 1,0% liegt. Die aktiv Versicherten konnten somit klar am positiven Vorjahresergebnis mitpartizipieren. Die durchschnittliche Verzinsung der aktiv Versicherten über die letzten 20 Jahre betrug 2,4%.
Die steigenden Zinsen im Jahr 2022 führten gerade bei den Anleihebeständen zu deutlichen Verlusten. Die Gesamtrendite von -7,7% der ersten acht Monate des neuen Jahres steht deutlich im Kontrast zur erfreulichen Vorjahresrendite, muss jedoch vor dem Hintergrund der guten Reservesituation Ende 2021 gesehen werden. Per Ende 2021 lag der durchschnittliche Deckungsgrad bei stolzen 115,3%. Der deutliche Reserveaufbau der letzten Jahre trägt wesentlich dazu bei, dass der durchschnittliche Deckungsgrad aktuell nicht unter 100% liegt, wobei aber die Anzahl der Kassen in Unterdeckung im Jahresverlauf auf rund 8,5% angestiegen ist. Inflationsängste, die Folgen der Pandemie, geopolitische Spannungen sowie die Lieferkettenprobleme bleiben als Herausforderungen für die Bewirtschaftung des Vorsorgevermögens bestehen.
Die Substituierung der festverzinslichen Anlagen setzt sich fort
Bedingt durch das tiefe Zinsniveau wurden in den letzten Jahren Anleihebestände stark abgebaut. Seit Beginn der Datenerhebung erreichen die festverzinslichen Anlagen mit 32,5% Ende 2021 einen neuen Tiefststand. Ende letzten Jahres sind erstmals weniger als ein Drittel des Vermögens von Schweizer Pensionskassen in festverzinslichen Anlagen angelegt. Die freiwerdenden Mittel verteilten sich hauptsächlich auf Immobilien und Alternative Anlagen wie Private Equity, Infrastrukturanlagen und Private Debt. Die Aktienquote lag per Ende 2021 mit 31,9% nahe dem historischen Mittel. Das vierte Jahr in Folge beträgt der Immobilienanteil mehr als 20%. Aktuell liegt die Quote bei 21,2%, was einem neuen Höchstwert seit Start der Datenerhebung entspricht. Der Anteil der Alternativen Anlagen liegt das sechste Jahr in Folge über 9% (aktuell 9,7%).
Dies beinhaltet auch Infrastrukturanlagen (1,7% des Anlagemixes), welche ökonomisch zwar als Alternative Anlagen einzustufen sind, jedoch gemäß BVV 2 nicht mehr als Alternative Anlagen gelten. Unter den neuen Regeln ist es Vorsorgeeinrichtungen erlaubt, bis zu 10% des Gesamtvermögens in Infrastrukturanlagen anzulegen. Jeden zweiten Franken investiert die 2. Säule im Ausland, wobei sie die Währungsrisiken zu einem großen Teil absichert. Das verbleibende Fremdwährungsrisiko beträgt aktuell 18,7%.
Diverse Anpassungen auf der Passivseite
Der technische Zinssatz wurde nochmals um 0,2 Prozentpunkte auf 1,6% gesenkt. Somit wurden im vergangenen Jahr die Kapitalien der Arbeitnehmer höher verzinst als jene der Rentner.
Durch das tiefe Zinsniveau und die steigende Lebenserwartung sind Kassen gezwungen, den Umwandlungssatz zu senken. Der langjährige Trend setzt sich fort: Mit durchschnittlich 5,39% liegt der Umwandlungssatz 2021 nochmals rund 0,1 Prozentpunkte tiefer als im Vorjahr. Die Pensionskassen entfernen sich damit weiter vom BVG-Mindestumwandlungssatz von 6,8%, der nach der gescheiterten Rentenreform zwar weiterhin Gültigkeit hat, jedoch weder der gestiegenen Lebenserwartung noch dem Zinsniveau Rechnung trägt. Ein zu hoch angesetzter Umwandlungssatz führt zu Pensionierungsverlusten, die jüngere Jahrgänge indirekt durch tiefere Verzinsungen bezahlen müssen. Pensionskassen haben für die nächsten fünf Jahre bereits Reduktionen beschlossen, um dieser Umverteilung entgegen zu wirken. Dadurch dürfte der durchschnittliche Umwandlungssatz bis 2027 auf 5,16% sinken.
Complementa schätzt, dass Pensionskassen aktuell eine Rendite von mindestens 1,9% erwirtschaften müssen, um den Deckungsgrad konstant zu halten. Gemäß Complementa können Pensionskassen beim aktuellen Anlagemix mit einer etwas höheren Rendite rechnen (+2,3%).
Infrastrukturanlagen immer beliebter bei Schweizer Pensionskassen
Der Anteil der Alternativen Anlagen hat sich in den letzten Jahren zwischen 9% und 10% des Anlagemixes eingependelt. Auch der Anteil der Pensionskassen, die in Alternative Anlagen investieren, hat sich über die letzten Jahre stabilisiert. So investieren vier von fünf Vorsorgeeinrichtungen in Alternative Anlagen. Die Subkategorie Infrastruktur wird dabei immer beliebter. Über die letzten fünf Jahre stieg dieser Anteil von 20% auf 43%. 2021 stellt Infrastruktur (gemessen an der Anzahl investierten Pensionskassen) erstmals die beliebteste Subkategorie dar.
Im Rahmen des Sonderthemas wurden die Pensionskassenverantwortlichen zu Infrastrukturanlagen befragt. Als Hauptgründe für den Einbezug von Infrastrukturanlagen sehen sie den Zugang zu zusätzlichen Renditequellen (rund 29% der Antworten), Diversifikationseffekten (rund 37% der Antworten) sowie einen Teilersatz der Obligationen (rund 16%).
Die Teilnehmer ohne Infrastrukturanlagen sehen die Illiquidität als den wichtigsten Grund für einen Verzicht auf diese Anlageklasse. Des Weiteren wurde angegeben, dass andere Alternative Anlagen bevorzugt werden oder dass Infrastrukturanlagen nicht in die aktuelle Anlagestrategie passen. Weitere Gründe waren die hohen Mindestanlagevolumen, die Komplexität der Anlageklasse und die hohen Kosten.
Neue BVV-Kategorie wird genutzt
Seit dem 1. Oktober 2020 können Infrastrukturanlagen gemäß gesetzlicher Klassifizierung (BVV2 Artikel 53 und 55) mit einer eigenen Kategorienbegrenzung separat von den Alternativen Anlagen geführt werden. Rund 64% der befragten Pensionskassenverantwortlichen geben an, dass die Infrastrukturanlagen bereits heute als eigene Kategorie gemäß BVV 2 verankert seien und somit nicht mehr den Alternativen Anlagen zugeordnet werden.
Von denjenigen Kassen, welche Infrastrukturanlagen aktuell noch als Alternative Anlagen klassifiziert haben, beabsichtigen 45% diese in die separate BVV-Kategorie auszugliedern. Die übrigen Teilnehmenden gaben u.a. an, dass eine Ausgliederung keinen Mehrnutzen bringe bzw. aus ihrer Sicht nicht nötig sei, da teilweise die Gesamtquote der Alternativen Anlagen nicht ausgeschöpft werde. Gemäß der diesjährigen Gesamtstudie weisen nur rund 10% der Pensionskassen eine Quote von mehr als 15% bei den Alternativen Anlagen (inkl. Infrastruktur) auf. Entsprechend wäre die BVV-Kategorienbegrenzung (Alternative Anlagen) von 15% selbst unter Inklusion der Infrastrukturanlagen nur bei einer Minderheit der Vorsorgeeinrichtungen überschritten.
Die strategische Zielallokation für Infrastrukturanlagen wurde seit 2019 erhöht. Die durchschnittliche Zielallokation liege aktuell gemäß Angaben der Teilnehmer bei rund 3,6%. Vor der Einführung einer separaten BVV-Kategorienbegrenzung bzw. per Ende 2019 lag dieser Durchschnittswert noch bei 2,3%. Die Erhöhung der Zielallokation ist aber nicht nur auf die BVV 2-Änderung zurückzuführen, denn bei verschiedenen Pensionskassen waren Diskussionen zur Einführung oder weiteren Aufstockung der Anlageklasse bereits vorher im Gange. Die Wirkung der Gesetzesänderung auf das Anlageverhalten der Vorsorgeeinrichtungen ist aus heutiger Praxissicht als marginal einzustufen.
Investitionen in Infrastrukturanlagen erfolgen sowohl weltweit als auch in der Schweiz
Bei 85% der befragten Pensionskassen befinden sich ausländischen Infrastrukturanlagen im Portfolio. 75% der Teilnehmenden gaben an, dass Schweizer Infrastrukturanlagen im Portfolio enthalten seien. Man kann also festhalten, dass viele Pensionskassen sowohl im Ausland als auch im Inland in Infrastrukturanlagen investieren. Jedoch ist der effektive prozentuale Anteil bei ausländischen Infrastrukturanlagen um einiges höher als bei inländischen.