IPE D.A.CH: John, lassen Sie uns Top-down beginnen. Wie beurteilen Sie den aktuellen Zustand der Credit-Märkte?
Yovanovic: Wir haben seit 2022 einen durchaus schmerzhaften aber für die Märkte am Ende gesunden Reset gesehen. Insgesamt bieten die Credit-Märkte, startend bei den Staatsanleihen, jetzt wieder eine Verzinsung von mindestens 2-3%, die auch für die Volatilität am Markt entschädigt. Aus einer makroökonomischen Perspektive sprach die inverse Zinskurve für eine deutliche wirtschaftliche Abschwächung, dies ist allerdings weder in den USA noch in Europa so eingetreten.
IPE D.A.CH: Jetzt helfen auch noch die Zentralbanken mit ersten Zinssenkungen…
Yovanovic: In der Tat, das alles hilft den globalen Wirtschaftsaussichten. Auch dass Europa den Energiepreisschock so gut verdaut hat, ist beeindruckend und wird der Wirtschaft über die kommenden Monate helfen. Insgesamt sehen wir das recht konstruktive Szenario eines „Soft Landings“ am Horizont, was für die Fixed Income Märkte nicht von Nachteil wäre.
IPE D.A.CH: Soweit die gute Nachricht, gibt es auch eine schlechte?
Yovanovic: Wo Licht ist, ist meistens auch Schatten. Die Märkte preisen dieses Szenario in den allermeisten Fällen bereits ein, sprich Sie werden als Anleger kaum für etwaige Tail Risks bezahlt. Es steckt bereits ein sehr positiver Ausblick in den Credit Spreads drin.
IPE D.A.CH: Wie kann ich als Anleger dann am besten vorgehen, den Fokus auf einzelne Sektoren legen?
Yovanovic: Aus einer US-Perspektive müssen wir hier über den Öl- und Gassektor sprechen, der sich als eine Art Sweetspot herausgestellt und sehr gut entwickelt hat. Aktuell ist es allerdings schwer einen weiteren Sweetspot festzumachen, wir haben beispielsweise in unserem Portfolio auf Sektorebene in der jüngeren Vergangenheit wenig verändert. Es gab einige Nachzügler, wie den Kommunikationssektor, aber insgesamt geht es dann eher um Einzelwerte und nicht um ganze Sektoren.
IPE D.A.CH: Dann lassen Sie uns auf die Risiko-Seite schauen. Wie ist Ihre Einschätzung zu den Default-Rates. Gehen wir nach den Spreads, so dürften diese absehbar niedrig bleiben…
Yovanovic: Sie haben völlig recht, das Default-Bild sieht aktuell sehr freundlich aus und wir erwarten im aktuellen Zyklus auch weiterhin niedrige Default-Rates die maximal in die 3%-Richtung steigen dürften. Dazu muss ich ergänzen, dass wir derzeit in einer Art von Zyklus sind, wo es eher überraschende Defaults sind, die den Wert nach oben treiben und nicht eine wirtschaftliche Schwäche an sich. Daher glauben wir, dass trotz einer Default-Rate von 3-4% die Spreads weiterhin in der Region von 375 bps in Europa und 300 bps in den USA liegen können.
IPE D.A.CH: Was bedeutet das Szenario am Ende für HY-Anleger, mit welcher Kompensation können sie absehbar rechnen?
Yovanovic: Zunächst einmal muss man konstatieren, dass die Rendite im HY-Markt in den nächsten Jahren vor allem aus dem Carry kommen wird. Wir sehen im US-Markt Renditen (Total Return) von rund 7% und im europäischen Markt leicht darunter. Insgesamt dürften wir im Bereich der Leveraged Loans im hohen einstelligen Prozentbereich landen.
IPE D.A.CH: Gibt es potenzielle „Schwarze Schwäne“ im Markt, die Sie nachts wachhalten können?
Yovanovic: Ich sehe die vielzitierten „Schwarzen Schwäne“ eher auf der Unternehmensseite und weniger im Makro-Umfeld. Schaut man sich die derzeit angesprochenen – eher „engen“ – Spreads nach Rating-Klassen genauer an, so zeigt sich, dass beispielsweise viele „Single A“ Titel über sehr enge Spreads verfügen und schlechtere Rating-Klassen wie „Triple C“ dagegen über vergleichsweise hohe Spreads. Hier wird ganz klar der Erosion bei den Financial Covenants Rechnung getragen, die wir hier in den vergangenen Jahren gesehen haben. Die Märkte preisen das mittlerweile klar ein und Anleger setzen eher auf solidere Unternehmen als auf höhere Spreads. Entsprechend schwieriger werden in diesem Bereich auch die Refinanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen.
IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.