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„Das Thema ESG/SRI ist bei institutionellen Anlegern definitiv aus der Nische herausgewachsen“

IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Olaf John, Head of Business Development Europe, Insight Investment, über die zunehmende Implementierung von ESG-Kriterien in Investmentprozesse im Bondbereich. Insight Investment verwaltet Assets in Höhe von rund 620 Mrd. Euro. Das Unternehmen berücksichtigt ESG-Kriterien seit über zehn Jahren und erhielt 2017 ein A+ UNPRI-Rating für Strategie, Governance und die Integration von Responsible Investment-Themen in seinen Unternehmensanleihe-Portfolios sowie eine Auszeichnung für seinen Jahresbericht Verantwortliches Investieren.

Olaf John

IPE Institutional Investment: Herr John, Insight Investment zählt europaweit bei der Integration von ESG-Kriterien bei Bondstrategien mittlerweile zu den führenden Anbietern. Wie kommt dieser Approach bei institutionellen Anlegern in Deutschland an?
John: Vielfach wird in der Presse berichtet, dass deutsche Institutionen beim Thema ESG/SRI großen Nachholbedarf hätten. Das sehe ich nicht so pauschal. Es kommt sehr stark auf das Investorensegment an.

IPE Institutional Investment: Wer liegt hier vorne?
John: Insbesondere kirchliche bzw. kirchennahe Einrichtungen brauchen sich vor dem Vergleich in Europa nicht verstecken. Auf bei größeren Stiftungen sehen wir seit längerem die Bemühung, mehr in diesem Bereich zu tun.

IPE Institutional Investment: Sticht bei anderen Investoren noch immer das Argument der „schlechteren Performance”?
John: Ich glaube diese etwas antiquierte Betrachtung ist viel zu allgemein. Wir werden durchaus noch von Investoren kritisch über mögliche Nachteile befragt, allerdings geht es hier mehr um eine potentiell höhere Volatilität, da sich das Investmentuniversum verkleinert. Langfristig sticht hier allerdings ganz klar das Risikoargument. Ein Unternehmen, welches die Umwelt stark belastet, ethisch bedenklich handelt und fragwürdige Governance-Strukturen hat, kann langfristig nicht erfolgreich sein, auch wenn es kurzfristig anders aussehen sollte.

IPE Institutional Investment: Das Thema Risikovermeidung zieht also immer mehr?
John: ESG/SRI ist mittlerweile ein klares Risikomanagement-Thema. Die potenziell kurzfristig höhere Vola wird vom langfristig deutlich niedrigeren Risiko überkompensiert. Investoren haben erkannt, dass mittels einer sinnvoll aufgebauten und angewandten ESG/SRI-Strategie das Gesamtrisiko im Portfolio - gerade für Extremrisiken - deutlich niedriger ausfällt. Auch das hat zuletzt in der Auseinandersetzung von institutionellen Anlegern mit dem Thema ESG/SRI geholfen.

IPE Institutional Investment: Kommt damit gerade auch im Bond-Bereich der „große Durchbruch“ für ESG-Investing in Deutschland?
John: Ja, denn ESG ist nicht nur das Ausüben von Stimmrechten. Außerdem kann man auch ohne Stimmrechte den Dialog mit den Emittenten führen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass über die Bedeutung des Risikomanagements im Bondsektor, ein weiterer Schub im institutionellen Markt bevorsteht.

IPE Institutional Investment: Woran scheitert es noch?
John: Allein schon die Begriffsdefinition und die unterschiedlichen Teilbereiche, die unter den Oberbegriff zum Beispiel ESG oder SRI fallen, schaffen noch eine große Unsicherheit am Markt, wie man an das Thema herangehen sollte. Es macht die Auseinandersetzung mit dem Thema schwierig. Als Ausrede sich nicht mit dem Thema zu beschäftigen, reicht das aber nicht mehr aus.

IPE Institutional Investment: Kann der Regulator hier helfen?
John: Man sollte nicht nach DER einen Definitionen und DEN speziellen Ausschlusskriterien suchen, aber sich stattdessen mit dem Thema intensiver zu beschäftigen. Transparenz und Veröffentlichungspflichten helfen hier. Die Franzosen sehen sich hier als Vorreiter mit ihrem Disclosure-Artikel 173 bzgl. CO2-Reporting. Es gibt eine Reihe von weiteren Initiativen, bestehender und geplanter Regulierung, z.B. im Rahmen der EBAV-II-Richtlinie, des Stewardship Code, durch die High Level Expert Group (HLEG), der Task Force on Climate-related Financial Disclosue (TCFD) und durch die UN PRI.

IPE Institutional Investment: Wie stehen Sie als Haus zum Konzept der “Green Bonds”?
John: So einfach wie uns der Begriff suggerieren will, ist es bei Green Bonds leider nicht. Man muss sehr genau hinsehen, es sind viele Unternehmen unter den Emittenten, die entweder ESG-Standards gemäß unseren Kriterien nicht erfüllen oder aber bei der Kreditqualität nicht überzeugen. Und wenn die Anleihe eines fragwürdigen Unternehmen ein grünes Projekt finanziert, ist das nicht alleine ausreichend, nur weil es vielleicht als „Green Bond“ gelabelt ist.

IPE Institutional Investment: Was bietet Insight Investment derzeit für deutsche institutionelle Anleger mit ESG-Hintergrund?
John: Abgesehen davon, das ESG in unserem Investmentprozess für Anleihen integriert ist, sind es vor allen kundenspezifische Spezialfondslösungen mit ESG-Kriterien, die wir maßgeschneidert für Investoren aufgelegen. Um dem Thema noch stärker gerecht zu werden und auch kleineren institutionellen Anlegern den Einstieg zu erleichtern, haben wir jüngst auch einen dediziert nachhaltig anlegenden Publikumsfonds für europäische Unternehmensanleihen aufgelegt. Der Insight Sustainable Euro Corporate Bond Fund verfolgt dabei eine aktiv gemanagte Strategie, die darauf abzielt, Chancen in dem Segment konsequent zu nutzen. Mittlerweile haben wir hier ein Volumen von knapp 400 Mio. Euro erreicht.

IPE Institutional Investment: Können Sie die ESG-Komponente noch etwas genauer beschreiben?
John: Neben den gängigen Ausschlusskriterien sieht der Fonds ein differenziertes Management der ESG-Faktoren vor, indem er Unternehmen mit überlegenen ESG-Profilen oder auch solche auswählt, die zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der UNO beitragen. Darüber hinaus zielt der Fonds darauf ab, eine im Vergleich zu Indizes deutlich geringere CO2-Intensität zu erreichen. Das Management wird sich mit Verantwortlichen in Unternehmen, deren ESG-Profilen sich verschlechtern, gezielt auseinandersetzen, um hier aktiv eine Änderung zum Positiven zu erreichen.

IPE Institutional Investment: Wie viel bringt dieses „Engagement“ im Bondbereich?
John: Der Engagement-Prozess ist als Bondhalter sicher deutlich schwieriger als im Aktienbereich, aber durchaus sinnvoll. Allerdings bleibt die Titelselektion wichtiger.

IPE Institutional Investment: Wir sprachen vorhin über die eingeschränktere Diversifikation. Wie hat sich dies nun in der Praxis konkret bemerkbar gemacht?
John: Der Fonds ist ein gutes Beispiel. Durch Anwendung der ESG-Kriterien verkleinert sich das Investmentuniversum um knapp 13%. Wir sprechen also nicht von einer wesentlichen Einschränkung. Langfristig soll diese ja auch einen Mehrwert liefern, z.B. durch Vermeidung von Defaults.

IPE Institutional Investment: Wie würden Sie die Entwicklung im ESG/SRI-Bereich abschließend zusammenfassen?
John: Das Thema ESG/SRI ist bei institutionellen Anlegern definitiv aus der Nische herausgewachsen! Wir erwarten gerade im Fixed-Income-Bereich eine deutliche Nachfrage im Markt hin zu Konzepten, die ESG-Kriterien beinhalten. Hier sehen wir erst die Spitze des Eisbergs. In Kraft tretende Regulierung und gegenwärtige Initiativen werden das Thema in nächster Zeit deutlich beschleunigen.

IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einblicke!