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Gastbeitrag: Alternative Einkommensquellen für volatile Märkte

In den vergangenen 12 Monaten haben viele Anleihe-Benchmarks Verluste im zweistelligen Bereich verzeichnet. Zugleich dürfte der Inflationsdruck weiter hoch – und damit ein Problem für Anleiheinvestoren – bleiben. Vor diesem Hintergrund müssen Investoren insbesondere ihre Strategien im Bereich „Income Investing“ überdenken.

Vincent Berard

Attraktive und zugleich stetige Einkommensströme zu generieren, ist für viele Investoren wichtig, weil sie damit nicht nur die Performance ihres Gesamtportfolios stabilisieren, sondern möglicherweise auch laufende Verpflichtungen – oder im Falle von Stiftungen auch Förderprojekte – finanzieren können.

Es gibt verschiedene Ansätze, die Portfoliomanager üblicherweise verwenden, um regelmäßige Erträge für ihre Kunden zu erzielen. Dabei kann es sich zum Beispiel um Aktienfonds handeln, die auf dividendenstarke Aktien setzen. Doch vor allem im Anleihenbereich spielen die Einkommensströme aus den Zinszahlungen eine zentrale Rolle.

Der gleichzeitige Einbruch von Aktien und Anleihen in den ersten Quartalen dieses Jahres hat jedoch deutlich gemacht, dass die Anleger ihre Asset Allokation überprüfen müssen und dabei über die beiden klassischen Anlageformen hinausdenken sollten – auch und gerade bei der Optimierung von Einkommensströmen.

Ersatz für Anleihen
Ein wesentliches Bestreben vieler Investoren von Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften bis hin zu Vermögensverwaltern liegt jetzt darin, regelmäßige und wachsende Erträge zu generieren – und dabei nur eine begrenzte Korrelation zu den hochvolatilen Aktienmärkten in Kauf zu nehmen.

Wir beobachten, dass die Anleger dabei zunehmend auf der Suche nach Investments sind, mit denen sie Anleihen – und die dort als zu unsicher oder zu schwach wahrgenommenen Einkommensströme – ein Stück weit durch bessere Alternativen zu ersetzen. Dabei werden die Anleger von zwei Motiven angetrieben:

Erstens bieten Anleihen jetzt zwar leicht verbesserte Renditen, aber wenn Investoren jetzt eine höhere Allokation in Anleihen fahren oder auch die Duration erhöhen, setzen sie ihre Portfolios noch stärker einem weiteren Zinsanstieg aus. Um dies zu vermeiden und trotzdem die Kapitalströme zu optimieren, schauen sie nach alternativen Einkommensquellen.

Zweitens haben die Anleger das nachvollziehbare Bedürfnis, ein stabiles Risikoniveau in ihrem Portfolio zu etablieren (vergleichbar mit dem Niveau vom Anfang des Jahres), wollen aber natürlich nicht ihr gesamtes Risikobudget in Aktien investieren. Auch für dieses Anliegen braucht es Lösungen abseits klassischer Long-only-Aktieninvestments.

Innovative Lösungen für die Optimierung des „Income“
Die besten dieser Lösungen bieten ein Engagement in Anlageklassen, die nachgewiesenermaßen diversifizierend wirken (zum Beispiel Rohstoffe oder Volatilität), und/oder die Anwendung von Strategien (zum Beispiel Long/Short, Relative Value und Multi-Manager-Strategien), die Diversifikation gegenüber dem Gesamtportfolio versprechen.

Ein interessantes Beispiel ist die Nutzung der Aktienmarktvolatilität. Richtig eingesetzt können Volatilitätsderivate dazu beitragen, stetige Einkommensströme für das Portfolio zu generieren. Mit der gezielten Bewirtschaftung der Aktienmarktvolatilität können Investoren also einen Einflussfaktor, der für das Aktienportfolio tendenziell negativ ist – die teils massiven Schwankungen – zu ihrem Vorteil ausspielen.

So ist es zum Beispiel mit einer Anlagestrategie, die in Aktienmarktvolatilität investiert, systematisch regelmäßige und höhere Erträge zu erwirtschaften, und zwar mit einem ebenso ausgewogenen Risiko-Rendite-Profil wie ein „Plain Vanilla“-Aktienfonds. Bei uns geschieht das zum Beispiel in einer auf den US-Markt zielen „Quant Dispersion“-Strategie, die darauf abzielt, eine langfristig niedrige bis negative Korrelation zu US-Aktien zu bieten, indem sie vom Anstieg der Volatilität einzelner Aktien im Vergleich zu einem Referenzindex profitiert.

Wie funktioniert eine solche Strategie im Einzelnen? Sie macht es sich, vereinfacht gesagt, zunutze, dass die Volatilität des Indexes und die Volatilität der einzelnen Aktien systematisch auseinanderklafft. So ist die Indexvolatilität oft überbewertet, weil die entsprechenden Index-Volatilitätsderivate für Macro-Hedgefonds oder auch für manche klassischen Aktienanleger die natürliche Möglichkeit bieten, sich gegen erhöhte Schwankungen abzusichern. Gleichzeitig ist die Volatilität von Einzelaktien oft unterbewertet, weil strukturierte Produkte wie Aktienanleihen natürliche Verkäufer der entsprechenden Derivate sind.

Die Strategie handelt also mit der Volatilität von Aktienindizes (Leerverkauf eines Volatilitäts-Swaps auf den S&P 500) gegenüber ihren Bestandteilen (Besitz von Optionen auf die 100 größten Aktien im S&P 500), um eine strukturelle Anomalie auszunutzen.

Das angestrebte Ergebnis ist die Erzielung von Erträgen und Kapitalwachstum sowohl in steigenden als auch in fallenden Märkten. Investoren müssen sich dann also weniger um taktisches Markt-Timing kümmern.

Die letzten 12 Monate haben uns gezeigt, dass die Performance einzelner Aktien stark divergieren kann, insbesondere während der Gewinnsaison und bei Sektor-Rotationen, während der breite Index relativ stabil bleiben kann. Strategien, die auf solche Streuungen setzen – sogenannte Dispersionsstrategien – können im gegenwärtigen unruhigen Börsenklima ein besonders guter Renditetreiber sein und zugleich stark diversifizierend wirken.

Es gibt viele andere innovative Strategien, die in der Lage sind, im aktuellen Zinsumfeld und bei hoher Inflation wiederkehrende, reale Erträge zu erzielen. Einige solcher Ansätze sind nachweislich in der Lage, große Drawdowns in den breiten Märkten und im Gesamtportfolio abzufedern und zugleich sogar erhöhte Einkommensströme zu erzielen, wenn die Aktienmärkte volatiler sind.

Es gibt eine große Vielfalt an Strategien, die auf innovativem Wege regelmäßige Einkommensströme generieren können. Für alle braucht es spezialisierte Expertise. Man denke etwa an die oben genannte Strategie oder noch diffizilere Spezialitäten wie diejenigen Strategien, die sich auf die Extraktion des Carried Interest aus Rohstoff-Futures fokussieren. Entscheidend ist, dass auch die besten und aufwendigsten Strategien kosteneffizient konzipiert sein müssen, um Anlegern einen vernünftigen Mehrwert zu liefern. Auch die Erfolgsbilanz der Manager, Erfahrung und Wissen sollten von Anlegern genauestens unter die Lupe genommen werden.

Eines jedenfalls ist klar: Es gibt sie, die Lösungen, die in verschiedensten Marktkonstellationen und makroökonomischen Bedingungen ordentliche Renditen und solide Einkommensströme abliefern. Es kann jedoch sein, dass Investoren dafür zunächst weniger vertrautes Terrain betreten müssen.

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*) Vincent Berard, Leiter Produktstrategie, BNP Paribas THEAM Quant Funds