Zahlreiche Entwickler stehen derzeit unter Druck: Wie auch aus den Medien zu entnehmen ist, hat eine Konsolidierung auf den Märkten eingesetzt. Betroffen sind vor allem Unternehmen, die Grundstücke oder Objekte mit Entwicklungspotenzial auf dem Preispeak der jüngeren Vergangenheit erworben, jedoch nur kurzfristig durchfinanziert haben. Wenn nun zum teilweise vierfachen Kapitaldienst nachfinanziert werden muss und Banken die als Sicherheit zugrundeliegenden Immobilien zugleich niedriger bewerten, wird es für Unternehmen mit geringeren Kapitalrücklagen schwierig. Dabei gilt, dass die nationalen Banken in der aktuellen Krise insgesamt deutlich weniger aufgeregt sind als in der Krise um 2009 – und unterstützend agieren, solange der Kapitaldienst nicht in allzu große Schieflage gerät.
Für Entwickler, die ihre Projekte weiterführen können, ergeben sich aufgrund der nachlassenden Wettbewerbssituation wichtige Alleinstellungsmerkmale – ebenso wie für Investoren, die jetzt Transaktionen durchführen, anstatt die Bodenbildung abzuwarten. Schließlich können sie sich gezielt vor dem Markt positionieren. Für die Zukunft gilt: Die stabilsten Büromärkte, die sowohl vermietungs- als auch transaktionsseitig am stärksten nachgefragt sein werden, dürften die gut erschlossenen Innenstadtlagen der beliebtesten Metropolen sein – gemeint sind Berlin, München, Hamburg und Frankfurt am Main.
Solche Standorte sind aus Sicht der Büroflächennachfrage bemerkenswert stabil. Dies gilt jedoch nur, wenn die Immobilien auch zertifiziert nachhaltig sind und idealerweise dem Gold- oder Platin-Standard der gängigen Zertifizierungssysteme entsprechen.
Vielfalt statt Monostruktur
Konkret heißt das: Büroobjekte sollten, um in die Kategorie der Top-Objekte zu fallen, nachhaltig und nutzungsgemischt sein und ergänzende Angebote und Mehrwerte für die Nutzer bieten. Das kann beispielsweise ein Kindergarten, ein Fitnessstudio oder ein attraktiver Einzelhändler im Erdgeschoss sein. Projektentwickler dürfen hier künftig noch mehr Mut zeigen, solche Bereiche gebäudeintern „querzusubventionieren“ – die Miete für einen Kindergarten ist naturgemäß niedriger als für eine Büroetage. Auch bei Einzelhändlern, die man dauerhaft halten und eine Fluktuation immer neuer Einzelhandelsversuche verhindern möchte, sollten die Miethöhe in Zeiten des E-Commerce-Wettbewerbs keinesfalls am oberen Ende der Skala verortet werden.
Einzelgebäude sollten ähnlich wie Gebäudeensembles als lebendige, vielfältige Quartiere gedacht, die zudem flexibel an künftige Bedarfe angepasst werden können. Vor allem die Untergeschoss- und Erdgeschossflächen sowie das erste Obergeschoss sollten durch ihre Raumhöhen und durch entsprechende Stützenkonstruktionen flexibel für eine Zweit- und Drittverwendung sein. Wichtig ist außerdem eine zukunftsorientierte Gebäudetechnik, die bei Umnutzungen keinen nachträglichen Umbau oder Kapitalausgaben verursacht. Ein Beispiel dafür ist der Einbau von ausreichend Zu- und Abluft-Schächten, die sich durch das komplette Gebäude ziehen und somit eine flexible Flächengestaltung ermöglichen.
Vergrößerung und Verkleinerung
Ebenfalls wichtig für zukunftsfähige Büroimmobilien ist eine ausreichende Anzahl für Treppenhauskernen und Zugängen. Dies erlaubt eine modulare, flexible Vermietung. Hinzu kommen für viele Unternehmen die Effizienzsteigerungen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz – der Personal- und damit einhergehende Raumbedarf könnte weiter sinken. Damit Büroimmobilien zukunftssicher sind, sollte entsprechend auf eine möglichst geringe Mindestmietfläche gesetzt werden. Wir haben in Deutschland durch den Brandschutz ohnehin die Vorgabe, dass einzelne Abschnitte auf eine Größe von 400 Quadratmeter begrenzt sind. Dies stellt eine sinnvolle Mindestgröße für die Büroeinheit der Zukunft dar.
Die Bedeutung von Flexibilität für die Mieter und die Möglichkeit, sich beispielsweise projektbasiert zu vergrößern, kann gar nicht genug betont werden. Erneut ist hier Nutzungsmischung ein unterstützendes Element: Ein Hotel in einem Quartier bietet die Chance, dass die hoteleigenen Meetingkapazitäten durch die Büromieter im selben Quartier mitgenutzt werden. Auf der Bürofläche selbst können (große) Meetingflächen dadurch reduziert werden. Ein weiteres Beispiel sind CoWorking-Räume im Quartier. Auch dort können Meetingräume teils sogar stundenweise gebucht werden. Wächst ein Mieter, kann er punktuell Arbeitsplätze im CoWorking-Space anmieten, ohne sich gleich langfristig auf zusätzliche Büroflächen festlegen zu müssen. Gleichzeitig vermeidet er, Überkapazitäten zu bilden, indem er zu viel Fläche langfristig anmietet. Die zukunftsfähige, wertstabile Büronutzung in Top-Lagen attraktiver Metropolen bietet insofern klar erkennbare und nachweisbare Synergien für den Nutzer, die aus einer durchdacht-gemischten Quartiersstruktur resultieren.
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*) Norman Schaaf, Chief Development Officer (CDO), CELLS Group