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Gastbeitrag: Das Fondsmarktstärkungsgesetz – Flexibilisierung und Debt Fund reloaded

Am 5. August 2024 veröffentlichte das Bundesministerium für Finanzen den Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung des deutschen Fondsmarktes und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/927 („Fondsmarktstärkungsgesetz“ – „FMSG“). Der Entwurf zielt im Wesentlichen darauf ab, die Richtlinie (EU) 2024/927 vom 13. März 2024, welche wesentliche Änderungen der OGAW-Richtlinie (2009/65/EG) und der AIFM-Richtlinie (2011/61/EU) mit sich bringt, umzusetzen und darüber hinaus den deutschen Fondsmarkt wettbewerbsfähiger zu gestalten.

Dr. Ulrich Keunecke

Rainer Krall

1. Publikums-Fonds (AIF) künftig auch als Sondervermögen
Bislang dürfen geschlossene Publikums-Investmentvermögen lediglich als Investmentkommanditgesellschaft oder als Investmentaktiengesellschaft aufgelegt werden, wobei letztere sich aus steuerlichen Gründen nicht hat durchsetzen können. Diese Rechtformen ziehen erheblichen Aufwand nach sich, der letztlich zu Lasten der Rendite des Anlegers geht. Dagegen steht das günstiger handhabbare Sondervermögen bei geschlossenen Fonds nur (semi-)professionellen Anlegern in der Form des geschlossenen Spezial-AIF zur Verfügung.

Nachdem die BaFin mit ihrer Verwaltungspraxis zum ELTIF 2.0 das Sondervermögen auch geschlossenen Publikums-ELTIF zugänglich gemacht hat, beabsichtigt der Gesetzgeber nun, dies auch im Kapitalanlagegesetzbuch („KAGB“) nachzuziehen und nicht nur für ELTIFs zu ermöglichen. Damit werden zukünftig für die Errichtung von geschlossenen Investmentvermögen alle drei möglichen Rechtsformen – Investmentkommanditgesellschaft, Investmentaktiengesellschaft und Sondervermögen – zur Verfügung stehen. Der Gesetzgeber kommt damit einem Wunsch nach, den die Praxis seit Inkrafttreten des KAGB hegt. Die Errichtung und der administrative Aufwand bei geschlossenen Publikums-AIF lässt sich damit künftig deutlich reduzieren.

2. Debt Funds reloaded – Kreditvergabe durch Fonds
Eine weitere wichtige Neuerung des Gesetzesentwurfs betrifft die Gewährung von Gelddarlehen an Dritte durch alternative Investmentfonds („AIF“). Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren („OGAW“) bleibt dagegen die Gewährung von Gelddarlehen weiterhin verwehrt.

Bislang unterlagen AIF strengen Einschränkungen hinsichtlich der Gewährung von Gelddarlehen an Dritte; eine solche Darlehensgewährung war praktisch nur über geschlossene Spezial-AIF möglich. Der neue FMSG-E sieht nun flexiblere Regelungen vor, die es AIF ermöglichen, unter bestimmten Voraussetzungen derartige Gelddarlehen zu vergeben. So stehen nach dem aktuellen Entwurf nun auch offenen Spezial-AIF sowie in begrenztem Umfang bestimmten Publikums-AIF – namentlich den Sonstigen Publikums-AIF und den geschlossenen Publikums-AIF – die Gewährung von Gelddarlehen an Dritte offen.

Im Zusammenhang mit der Liberalisierung der Gewährung von Gelddarlehen durch Investmentvermögen sah sich der europäische Gesetzgeber veranlasst, die KVGen im Hinblick auf das Risiko- und Liquiditätsmanagement ähnlichen Anforderungen wie Kreditinstitute zu unterwerfen, sofern sie für Rechnung der von ihnen verwalteten Investmentvermögen Gelddarlehen gewähren. Diese Anforderung ergibt sich an sich auch ohne weiteren gesetzlichen Hinweis bereits aus der schon bestehenden Anforderung an diese Gesellschaften, ein Risikomanagement vorzuhalten und entspricht bereits der laufenden Praxis. Mit dieser Regulierung soll nun insoweit eine Gleichbehandlung der darlehensgewährenden Akteure sichergestellt und der Entstehung von Schattenbanken vorgebeugt werden. Die ergänzend in die Regulierung aufgenommenen Bestimmungen zielen insbesondere auf folgende Aspekte:

Risikomanagementanforderungen: Die Kreditvergabe durch AIF unterliegt strengen Risikomanagementanforderungen, um sicherzustellen, dass keine übermäßigen Risiken eingegangen werden. Dies beinhaltet die Verpflichtung zur Festlegung wirksamer Strategien, Verfahren und Prozesse für die Vergabe von Krediten und für die Bewertung der Kreditrisiken sowie deren regelmäßigen Überprüfung sowie die regelmäßige Verwaltung und Überwachung der Kreditportfolios.

Liquiditätsmanagement: Da es sich bei unverbrieften Darlehensforderungen regelmäßig um illiquide Vermögensgegenstände handelt, sind diese in der Regel nur bedingt mit einem jederzeitigen oder kurzfristigen Rückgabeverlangen kompatibel. Folglich ist die Auflage von Kreditfonds – also von Investmentvermögen, die gemäß ihrer Anlagestrategie hauptsächlich Kredite vergeben oder deren NAV sich zu mindestens 50% aus den vergebenen Krediten zusammensetzt – in der Regel nur in Form von geschlossenen Fonds zulässig. Die Auflage als offenes Investmentvermögen ist nur dann möglich, wenn das Liquiditätsmanagementsystem mit der Rücknahmepolitik des AIF vereinbar ist und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zur Liquiditätsgenerierung getroffen sind.

Beschränkung der Fremdfinanzierung: Der Leverage eines Kreditfonds ist bei einem offenen AIF auf 175% und bei einem geschlossenen AIF auf 300% begrenzt.

Einbehalt: Im Falle der Gewährung von Gelddarlehen durch einen AIF hat die verwaltende Kapitalverwaltungsgesellschaft 5% eines jeden von einem AIF vergebenen Darlehens einzubehalten.

erhöhte Anforderungen an die Transparenz: Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen regelmäßig über ihre Kreditvergabestrategien und das damit verbundene Risikoprofil berichten, um eine angemessene aufsichtsrechtliche Kontrolle zu gewährleisten.

Mit den neuen Regelungen zur Auflage und Verwaltung von Kreditfonds werden die Anforderungen der AIFMD II weitgehend 1:1 umgesetzt und die möglichen Fondsstrukturen sowie Zielinvestorengruppen erweitert. Die Anforderungen an das Risikomanagement sind gerade für deutsche Marktteilnehmer praktizierter Aufsichtsalltag und bedürfen bei bereits implementierten Systemen eher geringeren Adjustierungen.

3. Ausdetaillierte Anforderungen an das Liquiditätsmanagement
Die AIFMD II und dementsprechend das diesen umsetzende FMDG-E zielen darauf ab, das Liquiditätsrisikomanagement für Alternative Investmentfonds zu verbessern. So hat eine Kapitalverwaltungsgesellschaft für jedes von ihr verwaltete Investmentvermögen mindestens zwei geeignete Liquiditätsmanagementinstrumente auszuwählen und gegebenenfalls in die Anlagebedingungen oder Satzung des Investmentvermögens aufzunehmen. Bei der Auswahl der Liquiditätsmanagementinstrumente hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft dabei auf diejenigen Instrumente zurückzugreifen, die in den Nummern 2 bis 8 des Anhangs IIA der OGAW-Richtlinie bzw. in den Nummern 2 bis 8 des Anhangs V der AIFM-Richtlinie aufgeführt sind. Auch hierbei handelt es sich in weiten Teilen um eine Ausdetaillierung der gesetzlichen Vorschriften zum Liquiditätsmanagement in einem in der Praxis weithin längst üblichen Rahmen. Der Impact für die Fonds und deren Asset Manager ist daher überschaubar.

4. Sachauskehr bei der Rückgabe von Anteilen
In den derzeitigen Vorschriften über das Sondervermögen finden sich keine Regelungen dazu, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Sachauskehr vorgenommen werden kann. Auf der Grundlage der europäischen AIFMD-II Vorgaben wird nun klargestellt, dass eine Sachauskehr nur zulässig ist, um Rückgabeverlangen professioneller Anleger zu erfüllen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Sachauskehr dann nicht möglich ist, wenn Privatanleger oder diesen EU-rechtlich zuzuordnende (im deutschen Recht den professionellen Anlegern gleichgestellte) semi-professionelle Anleger ihre Anteile zurückgeben; diese sind durch Barleistungen abzufinden. Für die Fondsstrukturierung – insbesondere aus wirtschaftlicher Perspektive – bedeutet dies ebenfalls eine Flexibilisierung.

5. Gesteigerte Anforderungen an Geschäftsführer
In Referentenentwurf ist vorgesehen, dass über die Geschäftspolitik einer Investmentkommanditgesellschaft und auch der Investmentaktiengesellschaft mindestens zwei natürliche Personen bestimmen müssen, die entweder auf Vollzeitbasis beschäftigt oder leitende Mitglieder oder Mitglieder des Leitungsorgans sind, die sich auf Vollzeitbasis der Führung der Geschäfte widmen. Zudem müssen diese Personen in der Europäischen Union ansässig sein. Diese Regelungen seien erforderlich, um europäischen Vorgaben umzusetzen.

Tatsächlich hat der europäische Gesetzgeber solche Vorgaben aufgestellt, allerdings bezogen auf Kapitalverwaltungsgesellschaften und intern verwaltete OGAW-Investmentgesellschaften. Folglich geht die derzeitige Entwurfsfassung über die europäischen Vorgaben hinaus, soweit sie sich auf Investmentfonds in Gesellschaftsform beziehen. Mit einer solchen Regelung könnten praktisch keine deutschen Investmentvermögen in Gesellschaftsform mehr aufgelegt werden. Dies wurde inzwischen auf Rückmeldung der Fondspraxis vom Entwurfsverfasser erkannt. Dieses redaktionelle Versehen sollte daher im Laufe des Gesetzgebungsprozesses wohl angepasst werden.

6. Bürgerbeteiligungsfonds
Zudem sieht der Referentenentwurf die Einführung eines „Bürgerbeteiligungsfonds“ vor, ohne dass es hierfür eine europäische Vorgabe gibt. Bei einem Bürgerbeteiligungsfonds handelt es sich um einen geschlossenen Publikums-AIF, der in Erneuerbare-Energie-Anlagen investiert und dessen Anleger in der Gemeinde ansässig sind, in der sich die jeweiligen Anlagen befinden. Damit sollen Investitionen in Erneuerbare-Energie-Anlagen erhöht, ein reguliertes Investitionsvehikel für solche Projekte zur Verfügung gestellt und die Akzeptanz derartiger Anlagen in der Bevölkerung gestärkt werden.

Bislang konnten solche spezifischen Erneuerbare-Energie-Anlagen oftmals nicht über geschlossene Publikums-AIF finanziert werden, da bei diesen der Grundsatz der Risikomischung gilt, welcher nur unter eng beschränkten Voraussetzungen aufgeweicht werden kann. Für Bürgerbeteiligungsfonds entfällt nun der Grundsatz der Risikomischung. Damit ist der Weg geebnet, dass solche Bürgerbeteiligungsfonds nun auch bei durchaus üblichen Ein-Objekt-Investitionen eingesetzt werden kann.

7. Erweiterte Anforderungen an die Berichterstattung
Die Berichterstattung von Kapitalverwaltungsgesellschaften wird im Rahmen des FMDG-E erweitert. Ziel ist es, die Markttransparenz zu erhöhen und regulatorische Lücken zu schließen, die nach Auffassung des Gesetzgebers in der Vergangenheit zu unzureichender Überwachung geführt haben. Unter anderem sind Kapitalverwaltungsgesellschaften verpflichtet, ihre Liquiditätspositionen regelmäßig den Aufsichtsbehörden zu melden und detaillierte Informationen über ihre Liquiditätsreserven und deren Steuerungsmechanismen abzugeben. Klar ist schon jetzt, dass dies zu erhöhtem Aufwand im Berichtswesen der Asset Manager führt. Im Zweifel könnte es zudem zu einer Reduzierung der gelebten Fondsliquiditätsmodelle führen, wenn und soweit die Aufsicht hier abweichende Ansichten vertritt.

8. Änderungen im Bereich der Auslagerungen
Der Gesetzesentwurf bringt zudem Neuerungen im Bereich der Auslagerungen mit sich. Diese Vereinbarungen betreffen das Outsourcing von Dienstleistungen, die bislang strengen regulatorischen Anforderungen unterlagen. Der Entwurf erleichtert zunächst die Auslagerungen von Aufgaben an Drittanbieter. Umgekehrt erweitert der aktuelle Entwurf die Anforderungen an die auslagerungsspezifischen Berichtspflichten, um so für eine angemessene Information und eine wirksame Beaufsichtigung zu sorgen.

9. Fazit
Insgesamt bringt das Fondsmarkstärkungsgesetz signifikante Änderungen mit sich. Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen ihre operativen Strukturen modernisieren – dies gilt insbesondere dann, wenn eine Kapitalverwaltungsgesellschaft daran interessiert ist, über ihre verwalteten AIF auch Gelddarlehen zu vergeben. Umgekehrt ermöglicht es Kapitalverwaltungsgesellschaften die Erweiterung ihrer Produktpalette um AIF, welche Gelddarlehen vergeben.

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*) Dr. Ulrich Keunecke ist Rechtsanwalt und Partner bei KPMG Law und leitet den Sector Legal Financial Services Asset Management. Rainer Krall ist Rechtsanwalt und Senior Manager bei KPMG Law im Bereich Legal Financial Services Assets Management.