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Gastbeitrag: Small is beautiful – Die Anziehungskraft des unteren Mittelstandsmarktes

Es lässt sich kaum bestreiten, dass die gegenwärtigen Bedingungen im Private Equity-Markt anspruchsvoll sind. Hohe Bewertungen erschweren die Suche nach lohnenden Investitionen, ein Überfluss an „Dry Powder“ verschärft den Wettbewerb um Deals und steigende Zinssätze treiben die Fremdfinanzierungskosten in die Höhe. Die aktuelle wirtschaftliche und politische Unsicherheit kompliziert die Lage zusätzlich und macht es schwer den Markt zu navigieren.

Dörte Höppner

Zum Glück existieren Nischen im Markt, die unserer Ansicht nach echte Chancen auf Wertschöpfung und Wachstum bieten. Dies gilt für ganz Europa, besonders aber für Deutschland: Hier ist es der untere Mittelstandsmarkt (Lower Mid-Market), der hervorsticht.

Der Charme der kleineren Deals liegt in ihrer Vielschichtigkeit. Branchen wie Software/Technologie, Gesundheitswesen, Konsumgüter und spezialisierte Fertigungsbereiche wimmeln nur so von Kleinunternehmen mit beträchtlichem Wachstumspotenzial, denen allerdings oft die nötigen Mittel fehlen, um ihre Pläne in vollem Umfang zu verwirklichen. Diese Vielzahl an Möglichkeiten ermöglicht es Private Equity-Gesellschaften, wählerisch zu sein.

In Deutschland ist dies besonders auffällig. Die Stärke der deutschen Wirtschaft beruht auf dem berühmten Mittelstand. Diese kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) stellen über 99% aller deutschen Firmen dar, erzeugen mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung und stellen fast 60% der Arbeitsplätze. Deshalb fördert die deutsche Regierung den Mittelstand nachhaltig und schafft Rahmenbedingungen, um dessen Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und Beschäftigungsfähigkeit zu stärken.

Private Equity-Firmen, die in Deutschland investieren möchten, können zudem von einer weiteren Besonderheit profitieren: der vergleichsweise geringen Verbreitung von Buy-outs im Land. Laut Invest Europe lag der Anteil der Private Equity-Investitionen am BIP in Europa über die letzten fünf Jahre hinweg bei über 0,6% und im Vereinigten Königreich sogar bei 1,8%. In Deutschland betrug dieser Wert nur 0,33%, was ein deutliches Wachstumspotenzial offenbart.

Obwohl die Marktstimmung vielerorts gedämpft ist, sehen Private Equity-Gesellschaften das Potenzial auf dem deutschen Markt weiterhin positiv. Der Optimismus fußt auf der Überzeugung, dass es bei Private Equity um das Erkennen und Nutzen von Mikrochancen geht und nicht um die Wirtschaftsleistung des gesamten Landes. Viele deutsche Mittelständler sind exportstark. Die globale Kundenbasis macht diese Firmen weniger anfällig für nationale Wirtschaftsschwankungen. Es verwundert daher nicht, dass laut einer PwC-Umfrage über die Hälfte der Befragten plant, im laufenden Jahr mehr in Deutschland zu investieren als noch 2023, im Gegensatz zu nur 10%, die von geringeren Investitionen ausgehen. 65% der Befragten sind der Auffassung, dass sich Deutschland über die nächsten fünf Jahre als attraktiver Private Equity Investitionsstandort behaupten wird.

Weitere Wettbewerbsvorteile ergeben sich aus der Neigung der Limited Partners (LPs), während wirtschaftlicher Abschwünge ihren Fokus auf kleinere Buy-out-Fonds zu legen – ein Trend, den der globale Investor Stepstone identifiziert hat. Aktuell ist es daher wahrscheinlich, dass noch weniger Kapital diesem Segment hinterherjagt, was die Performanceaussichten für General Partners (GPs), die aktiv investieren, weiter verbessert.

Und es gibt noch andere Gründe, sich den KMUs zu widmen – innerhalb Deutschlands und darüber hinaus. Einer der überzeugendsten Gründe für institutionelle Investoren, sich auf Firmen zu konzentrieren, die kleinere Private-Equity-Deals anbieten, ist das beschleunigte Wachstumspotenzial, das diese Investitionen freisetzen können. Kleinere Unternehmen haben in der Regel weniger Ressourcen und weniger effiziente Prozesse als größere, was bedeutet, dass es mehr Raum gibt, Wert zu schaffen, indem man qualifizierte Managementteams einsetzt, die Technologie aufwertet und in Bereiche wie Produkte und Dienstleistungen oder Vertrieb und Marketing investiert. Schlankere Strukturen ermöglichen es KMUs auch, agiler zu sein, Innovationen voranzutreiben und effizienter auf Marktentwicklungen zu reagieren.

In Verbindung mit Private Equity können kleinere Unternehmen bedeutende Wachstumsschritte erreichen. Es sollte natürlich nicht unerwähnt bleiben, dass Private Equity-Gesellschaften mehr als nur Kapital mitbringen: Sie bieten strategische Führung, Managementexpertise und Zugang zu erfahrenen Fachleuten und Netzwerken, die kleine Unternehmen in völlig neue Wachstumsphasen katapultieren können. Darüber hinaus können diese Netzwerke Türen zu neuen Geschäftsmöglichkeiten und Märkten öffnen. Dies gilt besonders, wenn Unternehmen international expandieren möchten und dabei das globale Netzwerk einer Private-Equity Gesellschaft nutzen können, um regulatorische Landschaften zu navigieren, Lieferketten aufzubauen und lokale Partnerschaften zu knüpfen. Das lässt sich auch empirisch belegen. Laut Stepstone waren von den 387 realisierten nordamerikanischen Buyout-Deals, die ein 10-faches Ergebnis erzielten, mehr als drei Viertel kleinere Buyouts.

Der Trend zur Marktkonsolidierung ist ein weiterer wichtiger Treiber für die Attraktivität kleinerer Private-Equity Investitionen. Viele deutsche Branchen sind durch eine starke Zersplitterung gekennzeichnet, mit zahlreichen kleinen, unabhängig agierenden Spielern. Private Equity kann als Katalysator für die Konsolidierung agieren, indem kleinere Einheiten erworben und zusammengeführt werden, um wettbewerbsfähigere und effizientere Organisationen zu schaffen. Diese Konsolidierung kann zu Skaleneffekten, einer verbesserten Marktpositionierung und einer erhöhten Verhandlungsmacht führen.

Während sich die Landschaft des Private Equity weiterentwickelt, werden kleinere Deals voraussichtlich eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Obwohl Erfolge im unteren Mittelmarkt nicht garantiert sind, schafft der Überfluss an Investitionsmöglichkeiten in Kombination mit ihrem beschleunigten Wachstumspotenzial eine überzeugende Investitionsgrundlage für dieses Segment.

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*) Dörte Höppner, Chief Sustainability Officer, The Riverside Company, Managing Director, Fundraising & Investor Relations, Riverside Europe