Foundation | Welcome

Menu


Infrastruktur: Am liebsten über Secondaries und „leicht verständlich“

Im Gespräch mit IPE D.A.CH erläutert Martina Schliemann, Leiterin des Frankfurt-Büros von HarbourVest, wie sich der Private Equity- und Private Debt-Markt in Deutschland ändert.

Martina Schliemann

Mit der Niedrigzinsphase und einhergehenden ALM-Studien haben höher rentierende Investitionen wie Infrastrukturanlagen auch Einzug in konservativere Portfolios wie jene von Versicherungen und Versorgungswerken gefunden.

Das US Private Markets-Haus HarbourVest sieht hier in Deutschland noch immer Wachstumspotential und hat im Juli 2021 Martina Schliemann von HamiltonLane geholt, um ein neues Büro in Frankfurt aufzubauen.

„Das Geschäft wächst extrem”, sagt Schliemann. „Große Pensionskassen haben sich schon länger in das Thema eingearbeitet und gemerkt, dass Private Equity nicht so viel anders funktioniert als eine Aktienbeteiligung – nur nicht börsennotiert.” Diese Anleger haben auch schon „viel Knowhow aufgebaut”.

Aktuell haben jene Versicherungen, die auf den Trend aufgesprungen sind, ein Problem mit dem sogenannten „Denominator-Effekt” auf ihre Anleihen: „Durch den Zinsanstieg, der sich auf die Fixed-Income-Seite auswirkt, steigt die relative Allokation in Private Equity und andere Private Market-Assetklassen automatisch und erreicht dort etwaige Höchstquoten. Somit kann nicht zusätzlich in diese Assetklassen allokiert werden.”

Aber Schliemann hält fest, dass die Überzeugung dem Investment gegenüber weiter besteht: „Wir sehen noch keine Rückgaben und eine Umfrage des BAI hat gezeigt, dass die Investoren maximal die Quoten halten oder sogar aufbauen wollen, aber niemand will Allokationen reduzieren.”

Aus den USA, aber nicht wie die USA
Schliemann bestätigt auch, dass deutsche institutionelle Investoren vor allem breit diversifiziert in Infrastruktur-Themen gehen. Insbesondere die USA seien hier ein wichtiger Markt. Im asiatischen Raum fokussiert sich das Interesse auf etablierte Märkte wie Australien, Neuseeland, Südkorea oder Japan.

Wenn es um die Art der Investments geht, dann sieht Schliemann aber deutliche Unterschiede zu anderen Investoren: „Im angelsächsischen-Raum steht die Wirtschaftlichkeit einer Anlage an erster Stelle. Deutsche Investoren wollen oft Assets, die man leicht verstehen und ansehen kann bzw. die einfach in die interne Risikoüberwachung integriert werden können.” Hier spiele auch das Anlageuniversum der Energiewende eine große Rolle.

Hierzulande sei vor allem auch der Sekundärmarkt sehr gefragt, wenn es um Private-Market-Anlagen geht: „Die Rendite ist teils etwas geringer, aber wer stabile Renditen will, kommt um Secondaries kaum herum.” Geschätzt würden von den Investoren vor allem die relativ kurze Zeitspanne, in der Rückzahlungen stattfinden können, also der Umstand, dass es keine J-Curve und Blind Pools gibt.

Primary Buyouts würden „vor allem bei den Pensionskassen sehr stark nachgefragt,” so Schliemann. „Was alle Investoren über die letzten Jahre gesehen haben, ist, dass Private Equity nie so gefallen ist, wie Aktien – aber man muss einen längeren Atem haben aufgrund der Private Equity-Struktur”.

Engpässe im Investitionspotential sieht Schliemann bei einem global diversifizierten Produkt noch lange nicht. Aber nach dem großen Hype im Niedrigzinsumfeld „trennt sich jetzt bei den Managern die Spreu vom Weizen.”

Eine Herausforderung ist auch das Thema ESG, für das HarbourVest einen eigenen ESG-Council eingerichtet und auch eine Kollegin eingestellt hat, die von der PRI-Organisation kam und dort für Private Equity in der Implementierung von Standards verantwortlich war.

Problematisch sieht Schliemann, dass „man sich über das Reporting noch nicht einig ist” und der Ruf nach einheitlicheren Standards – etwa für die Ausweisung des CO2-Anteils – weiter bestehen bleibt. Wichtig sei dabei auch Planungssicherheit, damit sich „Investmenthäuser und Investoren besser darauf einstellen können, ohne dass Vorgaben wieder grundlegend angepasst werden.”