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Kommentar: Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Asset Management

Künstliche Intelligenz (KI) und moderne Datenanalyse-Technologien im Asset Management werden in der Branche derzeit vielfach diskutiert. Eine spannende Frage lautet: Lässt sich Künstliche Intelligenz auf die Finanzmärkte so anwenden, dass sie Anlageentscheidungen im Portfoliomanagement erfolgreich unterstützt?

Michael Günther (oben) und Pablo Hess

Anleger, die sich für das Thema Künstliche Intelligenz (KI) und deren Anwendung auf die Finanzmärkte interessieren, sind gut beraten, die bestehenden Anlageangebote am Markt differenziert zu betrachten. Insbesondere dahingehend, in welchen Bereichen des Asset Managements jene vermeintliche Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt. So kann die Digitalisierung und Automatisierung einiger regelbasierter Prozesse zwar von erheblichem Vorteil sein. Sie bezieht sich aber, ebenso wie die oftmals mit Robo-Advisern verbundenen Ziele der Technisierung (etwa Rationalisierungen und Effizienzsteigerung), nicht auf die eigentliche Investmentstrategie des Asset Managers. Im Portfoliomanagement steht vielmehr die Frage im Vordergrund, inwieweit ein in Rendite oder Diversifikation ausgedrückter Mehrwert durch KI-gestützte Investmentstrategien in hochkomplexen Finanzmärkten für den Anleger erwirtschaftet werden kann.

Was Künstliche Intelligenz (KI) zu leisten imstande ist
Möglich sind Portfolio-Software-Systeme auf Basis Künstlicher Intelligenz im Fondsmanagement heute durch die große Menge verfügbarer Daten sowie die enorme Leistungsfähigkeit (Rechenleistung und Speicherkapazität) der IT-Hardware. Kostete ein Gigabyte Arbeitsspeicher in den frühen 90er Jahren durchaus noch fünfstellige Beträge, so ist dieser heute mit weniger als 10 Cent in fast unbegrenzter Menge erschwinglich.

Beim Thema „Datenauswertung“ sollten Anleger einen genauen Blick darauf werfen, ob sich der Fonds lediglich mit Vokabeln wie „maschinelles Lernen“ schmückt, oder ob tatsächlich mit dem Einsatz neuer Technologien überlegene und/oder andersartige Renditen erzielt werden. Die Menge an weltweitem Datenmaterial wächst täglich um circa 2,5 Trillionen Bytes. Dies entspricht einem Stapel von DVDs mit der vierfachen Höhe des Eiffelturms. Allerdings sind häufig jene „Big Data“-Informationen, also etwa aus Social Media oder News Feeds zusammengetragen, nicht ohne weiteres nutzbar für die Einbindung in eine Investmentstrategie. Wichtig ist daher nicht zuletzt die Unterscheidung zwischen „vielen und unstrukturierten Daten“ versus „hochwertigen und relevanten Daten“, die den Fondsmanager bei der Generierung von Kauf- und Verkaufssignalen für fundierte Anlageentscheidungen unterstützen.

Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen
Bei einer KI-basierten Strategie helfen computergestützte Algorithmen dem Portfolio Manager dabei, Zusammenhänge aus vielen Einflussfaktoren zu erkennen, um bessere Prognosen zu treffen. Die Entscheidung für die Nutzung von KI im Asset Management garantiert aber noch keine Überrenditen. Denn die Anwendung von KI auf Finanzdaten birgt durchaus Fallstricke. So neigen viele leistungsfähige Algorithmen beispielsweise zur Überoptimierung (sogenanntes Curve Fitting). Eine robuste und zukunftsfähige Strategie zu erstellen, erfordert daher viel Erfahrung und Fachwissen. Einher mit der eingangs skizzierten Frage geht daher die Thematik der Bezugsgröße, anhand welcher der Mehrwert des Einsatzes moderner Technologien gemessen wird. Die Beurteilung der Wirkung von KI-Strategien auf übergeordnete Performanceziele geht bei Marktanalysten noch weit auseinander. Einige Auswertungen legen eine Outperformance KI-basierter Fonds gegenüber traditionell gemanagten Fonds nahe, andere Studien deuten auf schwächere Ergebnisse hin. Die Problematik dabei ist, dass die bislang noch geringe Anzahl von KI-Fondsstrategien, die individuelle Charakteristiken aufweisen, mit breiten Marktindizes als Benchmark verglichen wird. Anleger sollten daher bei der Bewertung KI-gestützten Fondsmanagements immer auf die Vergleichbarkeit achten: Wie haben vergleichbare Strategien abgeschnitten, die herkömmliche Methoden eingesetzt haben, um an dasselbe Ziel zu gelangen?

Mehrwert von KI gegenüber herkömmlichen Quant-Strategien
Anleger, die auf der Suche nach Strategien sind, die mittels KI einen Mehrwert versprechen, sollten die Produkte genau vergleichen: Was ist die Motivation beziehungsweise der Treiber für den Einsatz von KI? Handelt es sich gegebenenfalls nur um „alten Wein in neuen Schläuchen“? Oder erweitert der Manager die Strategie um neue Elemente, wie etwa leistungsfähige KI-Algorithmen in Kombination mit großen Datenmengen? Verfügt der Manager über plausible Erfahrungen in systematischen Strategien und will diese auf eine höhere Evolutionsstufe heben? Oder betritt er Neuland und vollzieht mit dem Einsatz von KI eine deutliche Stilverschiebung (Style Drift)?

Bisher verfügen nur wenige Fonds über eine ausreichende Historie, um belastbar auswerten zu können, ob sich der Einsatz von KI bewährt hat. Die Ergebnisse unserer eigenen Forschungsarbeiten und praktischen Anwendung im Managed Futures-Bereich mit ca. 20.000 Börsentransaktionen während der vergangenen vier Jahre belegen, dass die Unterstützung einer Portfoliostrategie durch moderne KI-Technologien nachweislich Mehrwerte über ein attraktives Rendite/Risiko-Verhältnis (sprich: höhere Sharpe Ratio) generieren kann. Neben den reinen Rendite-Aspekten wurde überdies eine klare Andersartigkeit der Renditen und damit ein hoher Diversifikationsnutzen erreicht. Wir sind daher davon überzeugt, dass eine genuine KI-Strategie, frei von emotionalen Einflüssen, Handelsgelegenheiten zu identifizieren vermag, die der Mensch allein (oder eine herkömmliche quantitative Portfoliostrategie) nicht erkennt. Anleger sollten sich vor einem Investment darüber bewusst sein, welche Eigenschaften – etwa Reduzierung der Korrelation mit anderen Assetklassen, Performance in steigenden, fallenden und Seitwärtsphasen oder Andersartigkeit der Renditen – die Strategie aus dem KI-Ansatz beziehen soll.


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*) Michael Günther und Pablo Hess sind Entwickler und Portfoliomanager bei Tungsten TRYCON. Die in Frankfurt am Main ansässige Tungsten Capital Management GmbH ist eine BaFin-regulierte, unabhängige Asset Management Gesellschaft mit einem verwalteten Vermögen von ca. 550 Mio. Euro. Hess und Günther forschen seit dem Jahr 2000 am Themenfeld „Künstliche Intelligenz“ sowie an deren Anwendung auf die Finanzmärkte. In der Einbindung künstlicher Intelligenz für Investmententscheidungen gehören beide zu den Pionieren in Deutschland.