Anleiheinvestoren sind verwöhnt, denn über 30 Jahre lang gingen die Renditen beständig zurück. Nun hat dieser Langfristtrend gedreht, der Rentenmarkt wird schwieriger. Gleichzeitig bietet die Anlageklasse weiter Chancen – wenn man ein paar Dinge beachtet.
1.) Renditen steigen – Duration short
Der Bullenmarkt bei Renten geht zu Ende, 2017 wird das Jahr der endgültigen Trendwende. Erste Schritte hin zu einer Normalisierung der Geldpolitik sowie das in allen wichtigen Wirtschaftsräumen gleichzeitig anziehende Wachstum sind die Basis dafür. Deshalb steht uns nicht gleich ein scharfer Zinsanstieg ins Haus. Wir erwarten zum Jahresende ein Renditeniveau von 2,8% bei zehnjährigen US-Treasuries, bei Bundesanleihen sollte der Wert auf 0,8% klettern. Renteninvestoren sollten daher ihre Zinssensitivität eher zurückfahren, in der Tendenz also „short duration“ positioniert sein.
2.) Inflationssorgen übertrieben – Inflationsschutz uninteressant
Die Inflation im Euroraum ist auf 2,0% gestiegen. Nun ist die Aufregung groß. Oft wird Anlegern der Kauf von Inflationsschutz über an die Teuerung gekoppelte Anleihen, sogenannte „inflation-linked bonds“ empfohlen. Allerdings ist die Messe hier längst gelesen, zumindest in Europa. In den nächsten Monaten wird die Inflation eher abnehmen, da der aktuelle Anstieg vor allem in statistischen Basiseffekten begründet liegt. Wir rechnen mit einer Inflation in der Eurozone von 1,3% für 2017. Auf diesem Niveau sind „Linker“ aktuell nicht interessant.
3.) EZB tapert eher früher als später – Vorsicht in der Peripherie
Derzeit kauft die Europäischen Zentralbank (EZB) Monat für Monat Anleihen über 60 Mrd. Euro auf. Darunter sind in erheblichem Maße Staatsanleihen aus den Ländern der Euro-Peripherie, die davon stark profitieren. Bei dem aktuellen Ankauftempo reißt die EZB aber spätestens Mitte 2018 die Schwellen, die der Europäische Gerichtshof ihr gesetzt hat. Dann wären die Käufe Staatsfinanzierung. Daher wird sie eher früher als später ihre Ankäufe drosseln. Politisch problembeladene Peripherieanleihen wären die großen Verlierer.
4.) Dollarstärke hält nicht ewig – Zurückhaltung in der 2. Jahreshälfte
Die hohe Zinsdifferenz zwischen den USA und dem Euroraum spricht aktuell für den US-Dollar. Auch die hohen politischen Unwägbarkeiten auf dem „alten Kontinent“ – Stichwort Wahlen – lasten auf der Gemeinschaftswährung. Allerdings sollten beide Effekte im Jahresverlauf an Kraft verlieren. Nach einer anhaltenden Schwächephase im ersten Halbjahr könnte es dann in der zweiten Jahreshälfte zu einem Comeback des Euro kommen.
5.) Alternativen gesucht – Nachrang- und Schwellenländeranleihen attraktiv
Hohe Renditeaufschläge bieten in diesem Umfeld eines moderat anziehenden Zinsniveaus den besten Schutz vor Ertragslosigkeit und Substanzverlust. Carry ist also King. Allerdings sind in den klassischen Spread-Segmenten die Risikoprämien verschwindend gering. Alternativen gibt es etwa im Nachrangbereich. Bei soliden Emittenten bietet das untere Ende der Kapitalstruktur eine gute Mischung aus Sicherheit und Ertrag. Auch in den Emerging Markets kann man bei der Suche nach Rendite fündig werden. Gute Fundamentaldaten und die stabilen Rohstoffpreise stützen den Sektor. So lange der US-Dollar nicht durch die Decke geht und in China kein Wachstumsunfall geschieht, dürfte den Emerging Markets ein erfolgreiches 2017 bevorstehen.
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*) Stephan Hirschbrich ist Leiter Rates bei Union Investment.