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„Passives Anlegen im Credit-Segment ist wohl am Ende eines goldenen Zyklus angekommen“

Über die vergangenen drei Jahrzehnte kannten Zinsen per Saldo nur eine Richtung: nach unten. Noch stärker als für den deutschen Markt gilt dies für die Schweiz. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach dazu in Zürich mit Markus Thöny, Portfolio Manager Swiss Income Team bei Lombard Odier Investment Managers, über den aktuellen Stand und Anlageoptionen für Investoren.

Markus Thöny

IPE Institutional Investment: Herr Thöny, könnten Sie zunächst den Schweizer Markt für Obligationen umschreiben?
Thöny: Der Schweizer Obligationenmarkt ist ein Nischenmarkt, der eine im internationalen Vergleich geringe Liquidität aufweist. Er ist nach wie vor von Schweizer Investoren dominiert; vornehmlich Institutionellen wie Versicherern und Pensionskassen, die einen langfristigen Buy-and-Maintain-Ansatz verfolgen und sich dabei oft passiv an einem Vergleichsindex ausrichten. Die Eigenheiten des Schweizer Marktes – seine Größe, die eingeschränkte Liquidität und die hohen Transaktionskosten – sind Segen und Fluch zugleich. Sie können die Replizierung von Benchmarks für passive Investoren erheblich erschweren, führen jedoch auch zu vielen Opportunitäten für aktive Anleger.

IPE Institutional Investment:
Wo liegen die Opportunitäten in einem Umfeld niedriger Returns und einer möglichen Normalisierung beim Zinsniveau?
Thöny: In den wenig ausgetretenen Pfaden abseits des klassischen Benchmark-Denkens. Der Crossover-Bereich ist ein erstklassiges Beispiel hierfür und aktuell auch eine der größten Chancen für aktive Investoren.

IPE Institutional Investment: Erläutern Sie bitte…
Thöny: Weil viele institutionelle Investoren am Franken Kapitalmarkt immer noch eine Investment Grade Restriktion haben, kommt es zu einer strukturellen Verzerrung zwischen BBB und BB Anleihen. Das BB Segment offeriert im Schnitt deutlich höhere Kreditrisikoprämien, ohne dabei ein viel größeres Ausfallrisiko als BBB Anleihen aufzuweisen. Dies führt dazu, dass die risiko-adjustierten Renditen des BB Segments besonders vorteilhaft ausfallen.

IPE Institutional Investment:
Das heißt, deutlich mehr Rendite bei einem überschaubaren Risiko im Bereich der „Fallen Angels“?
Thöny: Das ist korrekt, gerade die „Fallen Angels“, also Anleihen, die unter „BBB-„ herabgestuft werden und damit aus dem Investment-Grade-Segment fallen sind auch für uns sehr interessant. Viele institutionelle Investoren werden bei einer solchen Herabstufung gemäß Anlagerichtlinien zum Verkaufen gezwungen, was in der Regel zu einem deutlichen Preisabschlag führt, welcher sich nicht ausschließlich mit fundamentalen Aspekten erklären lässt. Sie sind deshalb gezwungen, ihre Titel genau dann zu einem niedrigen Preis zu verkaufen, wenn diese gemessen an ihrer Bewertung im Vergleich zu Anleihen mit ähnlichen Fundamentaldaten attraktiv geworden sind.

IPE Institutional Investment: Wie es bei Heraufstufungen aus?
Thöny: Weil die genannten Investoren in der Regel gleichzeitig BB eingestufte Anleihen aus Bonitätsgründen nicht halten können‚ verbauen sich Anleger zudem die Chance‚ „Rising Stars“ zu erwerben. Also Anleihen, die das Potenzial aufweisen, auf Investment-Grade hochgestuft zu werden. Somit verpassen sie die Kurssteigerungen dieser Papiere, wenn sie in den SBI aufsteigen und entsprechend von passiven Investoren gekauft werden.

IPE Institutional Investment: Das heißt insgesamt aber auch, dass passive Anleger vor massiven Problemen stehen, nicht nur im Fall deutlich steigender Zinsen…
Thöny: Sollte sich die Zinswende materialisieren und sich der Anstieg der Renditen verstetigen, werden passive Anlagetechniken – selbst bei einer mit diesem Szenario einhergehenden Kontraktion der Renditeaufschläge – den Anleger nicht vor Kapitalverlusten schützen. Ein Vergleich mit den Entwicklungen bzw. dem Renditeanstieg im Jahr 2013 verdeutlicht dies. Ich denke, dass passives Anlegen im Credit-Segment wohl am Ende eines goldenen Zyklus angekommen ist.

IPE Institutional Investment: Was bleibt für die Zukunft?
Thöny: Zukünftig werden die Anleger am Franken Bondmarkt nicht darum herumkommen, den Einzeltitel-spezifischen Kreditrisiken mehr Gewicht zu schenken. Wir sind überzeugt davon, dass die Negativ-Selektion in Zukunft viel mehr Bedeutung gewinnen wird, was nur mit einer sauberen Kreditanalyse funktioniert.

IPE Institutional Investment: Heißt das grundsätzlich für die Schweizer Anleger auch mehr Fremdwährungsexposure?
Thöny: Grundsätzlich ja, zumal sich der Anteil der Auslandschuldner in der Schweiz über die Jahre deutlich verringert hat und die Diversifikation über den Schweizer Franken-Markt immer schwieriger wird. Auf der anderen Seite stehen die Hedgingkosten, die mittlerweile über 300 Basispunkte pro Jahr zum US-Dollar liegen und das Ganze sehr teuer machen.

IPE Institutional Investment: Sie sprachen die Bedeutung der Diversifikation an, ich möchte noch auf die Selektion zu sprechen kommen…
Thöny: Da greife ich gerne den Faden von vorhin nochmals auf. Selektion wird das „A“ und „O“ der Anlage in Obligationen. Es wird für Investoren bzw. deren Manager ganz entscheidend, zwischen guten und schlechten Credits zu entscheiden.

IPE Institutional Investment: Abschließend gefragt – wie nehmen Sie die Selektion von Einzeltiteln vor?
Thöny: Unser kompletter Anlageprozess würde den Rahmen hier sicher sprengen, aber letzten zielen wir darauf ab, Ineffizienzen im Markt aufzuspüren um einen Überrendite, also Alpha, für unsere Investoren zu erwirtschaften. Dazu verwenden wir einen strukturierten wie auch disziplinierten Ansatz. Wichtig ist uns auch, nicht auf einem Starmanager zu bauen. Wir verfügen hierfür über ein Team von fünf Fondsmanagern, der im Fonds sein eigenes Buch hat und entsprechen seine Fähigkeiten einbringen kann. Somit können wir auch ein Schlüsselpersonenrisiko ausschließen.

IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einblicke.