Der oft zitierte Vorzug der geringen Volatilität der Anlageklasse hat sich im vergangenen Jahr bewährt. Die Preisgestaltung war relativ stabil, mit Bewegungen von nicht mehr als 20 oder 30 Basispunkten – und damit deutlich weniger als bei Unternehmensanleihen. Infrastructure Debt hat sich zudem als krisenresistent erwiesen. Entsprechend ist auch der Appetit von Investoren auf diese Anlageklasse gestiegen, und zwar nicht nur bei Versicherungsunternehmen, sondern auch bei Pensionsfonds und großen Unternehmen. Last, but not least ist Infrastructure Debt auch bei ESG gut aufgestellt – dies insbesondere wegen der Sektoren, in die wir investieren.
Die unterschiedlichen Finanzierungsstrukturen
In den letzten zehn Monaten haben wir erlebt, wie sich Crash-Test-Szenarios im echten Leben anfühlen. Daraus lässt sich die Lehre ziehen, dass unsere umsichtige Finanzierungsstruktur und der routinemäßige Einsatz von Cash-Puffern absolut gerechtfertigt sind.
Schaut man etwa in den Bereich erneuerbare Energien, so erreichen sie zunehmend Netzparität, das heißt, Strom aus erneuerbaren Energien kostet genauso viel wie Strom aus konventionellen Energiequellen, weswegen Subventionen in den meisten Fällen nicht mehr gerechtfertigt sind. Hier muss das Preisrisiko also durch umsichtige Finanzierungsstrukturen, die Einbeziehung von Covenants und den Einsatz von Sicherheitspuffern gemindert werden.
Bereits vor der Pandemie gab es einen Trend von der reinen Projektfinanzierung zu Transaktionen, die eher der Finanzierung von Unternehmen ähneln und bei denen Leveraged-Loan-Elemente zum Einsatz kamen. Daraus ergab sich die Einbindung von nachrangigem Fremdkapital (Junior Debt), das ein fester Bestandteil des Infrastrukturmarkts ist.
Junior Debt kommt vermehrt bei Finanzierungen von Brownfield-Akquisitionen zum Tragen, wenn Kreditnehmer etwa in der Fremdkapitalaufnahme eingeschränkt sind und daher auf eine nachrangige Schicht auf Ebene einer Holdinggesellschaft (HoldCo) zurückgreifen möchten. Junior Infrastructure Debt ist auch für Anleger attraktiv, die eine höhere absolute Rendite anstreben und dabei von den stabilen und vorhersehbaren Cashflows profitieren möchten, die Infrastrukturprojekte üblicherweise bieten. In diesem Bereich gab es im vergangenen Jahr keine größeren Veränderungen bei der Strukturierung oder Bepreisung. Alle haben auf dem Höhepunkt des ersten Lockdowns zwar darauf gewartet, aber die Bewegungen blieben minimal. Als Kreditgeber für Infrastrukturprojekte würden wir insgesamt in Zeiten wie diesen bei aggressiven Finanzierungsstrukturen zur Vorsicht raten.
Die Auswirkungen der Krise
Schaut man sich die unterschiedlichen Sektoren an, so waren sicherlich Flughäfen am stärksten von der Corona-Krise betroffen. Der Flugverkehr ging teilweise um 90% oder sogar 95% zurück. Angesichts der langsamen Erholung in diesem Sektor ist es jedoch wichtig zu unterscheiden: Einerseits gibt es Unternehmen, die gut mit Liquidität ausgestattet sind und die die Krise ohne ernsthafte Herabstufung oder Ausfälle überstehen können, und andererseits solche – häufig regionale – Flughafenbetreiber, deren Finanzierung aggressiver strukturiert ist und die nun mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
Mautstraßen waren ebenfalls von den Maßnahmen im ersten Lockdown betroffen mit Rückgängen von rund 60%. Allerdings wurden die Verluste dadurch abgemildert, dass der LKW-Verkehr weiterlief. Zudem und noch wichtiger war, dass die Mautstraßen sich schnell erholten, als der Lockdown endete und die Menschen vermehrt auf Privatfahrzeuge umstiegen und öffentliche Verkehrsmittel wegen der Ansteckungsgefahr mieden.
Erneuerbare Energien erwiesen sich demgegenüber als widerstandsfähig, insbesondere solche mit geregelten Tarifen. Zu Beginn der Krise legten wir zunächst alle Transaktionen in diesem Bereich auf Eis, da Risikoprofil und Preisentwicklung unsicher waren. Es wurde jedoch schnell deutlich, dass einige Sektoren widerstandsfähiger waren als andere. Daraufhin suchten wir vor allem in den Bereichen digitale Infrastruktur und erneuerbare Energien nach Optionen. Inzwischen fassen wir Anlagen im Transportsektor wieder ins Auge, wobei wir auch darauf zurückgreifen, was wir aus der Pandemie gelernt haben.
Die Markttreiber: Nachhaltigkeit und Digitalisierung
Die Energiewende und die Digitalisierung sind aktuell die beiden offensichtlichsten Markttreiber. Die Pandemie hat diese Trends, die bereits vor Covid existierten, beschleunigt. Es liegt auf der Hand, dass die Erzeugung erneuerbarer Energien, aber auch andere Bereiche der Energiewende eine zentrale Rolle beim Aufbau einer nachhaltigeren Wirtschaft spielen. In den letzten Monaten haben wir alle miterlebt, wie wichtig es ist, einen schnellen Internetzugang zu haben, um von zu Hause aus arbeiten zu können. Anfangs ging es in diesem Bereich hauptsächlich um die Bereitstellung von Breitbandnetzen in ländlichen Regionen. Dieser Trend bei Investitionen wird sich voraussichtlich fortsetzen. Hinzu werden Fusionen und Übernahmen kommen, wenn sich der Sektor konsolidiert. Aktuell steigen die Finanzierungen im Bereich Mobilfunk und bei Rechenzentren. Wir sind in allen drei Bereichen aktiv und waren unter den ersten Kreditgebern für Rechenzentren in Europa.
Unser Ansatz bei Nachhaltigkeit integriert ESG-Kriterien sowohl auf strategischer als auch auf Projektebene. Die Umsetzung der strategischen Vorgaben überwacht bei BNP Paribas ein spezielles Sustainability Centre. Unser internes ESG-Team verwendet eine maßgeschneiderte Taxonomie für ESG-Bewertungen auf Basis der europäischen Taxonomie. Zudem wurde ein unabhängiger Experte beauftragt, der mit einem speziellen Umwelt-Tool die Auswirkungen des Klimawandels verfolgt, und zwar auf Basis von vier Themen: Vermeidung von Emissionen, Reduzierung von Emissionen, Netto-Umweltbeitrag und Übereinstimmung mit dem Zwei-Grad-Ziel. Die Einschätzungen beider Säulen sind vollständig in unseren Anlageprozess integriert. Außerdem vermitteln wir sie als Teil des ESG-Reportings an unsere Anleger. Denn zweifellos fordern unsere Anleger immer mehr Transparenz in puncto ESG.
Außerdem ist es wichtig zu beachten, dass es bei Nachhaltigkeit und bei der Energiewende nicht nur um erneuerbare Energien geht. Wir konzentrieren uns auch auf den Ausstieg aus konventionellen Energien und sind an Bereichen interessiert, die digitalen Wandel mit grüner Energie oder auch mit dem Transportwesen kombinieren. So dürfte etwa bei umweltfreundlicher Mobilität, etwa in Form von Ladestationen für Elektrofahrzeuge, sowie in der Infrastruktur sogenannter Smart Citys einschließlich intelligenter Netze (Smart Grid), die Zahl der Transaktionen zunehmen. Auf lange Sicht könnten auch Transaktionen rund um Wasserstoff Fahrt aufnehmen. Die Subventionierung des Sektors ist erheblich und das Thema eines der heißesten der Branche.
Schließlich liebäugeln Kapitalgeber auch mit Deals im Gesundheitswesen – dies als direkte Folge der Corona-Krise.
Wir verfolgen all diese Trends sehr genau und machen uns mit den wichtigsten Marktteilnehmern bekannt – damit wir handeln können, wenn die Zeit reif ist.
Fazit
Die Anlageklasse Infrastructure Debt wird voraussichtlich in Zukunft weiterwachsen. Insofern werden sich wohl neue Trends und Möglichkeiten bieten, die es uns erlauben, unsere Transaktionen immer vielfältiger zu gestalten. Diese Diversifizierung umfasst auch die Finanzierungsformen, die wir den Kreditnehmern anbieten können. Das heißt, dass wir nicht nur Senior Debt bereitstellen können, sondern eine ganze Bandbreite von Möglichkeiten, von vorrangigem Fremdkapital bis hin zu Eigenkapital.
Zudem wird es immer wichtiger, Portfolios aufzubauen, die den ESG-Beschränkungen und -Richtlinien entsprechen. Infrastructure Debt kann hier eine entscheidende Rolle spielen und damit dazu beitragen, den Klimawandel aufzuhalten.
---
*) Andreas Mittler ist Senior Sales Specialist für Private Debt und Real Assets bei BNP Paribas Asset Management. In diesem Bereich verwaltet BNP Paribas Asset Management ca. 9 Mrd Euro in Infrastructure und Real Estate Debt, Direct Lending und Leveraged Loans, sowie strukturierten Produkten.