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Zins- und Kurvenrisikomanagement mit ETFs

Mit Anleihen-ETFs, die den Fokus auf bestimmte Laufzeitsegmente legen, können Anleger ihr Zins- und Zinskurvenrisiko gezielt steuern, ohne selbst Anleihen selektieren und handeln zu müssen. Nach Ansicht von Simon Werkheiser, ETF-Spezialist für institutionelle Kunden bei Invesco Deutschland, spricht aktuell besonders viel für eine sorgfältige Steuerung des Zins- und Zinskurvenrisikos.

Simon Werkheiser

Nachdem das vergangene Jahr im Zeichen der kurzlaufenden Staatsanleihen gestanden habe, würden sich viele Anleihenanleger angesichts des immer noch andauernden Straffungszyklus der weltweiten Zentralbanken zu Recht weiterhin im ultra-kurzfristigen Bereich bewegen.

Im Zuge der zunehmenden Erwartung eines bevorstehenden Kurswechsels der US-Notenbank (Fed) und der größeren Klarheit über die wirtschaftlichen Rahmendaten hätten die Anleger dabei zuletzt verstärkt auf risikoreichere Anleihebereiche wie US-Investment-Grade, Crossover oder High Yield gesetzt – vor allem im USD-Währungsraum, wo die Zinsen schneller und stärker angehoben worden sind als im Euro-Raum.

Werkheiser zufolge sollten sich Anleihenanleger ihr Credit-Exposure im aktuellen Umfeld jedoch genauer daraufhin ansehen, ob sie für das eingegangene Risiko noch adäquat kompensiert werden. So würden Anleger bei einer momentanen Indexrendite von über 5,50% schnell vergessen, dass diese vor allem durch die Bewegung in der Treasury-Kurve bedingt ist.

Tatsächlich läge der aktuelle US Investment Grade Corporate Spread (OAS) mehr als 30% unter dem 30-Jahres-Durchschnitt von ca. 160 Basispunkten (bps). Dieses Bild ändere sich auch nicht, wenn man nur auf die kurze Kurve schaue (Bloomberg US Corporate 1-5). Hier liege der Spread (OAS) gerade einmal 78 bps über der Treasury-Kurve und damit ebenfalls mehr als 30% unter dem 30-jährigen Durchschnitt.

Da die Inflation hartnäckiger zu sein scheine als zwischenzeitlich angenommen, könnte die Fed die Zinsen stärker anheben als dies momentan eingepreist ist. Für die Frage der angemessenen Risikovergütung seien aber noch weitere Fragen von Bedeutung, zum Beispiel die, ob man auf eine weiche oder doch eine harte Landung der Wirtschaft zusteuere, wie sich die substanziell höheren Refinanzierungskosten auf die Bilanzen der Unternehmen auswirken werden und welche geopolitischen Risiken zu einem weiteren Nachfrageeinbruch oder Angebotsschwierigkeiten führen könnten.

Wie Werkheiser erläutert, können sich Anleger die Spreadkompression zunutze machen, indem sie sich an kurzlaufenden US-Treasuries orientieren. In den vergangenen sechs Monaten habe sich vor allem am kurzen Ende der Kurve sehr viel getan. Die Endfälligkeitsrendite sei in der Spitze um über 180 bps gestiegen und die Inversion (2 Jahre – 10 Jahre) der Kurve befinde sich nahe des Spitzenwerts.

Entscheidend für die Positionierung sei in diesem Umfeld die Frage, wie hoch das Risiko einer plötzlichen Spreadausweitung gegenüber einer weiteren Spreadeinengung eingeschätzt werde. Der Invesco-Experte sieht nur begrenzt Potenzial für einen weiteren Rückgang der Spreads: „Springt man in ein zwölf Meter tiefes Becken und taucht auf zehn Meter hinunter, ist nach oben hin eben mehr Platz als nach unten.“

Aufgrund der seit einiger Zeit invertierten US-Treasury-Kurve bieten sich seiner Ansicht nach vor allem ETF-Lösungen zur gezielten Investition in bestimmte Bereiche der Kurve an. „Damit müssen Anleger nicht selbst kontinuierlich die passenden Cash-Bonds selektieren und handeln und können zudem speziell die Bereiche der Kurve meiden, die aufgrund der inversen Form der Zinskurve einen negativen Carry aufweisen“, so Werkheiser.

So könnten Anleger anstelle einer Direktinvestition in den hochliquiden 7-10-Jahres Bereich beziehungsweise die momentane „Cheapest-to-deliver“ 10 Year US-T-Note ein alternatives Investment in eine annähernd hälftige Kombination aus ETFs auf US-Treasury 0-1 Jahre und US Treasury 10+ Jahre erwägen. Dadurch läge die Duration exakt auf Benchmarkniveau, während die Portfolio-Rendite bedingt durch die momentane Kurvenform um ca. 0,65% ansteige.