Hedgework: Herr Fernandez, wie definieren Sie Absolute Return?
Fernandez: Ich würde mich zunächst an der Standard-Definition orientieren. Demnach ist Absolute Return oder die absolute Rendite ein Maß für die Wertentwicklung einer Anlage, bei der nur der Gesamtertrag oder -verlust berücksichtigt wird, unabhängig von der Wertentwicklung einer Benchmark. Im Gegensatz dazu, spricht man bei einer relativen Rendite von der Performance einer Anlage im Verhältnis zu einer Benchmark oder einem Index. Das Ziel von Absolute-Return-Strategien ist es, in jeder Marktlage – also sowohl in steigenden als auch in fallenden Märkten – eine positive Rendite zu erzielen, anstatt zu versuchen, eine Benchmark oder einen Index zu übertreffen. Letztlich nutzen Absolute-Return-Strategien daher oft eine erweiterte aktive Steuerung der Allokation, die neben den klassischen Instrumenten eines Investment-Managers, wie Diversifikation, strategische und taktische Allokation, zusätzlich noch gehebelte Positionen und Leerverkäufe, also Leverage und Short-Positionen, beinhaltet.
Hedgework: Also ohne Berücksichtigung von Benchmarks?
Fernandez: Nein, das heißt nicht, dass man keine Benchmarks nutzt, ganz im Gegenteil. Neben Peer-Groups – also anderen Absolute-Return-Produkten – sollten immer auch klassische Anlagen wie beispielsweise Aktien-Indizes mit in die Bewertung eines Absolute-Return-Produkts einbezogen werden.
Hedgework: Mit welchen Strategien lässt sich ein solcher absoluter positiver Ertrag erzielen?
Fernandez: Die einfachste Strategie ist eine taktische Steuerung der Allokationsquote zwischen 0% und 100%, also Long-Only. Idealerweise, kann man damit in einer Krise den Markt outperformen. Allerdings kann man damit nur auf lange Sicht den Markt schlagen – und wenn es zwischendrin zu Krisen kommt. Die eigentliche und wesentliche Komponente, die man benötigt, um den Markt zu schlagen, ist Leverage. Dies erlaubt es, in steigenden Märkten eine höhere Rendite zu generieren. Als weitere Komponente, kann man Short-Positionen aufbauen, um auch in fallenden Märkten Erträge generieren zu können. Allerdings muss man sowohl bei der Nutzung von Leverage als auch von Short-Positionen über eine gut funktionierende taktische Steuerung verfügen. Zudem darf man es mit Leverage/Short nicht übertreiben, sonst können schnelle Marktbewegungen das Portfolio massiv schädigen.
Hedgework: Inwiefern werden bei Absolute-Return-Strategien die Ertragschancen begrenzt?
Fernandez: Bei einer Long-Only-taktischen Steuerung fällt man in lang andauernden „Bullenmärkten“, die allenfalls durch kurze Rücksetzer unterbrochen werden, in der Regel unter eine 100%ige Allokation. Im Gegenzug erhält man aber dafür einen guten Schutz gegen ausgeprägte Marktkrisen.
Hedgework: Lässt sich diese Begrenzung auflösen und welche Ertragsgrößen werden dadurch möglich?
Fernandez: Diese Ertrags-Begrenzung lässt sich in der Regel nur durch den Einsatz von Leverage und gegebenenfalls in Kombination mit Short-Positionen auflösen. Die möglichen Ertragsgrößen werden dabei primär durch das Basis-Portfolio bzw. dessen Komponenten definiert. So zeigt ein reinsortiges Aktienportfolio in der Regel eine deutlich höhere Rendite als etwa ein Anleihen-Portfolio.
Hedgework: Haben Sie ein Beispiel dafür?
Fernandez: Gewiss. Nehmen Sie ein gleichgewichtetes Portfolio mit insgesamt 25 Positionen, bestehend aus Aktien, Anleihen, Rohstoffen und Währungen mit einer annualisierten Rendite von ca. 2,5%. Die Rendite-Bandbreite, bei der Anwendung verschiedener Strategien, bewegt sich dann zwischen 1% und 7%. Der globale Aktienmarkt hat in dem gleichen Beobachtungszeitraum ebenfalls eine Rendite von 7% generiert, allerdings mit knapp doppelt so hoher Volatilität. Das ist natürlich nur ein Beispiel aus der Praxis, wobei es andere Assetklassen und Kombinationen gibt, mit denen deutlich höhere Renditen erzielbar sind, allerdings auch mit deutlich höheren Risiken.
Hedgework: Welchen Absolute-Return-Ansatz präferieren Sie und wie funktioniert er?
Fernandez: Grundsätzlich finde ich die gehebelten Long/Short-Varianten mit einem „Long-Bias“ am interessantesten. Also asymmetrische Strategien, die sowohl Leverage als auch Short-Positionen nutzen können, aber mit einer höheren Leverage-Quote als Short-Quote.
Hedgework: Weshalb?
Fernandez: Dieser Ansatz kombiniert Leverage – beispielsweise bis zu +175% Allokation – mit Short-Positionen von bis zu -75%. Damit lassen sich in unterschiedlichsten Marktphasen positive Renditen generieren. Wobei dadurch, dass Finanzmärkte in der Regel über längere Phasen steigen, statt zu fallen, man durch die Asymmetrie und den Long-Bias stärker von steigenden Phasen profitieren kann.
Hedgework: Was sind die Besonderheiten, die ein Anbieter dieser Strategie berücksichtigen muss?
Fernandez: Entscheidend sind meines Erachtens verschiedene Faktoren. Zunächst ist es wichtig, zu prüfen, ob die Strategie im Rahmen des Mandats umsetzbar bzw. für die Zielgruppe investierbar ist. Der zweite Punkt ist, ob es liquide und kosteneffiziente Instrumente gibt, um die notwendigen Leverage- und Short-Positionen umsetzen zu können. Wesentlich ist auch die Qualität der zugrundeliegenden „Steuerungslogik“. Wenn die nicht stimmt, erhält man zwar sehr vielversprechende Simulationsergebnisse, aber diese lassen sich zumeist in der Realität nicht erzielen, sodass es kommt in der Regel irgendwann zu einem „Unfall“ kommt.
Hedgework: Was meinen Sie damit?
Fernandez: Wenn die genutzte Steuerungslogik beispielsweise zu viele Parameter nutzt bzw. erst nach vielen Optimierungen zu zufriedenstellenden Ergebnissen führt, dann wäre ich sehr vorsichtig, diese Logik – ohne eine ausreichend lange Testphase – in Betrieb zu nehmen. Es besteht das Risiko einer Überoptimierung, die in der Simulation zwar gute Ergebnisse verspricht, diese aber in der Realität nicht realisiert werden können oder sogar kontraproduktiv sein können.
Hedgework: Was könnte, bei einem guten Ende, unter dem Strich für Anleger dabei herauskommen?
Fernandez: Der wesentliche Vorteil für Anleger ist, dass gut gemachte aktive Strategien eine geringere Korrelation mit dem Markt zeigen als passive, insbesondere während Marktkrisen. Diese weniger korrelierten Renditen sind damit eine sinnvolle Ergänzung für diversifizierte Portfolios, was ja der faktische Grund für die Existenz von Hedgefonds ist.
Hedgework: Wie können sich Anleger wiederum grundsätzlich vor Risiken schützen?
Fernandez: Grundsätzlich sollten Anleger darauf achten, dass sie ihr Portfolio ausreichend breit, also über verschiedene Assetklassen und Emittenten diversifizieren. Im Rahmen der strategischen Allokation kann man den jeweiligen Assetklassen mehr oder weniger Gewicht geben, allerdings muss man dafür sorgen, dass die definierten Gewichte kontinuierlich nachgeführt werden, sonst wird beispielsweise aus einem 50/50-Portfolio (50% Aktien/50% Anleihen) irgendwann ein 70/30-Portfolio, welches ein deutlich höheres Risikoprofil aufweist. Über eine Beimischung von aktiven Strategien kann man dann die Eigenschaften des Portfolios feinsteuern – etwa bezüglich des Verhaltens während Marktkrisen. Meines Erachtens ist es viel wichtiger, die immer wieder auftretenden Verlustphasen begrenzen zu können, statt sich von hohen Renditen zur Aufnahme überhöhter Risiken hinreißen zu lassen.
Hedgework: Besten Dank für diese Einblicke.