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„Bei der weiteren Entwicklung unseres Geschäfts spielt insbesondere auch die EMEA-Region eine gewichtige Rolle“

IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Joseph Harvey, CEO und President von Cohen & Steers, über die langjährige Historie und Expertise des Real Asset Managers und die aktuellen Herausforderungen im Immobilienbereich.

Joseph Harvey

IPE D.A.CH: Die Anfänge von Cohen & Steers gehen auf das Jahr 1985 zurück, können Sie uns auf eine kurze Zeitreise in die vergangenen fast 40 Jahre nehmen?
Harvey: Entscheidend war die Vision von Martin Cohen und Robert Steers im Jahr 1985, dass auch der Weg in Real Estate über gelistete Vehikel bzw. Unternehmen sehr viel Sinn für Anleger machen kann. Am Anfang war dieses Segment der REITs, das es in den USA bereits seit den 1960er Jahren gibt, sehr klein, aber über die Jahre konnten wir damit in den USA viele Investoren von den Vorzügen liquider Immobilieninvestments überzeugen, Cohen und Steers konnte deutlich wachsen.

IPE D.A.CH: Das Konzept wurde anfangs der 2000er auch in Europa zunehmend nachgefragt…
Harvey: Das ist richtig. Zudem gab es grundsätzlich zu dieser Zeit auf der Investorenseite die Tendenz auch im Immobilienbereich global zu diversifizieren. Wir nutzten damals im Jahr 2004 die Möglichkeit eine Gesellschaft mit Sitz in Brüssel, Houlihan Rovers, zu kaufen – in unseren Augen eine Art Cohen & Steers in klein, um unsere Kunden auch international begleiten zu können. Dies war übrigens die einzige Akquisition unserer Firmengeschichte, ansonsten setzen wir rein auf organisches Wachstum.

IPE D.A.CH: War Houlihan Rovers auch der Startpunkt für die internationale Kundenakquise?
Harvey: Wir haben danach direkt auch jeweils ein Office in Hongkong und London eröffnet und konnten so in der Tat mit dem Mosaikstein Houlihan Rovers den Schritt zum globalen Unternehmen auf der Kunden- wie auch auf der Investmentseite vollziehen.

IPE D.A.CH: Fast zeitgleich mit der Akquisition ging Cohen & Steers 2004 an die Börse. Ging es dabei auch um die Finanzierung der Internationalisierung?
Harvey: Wir erlösten mit dem IPO damals rund 100 Mio. US-Dollar, das half natürlich die genannten Schritte aus dem Eigenkapital zu finanzieren. Allerdings ging es auch darum, als Investor in börsennotierte REITs entsprechend Flagge zu zeigen und es war außerdem eine exzellente Möglichkeit, unsere Mitarbeiter am Unternehmenserfolg sichtbar zu beteiligen. Auch der Anschub neuer Investmentstrategien war dadurch natürlich ein Vielfaches einfacher. Im Nachgang betrachtet war es definitiv die richtige Entscheidung.

IPE D.A.CH: Wie kam es zum Markteintritt in den Bereich Infrastruktur?
Harvey: Wir wollten unsere Asset-Basis frühzeitig diversifizieren, allerdings ausschließlich mit Assets die ähnlich wie Real Estate langfristig planbare Zahlungsströme für unsere Investoren generieren. Insofern war der Schritt in den Bereich Infrastruktur nur logisch und wir waren froh, hochqualifizierte Investmentteam in diesem Bereich für unser Unternehmen gewinnen zu können.

IPE D.A.CH: Insgesamt ist Cohen & Steers damit zu einem diversifizierten Real Asset Manager mit AuM von rund 80 Mrd. US-Dollar per Ende 2022 gewachsen. Sie sind nun seit ziemlich genau einem Jahr neuer CEO von Cohen & Steers, in welche Richtung soll sich die Firma weiterentwickeln?
Harvey: Zunächst einmal muss ich festhalten, dass unsere Gründer noch immer mit Ihrer Expertise zur Seite stehen. Martin Cohen zog sich zwar vor rund acht Jahren operativ zurück, ist aber noch immer Chairman of the Board. Auch Robert Steers ist noch immer in der Firma als Executive Chairman und hilft uns insbesondere beim Aufbau unseres Geschäftsbereichs Private Real Estate. Bei der weiteren Entwicklung unseres Geschäfts spielt insbesondere auch die EMEA-Region eine gewichtige Rolle. Gerade in Deutschland und im Mittleren Osten sehen wir seit einigen Jahren einen deutlich größeren Appetit auf Listed Real Estate. Das gleiche gilt übrigens auch für Listed Infrastructure.

IPE D.A.CH: Genau zum richtigen Zeitpunkt, wenn man auf die bereits deutlich unter Druck gekommenen Kurse bei börsennotierten REITs blickt?
Harvey: Ich denke schon. Die Börse nimmt bereits vorweg, was in Private Markets in den nächsten Jahren noch bevorsteht. Ich würde Investoren aktuell zwar nicht empfehlen alles und sofort in gelistete Real Estate Produkte bzw. REITs zu investieren, aber über mehrere Tranchen kann das durchaus Sinn machen. Die Preise sehen jedenfalls vielfach attraktiv aus. Mittelfristig kann man dann überlegen, einen Preisanstieg im gelisteten Markt wieder zum Ausstieg zu nutzen und in zurückgekommene Private Assets zu investieren.

IPE D.A.CH: Was war für Sie persönlich die größte Herausforderung in Ihren ersten 12 Monaten als CEO?
Harvey: Ich hatte damals nach dem Rückzug von Martin Cohen aus dem operativen Geschäft die Möglichkeit, mich über viele Jahre auf die Aufgaben als CEO an der Seite von Robert Steers vorzubereiten. Insofern fühlte es sich ab März 2022 gar nicht so viel anders an. Allerdings – und so etwas kann man nicht planen oder vorbereiten – traf uns natürlich der Rückgang bei den Assets under Management im Jahr 2022 von rund 104 Mrd. US-Dollar auf 80 Mrd. US-Dollar durch die Korrektur bei den Immobilienwerten. Dies in Einklang mit der Wachstumsstory des Unternehmen und den entsprechenden weiteren Auf- und Ausbau von (Investment-)Teams zu bringen, ist aktuell sich die größte Herausforderung. Wir dürfen hier die kurzfristigen Korrekturen nicht gegen die mittel- bis langfristigen Unternehmensziele ausspielen, sondern unbeirrt unseren Weg weitergehen.

IPE D.A.CH: Wird sich das Makroumfeld – namentlich seitens der Notenbanken – noch dieses Jahr ändern?
Harvey: Wir sehen – wie andere Marktbeobachter auch – dass dieser Punkt noch dieses Jahr erreicht werden dürfte. Die Risiken einer Rezession steigen – gerade in den USA – und die aktuellen Kommentare der Fed zeigen, dass man sich dem durchaus bewusst ist. Insofern dürfte die Spitze bei den Leitzinsen 2023 erreicht werden.

IPE D.A.CH: Lassen Sie uns zum Abschluss noch etwas in die Zukunft blicken. Wo sehen Sie Cohen & Steers in fünf Jahren in Europa?
Harvey: Wir rechnen fest damit, dass gerade der gelistete Real Estate Bereich eine deutlich prominentere Rolle in den Portfolios institutioneller Anleger spielen wird und wollen hier als Asset Manager natürlich unseren Teil dazu beitragen. Ferner sollte dann der Aufbau unseres Investmentteams für Private Real Estate Früchte getragen haben, so dass wir von Investoren als ganzheitlicher Anbieter von Real Estate Investmentlösungen wahrgenommen werden. Daran versuchen wir Tag für Tag zu arbeiten, denn am Ende geht es um den Erfolg unserer Investoren.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.