Im zweiten Quartal 2024 hat sich das für deutsche Anleger in Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen verwaltete Vermögen kaum verändert. Das Segment der Publikumsfonds gemäß Artikel 8 und 9 der EU-Offenlegungsverordnung wuchs leicht von 728 auf 732 Mrd. Euro. Spezialfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen verwalteten davon weiterhin 250 Mrd. Euro.
Quelle: BVI
Aufgrund des im Vergleich stärkeren Wachstums von Artikel-6-Fonds sank erstmals seit Einführung der Offenlegungsverordnung der Marktanteil von Artikel-8- und -9-Fonds leicht. Zum 30. Juni entfielen bei Publikumsfonds noch 49% und bei Spezialfonds 11% des Vermögens auf Produkte mit Nachhaltigkeitsmerkmalen.
Ein Grund für das im Vergleich schwächere Wachstum ist das rückläufige Neugeschäft bei Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen. Im zweiten Quartal 2024 betrug ihr Netto-Mittelabfluss laut BVI-Zahlen rund 4,5 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Artikel-6-Fonds verbuchten unter dem Strich Zuflüsse von 12,3 Mrd. Euro. Spezialfonds erzielten unabhängig von ihrem Nachhaltigkeitsstatus ein positives Neugeschäft.
Darüber hinaus wiesen viele Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen im ersten Halbjahr 2024 eine zwar gute, im Vergleich zum Gesamtmarkt aber unterdurchschnittliche Wertentwicklung auf. Das zeigt die Analyse der Renditen von offenen Publikums-Aktienfonds nach Nachhaltigkeitsstatus: Während die Anteilwerte von Artikel-6-Fonds im ersten Halbjahr im Schnitt um 12,7% zulegten, waren es bei Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen 10,9%. Besonders ausgeprägt war der Rückstand bei global anlegenden Aktienfonds, der Kategorie mit dem höchsten verwalteten Vermögen.
Doch woher kommt die schwächere Wertentwicklung von global anlegenden Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen? Anders als oft angenommen, so die Berechnungen des BVI auf Basis von Zahlen von Morningstar und MSCI, dürfte der Hauptgrund nicht die Untergewichtung von Unternehmen aus dem Energie- oder Rüstungssektor aufgrund von Nachhaltigkeitserwägungen sein, denn deren Rendite lag im ersten Halbjahr nicht über dem Marktdurchschnitt. Eine größere Rolle spielt die strategische Positionierung von Anlegern und Portfoliomanagern bei aktiv anlegenden Fonds. Das zeigt das so genannte „Factor Exposure“ – also der Grad, zu dem Portfolien bestimmten Renditefaktoren ausgesetzt sind. Sie helfen, die Portfolioerträge in bestimmten Marktphasen zu erklären.
Dabei fällt auf, dass deutsche Anleger vor allem diejenigen Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen halten, die wenig in sehr profitable („Quality“) Wachstumswerte („Growth“) mit zuletzt hohen Renditen („Momentum“) investieren. Dazu zählen insbesondere Technologietitel wie die Muttergesellschaften von Google und Facebook oder der Chiphersteller Nvidia. Stattdessen setzen sie auf Fonds, die stark in Unternehmen mit hohen Dividendenausschüttungen investieren („Yield“). Im ersten Halbjahr 2024 trieb das gute makroökonomische Umfeld allerdings die Kurse von Wachstumswerten weiter an: Die „Momentum“-Titel innerhalb des MSCI World legten um 26,3%, bei Dividendenaktien waren es nur 4,5%.
Teilweise sind diese Positionierungen auf die Anlagestrategien zurückzuführen und liegen nicht im Ermessen des Portfoliomanagers. So liegt der Anteil dezidierter Dividendenfonds bei Produkten gemäß Artikel 8 bei 23% des verwalteten Vermögens. Bei Artikel-6-Fonds sind es dagegen nur 15%. Gleichzeitig haben einige Manager bewusst entschieden, den Anteil großer Technologieunternehmen im Portfolio zu begrenzen, um sich für einen möglichen Stimmungsumschwung an den Märkten zu wappnen.