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„Das Potenzial aktiviert sich nicht von selbst“

IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Aydin Karaduman, Vorsitzender der Geschäftsführung der IC Immobilien Gruppe, über die EXPO REAL 2024 und die aktuellen Trends und Ideen der Branche.

Aydin Karaduman

IPE D.A.CH: Herr Karaduman, die EXPO REAL 2024 ist zu Ende. Wie hat sich die Messe in diesem Jahr präsentiert?
Karaduman: Die EXPO REAL 2024 spiegelte die aktuelle gemischte Marktlage gut wider. Zwar war sie weniger gut besucht als 2023, was angesichts der andauernden Marktkonsolidierung zu erwarten war, aber die Qualität der Gespräche war deutlich höher. Es gab weniger oberflächliche Treffen – die institutionellen Investoren und Bestandshalter waren gezielt auf der Suche nach Partnern, um ihre Projekte voranzutreiben. Wir sehen in vielen Bereichen eine Neuausrichtung, bei der bestehende Modelle und Strukturen konstruktiv hinterfragt werden. Das war für mich ein sehr positiver Aspekt.

IPE D.A.CH: Wie weit ist der Markt Ihrer Meinung nach im viel beschworenen Repricing-Prozess?
Karaduman: Der Repricing-Prozess ist in vollem Gange, doch es gibt noch spürbare Spannungen zwischen den Kaufpreisvorstellungen der Käufer und Verkäufer. Die hohen Zinsen machen viele Transaktionen nach wie vor unattraktiv, und die Verhandlungen sind für das Investment Management oft zäh. Ich gehe davon aus, dass es noch etwa ein Jahr dauern wird, bis wir ein echtes Re-Opening der Transaktionsmärkte erleben. Bis dahin sind in einigen Segmenten und Standorten weitere Preisanpassungen zu erwarten. Dennoch: Die Messe hat gezeigt, dass ein wachsendes Bewusstsein dafür besteht, dass die Talsohle möglicherweise erreicht ist. Die Marktteilnehmer positionieren sich jetzt für den Moment, wenn der Markt wieder anzieht.


Copyright: Messe München

IPE D.A.CH: Welche Rolle spielen in dieser Phase Asset- und Property Management?
Karaduman: Asset- und Property Management rücken stark in den Fokus. Da Transaktionen – und damit die Investment Manager – momentan eine sekundäre Rolle spielen, müssen wir den Wert der Bestandsimmobilien aktiv sichern und steigern. Das bedeutet, dass wir weg müssen von der reinen Verwaltung und hin zu einem echten, aktiven Management. Es geht darum, mit Kreativität und der richtigen Strategie die Potenziale der Immobilien zu heben – sei es durch gezielte Aufwertungsmaßnahmen, durch neue Vermietungsstrategien oder technische Modernisierungen. Dafür ist die Zusammenarbeit zwischen Asset- und Property Management entscheidend. Property Manager sind oft näher am Geschehen: Sie erkennen frühzeitig Probleme und auch Potenziale, die im Tagesgeschäft auftauchen. Asset Manager wiederum haben die strategische Weitsicht und wissen, wie sich eine Immobilie langfristig in den Bestand und die Portfolio-Strategie einfügt. Diese beiden Bereiche müssen eng zusammenarbeiten, um den größtmöglichen Wert für die Immobilien zu schaffen.

IPE D.A.CH: Das Thema ESG ist in den zurückliegenden Jahren stark in den Fokus gerückt. Wie beeinflusst ESG das Management von Bestandsimmobilien?
Karaduman: ESG hat sich zu einem zentralen Thema in der Immobilienbranche entwickelt. Es ist längst nicht mehr nur eine regulatorische Auflage – es ist ein entscheidender Faktor für die Attraktivität und Rentabilität von Immobilien. Investoren und Mieter erwarten, dass ESG-Kriterien erfüllt werden, und das hat einen direkten Einfluss auf den Marktwert einer Immobilie. Die Herausforderung besteht darin, dass die Wirkung von ESG-Maßnahmen oft erst langfristig sichtbar wird. Gerade bei Bestandsimmobilien ist die Integration von ESG-Komponenten komplexer als bei Neubauten. Aber es ist entscheidend, jetzt die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Energieeffiziente Modernisierungen, nachhaltige Materialien und soziale Nachhaltigkeit sind nur einige Aspekte, die dazu beitragen können, die Betriebskosten zu senken, Mieter langfristig zu binden und das Leerstandsrisiko zu reduzieren. Die Zeit, ESG ernsthaft in die Bewirtschaftungsstrategie zu integrieren, ist jetzt. Dazu gehört auch, dass ESG nicht nur als Kostenfaktor gesehen wird, sondern als Investition in die Zukunft. ESG-konforme Immobilien haben langfristig geringere Betriebskosten, bieten bessere Finanzierungsmöglichkeiten und sind insgesamt wettbewerbsfähiger.

IPE D.A.CH: Wie blicken Sie auf die kommenden Jahre? Wann erwarten Sie eine Marktbelebung, und welche Maßnahmen sollten in der Zwischenzeit ergriffen werden?
Karaduman: Ich gehe davon aus, dass wir bis Ende 2025 eine deutliche Marktbelebung sehen werden. Bis dahin befinden wir uns in einer Übergangsphase. Diese Zeit kann auch genutzt werden, um die Bestandsobjekte zu optimieren und die Grundlage für zukünftige Wertsteigerungen zu legen. Wer jetzt die richtigen Weichen stellt, wird in den kommenden Jahren gestärkt aus dieser Phase hervorgehen. Das Potenzial aktiviert sich nicht von selbst – es braucht Engagement, Strategie und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einschätzung.