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„Der erste Eurex Bitcoin Index Future ist sehr gut gestartet!“

Die Eurex hat im April 2023 als erste Börse in Europa Futures mit Barausgleich auf den Bitcoin gelauncht. Achim Stefan Karle vom Equity Index Sales der Eurex hat anlässlich des 207. Hedgeworks die Hintergründe beleuchtet. Im Interview erklärt er, warum sich eine traditionelle Börse mit Krypto-Assets beschäftigt, welche Zielgruppe die Eurex anspricht und welche Anlagestrategien sich mit dem Bitcoin Future umsetzen lassen.

Achim Stefan Karle

Hedgework: Herr Karle, die Eurex hat unlängst den FTSE Bitcoin Index Future auf den Markt gebracht – können Sie unseren Lesern bitte erklären, weshalb die Eurex sich für den Bitcoin stark macht?
Karle: Die Eurex bzw. Deutsche Börse beobachtet den Markt für Krypto-Währungen, insbesondere Bitcoin, aber auch die Blockchain-Technologie schon seit einiger Zeit. Durch Gespräche mit unseren Marktteilnehmern sehen wir einen Bedarf institutioneller Investoren, über regulierte Instrumente und Börsen an digitalen Währungen zu partizipieren.

Hedgework: Worauf spielen Sie an?
Karle: Digitale Währungen werden meist über nicht regulierte Handelsplattformen gehandelt und gehalten. Dies führt dazu, dass größere institutionelle Kunden aufgrund von internen Richtlinien nicht in der Lage sind, in Digitale Währungen zu investieren. Diese Herausforderung haben wir für uns erkannt und daher ein Produkt entwickelt, dass sich strukturell und regulatorisch im gleichen Rahmen bewegt wie unsere herkömmlichen, börsengelisteten Derivate.

Hedgework: Vielleicht noch einmal einen Schritt zurück – die Eurex ist doch eigentlich eine Handelsplattform; ist es üblich, dass Sie auch als Produktinitiator auftreten – und weshalb tun Sie das?
Karle: Wir sehen uns als globale Börse in der Verantwortung, ein möglichst breites Produktportfolio mit standardisierten Lösungen zu den Anforderungen und Problemen zu liefern, die der Markt an unsere Teilnehmer stellt. Dazu gehören etablierte Benchmarks, wie Derivate auf den DAX, Euro STOXX oder Bundesanleihen, sowie auch Nischenprodukte. Die Eurex gehört gemeinsam mit dem Indexanbieter STOXX zur Deutsche Börse Gruppe und wir arbeiten auch eng mit anderen Indexanbietern wie MSCI oder FTSE Russell zusammen. Durch diese Zusammenarbeit können wir mit Kunden neue Konzepte entwickeln, die auch für andere Teilnehmer interessant sein können.

Hedgework: Sie bezeichnen die Eurex als gesicherte Handelsplattform. Was ist darunter zu verstehen, was zeichnet die Eurex aus und wodurch unterscheidet sie sich von anderen Plattformen?
Karle: Bei Termingeschäften, die an der Eurex stattfinden, ist es erforderlich, eine Margin, also eine Sicherheitsanforderung, zu hinterlegen. Die Eurex Clearing AG steht als zentraler Kontrahent (CCP – Central Counterparty) zwischen allen Transaktionen und verwaltet diese Sicherheitsanforderungen. Sie ist eine automatisierte und integrierte Clearingstelle und gewährleistet als zentraler Kontrahent die Erfüllung sämtlicher Geschäfte, die an der Eurex-Börse abgeschlossen werden, wodurch für die Marktteilnehmer das individuelle Kontrahentenrisiko entfällt.

Hedgework: Und das wird bei anderen Plattformen anders gehandhabt?
Karle: Bei anderen Handelsplattformen, insbesondere bei Krypto-Börsen, gibt es eine solche Regelung meist nicht. Für die Kunden besteht oft ein direktes Gegenparteirisiko gegenüber der Handelsplattform.

Hedgework: Lassen Sie uns auf den FTSE Bitcoin Index Future zu sprechen kommen. Was sind die Besonderheiten dieses Finanzprodukts?
Karle: Das Besondere am FTSE Bitcoin Index Future ist, dass das Derivat besonders einfach konzipiert ist. Wie auch bei anderen Index Futures gibt es bei Fälligkeit keine physische Lieferung des Basiswerts, sondern es findet ein Barausgleich statt. Das heißt Investoren brauchen kein Wallet zu eröffnen, wenn sie unser Produkt handeln und somit an der Kursentwicklung des Bitcoins partizipieren möchten. Ein herkömmlicher Handelszugang mit entsprechendem Margin-Konto bei einer teilnehmenden Bank oder einem an der Eurex zugelassenen Broker ist ausreichend. Es gelten die gleichen regulatorischen Anforderungen für die Zulassung wie für Aktienderivate.

Hedgework: Für welche Kunden ist der FTSE Bitcoin Index Future konzipiert?
Karle: Uns ist natürlich bewusst, dass es sich bei Krypto-Währungen um eine neue Assetklasse handelt, die erst einmal genau beobachtet und analysiert werden muss, bevor Anlagekapital von Kunden investiert werden kann. Dazu kommt, dass für die großen Fondgesellschaften oder Versicherungen, die normalerweise unser Volumen bestimmen, die internen Hürden sicherlich höher sind als für spezialisierte Asset Manager und Family Offices. Wir befinden uns aber in einem Prozess. Je mehr Anforderungen an den Markt gestellt werden und je mehr Nachfrage im Krypto-Markt generiert wird, desto genauer schauen die großen Häuser hin und wägen Investments in Digitalen Währungen ab.

Hedgework: Welche Strategien lassen sich mit dem Index Future umsetzen?
Karle: Futures Kontrakte sind vielseitig einsetzbar, entweder um am Basiswert zu partizipieren oder als Absicherungsinstrument für bestehende Positionen. Angenommen ein Anleger hält über ein Wallet einen Bitcoin oder einen ETP bei einem Broker, dann kann er sein Portfolio mit einer Short-Position im Future über eine festgelegte Laufzeit absichern.

Hedgework: Wie funktioniert das?
Karle: Der Future garantiert einen festen Verkaufspreis über die Laufzeit. Wenn der Kurs des Bitcoins unter den Verkaufspreis fällt, gleicht sich der Gewinn durch den Future 1:1 mit dem Verlust des Portfolios aus – und umgekehrt, sollte der Kurs steigen. Wichtig ist, dass es dabei nicht zur physischen Lieferung nach Verfall kommt, was bedeutet, dass die physische Position nicht veräußert wird, sondern die Wertentwicklung über den Handel verrechnet wird.

Hedgework: Was wären andere Einsatzmöglichkeiten?
Karle: Futures eignen sich ebenfalls für Anleger, welche eine Veränderung im Bitcoin-Kurs erwartet und entweder von Aufwärts- als auch Abwärtstrends profitieren möchte. Darüber hinaus macht es grundsätzlich Sinn, sich mit den herkömmlichen Future-Trading-Strategien zu beschäftigen. So konnten wir unlängst einige Teilnehmer bei der Ausführung einer „Cash & Carry“-Trade-Strategie beobachten. Solche Strategien sind für traditionelle Finanzderivate normal und sehr verbreitet. Sie lassen sich aber auch genauso auf Krypto-Derivate anwenden.

Hedgework: Gibt es bereits erste Erfahrungen über Umsatz, Akzeptanz und bevorzugte Strategien mit dem Future?
Karle: Über die letzten 4 Monate ist das Produkt langsam, aber stetig angelaufen. Wir hatten Ende Juli einen gehandelten Nennwert von über 340 Millionen Euro seit Einführung. Seit August sehen wir weiter konstant enge Geld/Brief-Spannen, welche durchaus konkurrenzfähig mit vergleichbaren Angeboten sind.

Hedgework: Wie bewerten Sie dann die Perspektiven des Produkts?
Karle: Wir sind davon überzeugt, dass Digitale Assets ein fester Bestandteil im Investment-Universum bleiben werden und wollen deshalb das Angebot an Produkten und Basiswerten weiter ausbauen.

Hedgework: Das führt zum Schluss zu der Frage, mit welchem neuen Krypto-Produkt wir in Kürze rechnen können – einem weiteren Future auf eine andere Währung, oder ein weiteres Bitcoin-Produkt?
Karle: Nach dem erfolgreichen Futures-Produkt werden wir das Angebot mit Optionen weiter ausbauen. Derivate auf weitere Krypto-Währungen sind für 2024 in Planung.

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Achim Stefan Karle arbeitet im Bereich Equity & Equity Index Sales an der Eurex. Er betreut deutsche sowie skandinavische und osteuropäische Börsenteilnehmer auf der Sell- und Buyside. Beim Handel mit Börsen-gelisteten Bitcoin Index Futures stehen für ihn wie bei ESG die Minimierung von Risiken im Vordergrund. Seine Karriere bei der Eurex begann er 2006 in der Abteilung Market Supervision im Front Office Operation Derivatehandel. Von 2008 bis 2009 war er in London im Clearing-Projekt tätig. Von 2010 bis 2011 war er Mitglied des Projektteams zur Entwicklung des Eurex T7 Handelssystems in New York. Seit Dezember 2016 gehört er zum Eurex Equity & Index Sales Team in Frankfurt.