Viele Versorgungswerke und Pensionsfonds haben ihre Anleihe-Direktbestände im Laufe der vergangenen Jahre reduziert – um angesichts des Niedrigzinsumfeldes ihrer Verpflichtung nachzukommen, den Rechnungszins zu erwirtschaften und die Anspruchsberechtigten zu bedienen. Machte der Direktbestand an Zinspapieren früher teilweise über 90% der Gesamtportfolios aus, ist er bei einigen Investoren bis auf etwa 20% geschrumpft. Die Investoren nahmen dieses bewusste Abschmelzen in Kauf, um dem veränderten Marktumfeld gerecht zu werden. Gleichzeitig spielt der Anleihe-Direktbestand weiterhin eine tragende Rolle im Portfolio: Zum einen würden ohne ihn die maximal zulässigen Grenzen der Risikokapitalquoten überschritten. Zum anderen dient er als Risikopuffer, um in anderen, riskanteren, Bereichen des Kapitalmarktes investieren zu können.
Gute Gründe für aktives Management
Das Jahr 2022 bescherte dem Anleihemarkt Kursverluste in einer Größenordnung, die eher für Aktienanlagen üblich sind. In diesem Umfeld konnte aktives Management seinen Mehrwert unter Beweis stellen: Zwar konnte es die außerordentlichen Kursverluste am breiten Markt nicht komplett auffangen, aber doch bremsen. Damit zeigte sich einmal mehr, was sich bereits zuvor in der langjährigen Phase sinkender Zinsen und niedriger beziehungsweise negativer Renditen erwiesen hatte: „Buy and forget“ ist für viele Anleiheinvestoren nicht mehr der Weisheit letzter Schluss. Dafür sprechen vor allem drei Herausforderungen, vor denen Investoren stehen. Erstens die Erweiterung des Anlageuniversums, um Risiko-Renditeprofile zu optimieren. Zweitens die veränderte Marktstruktur, die viele Investoren vor Losgrößenprobleme stellt und den Marktzugang anspruchsvoller macht. Drittens umfassendere regulatorische Verpflichtungen. Angesichts dessen ist ein „Buy and maintain“-Ansatz mit semi-aktivem Management für Anleiheportfolios inzwischen zielführender als das früher verbreitete „Buy and forget“. Im Folgenden werfen wir einen genaueren Blick auf die drei genannten Herausforderungen.
Umfassendes Know-how und Research erforderlich
In den vergangenen Monaten sind die Zinsen auch bei konservativen Kernanlagen wieder deutlich gestiegen. Die Renditen sind hoch, die Gefahr weiterer deutlicher Kursverluste geringer, Kupons bieten wieder Puffer gegen Marktschwankungen. Dadurch ist der Rentenmarkt unter dem Strich deutlich interessanter geworden. Es lohnt also wieder, auf die Chancen von Fixed Income zu schauen, nicht nur auf die Risiken. Gleichzeitig sind mögliche Kapitalmarktszenarien für die nächsten Monate deutlich breiter gestreut als in den Jahren zuvor. Eine gute taktische Allokation im Rahmen eines „Buy and maintain“-Ansatzes profitiert von solchen Unsicherheiten. Sie ermöglicht, Risiken aktiv einzugehen und zum Beispiel aus einer Vielzahl von Positionierungen Mehrwert zu schaffen. Es lohnt sich also auch im jetzigen Zinsumfeld, das breitere Anlageuniversum beizubehalten.
Marktzugang wird entscheidend
Auch im liquiden und scheinbar effizienten Anleihemarkt lohnt sich der direkte Zugang zu Emittenten. Viele Organisationen stehen dabei vor einem Losgrößenproblem: Mit den üblichen Stückelungen wird es mitunter schwierig, zu bestimmten Emittenten oder Papieren überhaupt Zugang zu erhalten. Daher ist es von Vorteil, den Anlagebedarf bündeln und dann zielgerichtet auf internationale Schuldner zuzugehen. Ob staatliche, supranationale oder Unternehmensanleihen: Langfristig gewachsene Verbindungen zu den Emittenten sind heute wichtiger denn je, um mit ihnen bei Bedarf auch maßgeschneiderte Formate und Bedingungen aushandeln zu können. Dies ermöglicht auch Zugang zu Emittenten, die man am Kapitalmarkt selten antrifft und die ein speziell ausgerichtetes, eigenes Kreditresearch erfordern.
Mehr Information, Kontrolle und Prüfung gefragt
Darüber hinaus verlangt die Regulatorik perspektivisch Änderungen, bei denen womöglich auch größere Versorgungswerke an Grenzen stoßen werden. Denn lediglich externe ESG- und Credit-Ratings zu übernehmen, wird wohl nicht reichen. Insofern gewinnen Kompetenzen im Risikomanagement und Berichtswesen an Bedeutung. So führte die Illiquidität während der Finanzkrise zu der Erkenntnis, dass die Einrichtungen sich tiefer mit den Risiken ihrer Investitionen auseinandersetzen müssen, beispielsweise den Deckungsstöcken ihrer Covered Bonds. Infolgedessen wird mehr Information, Kontrolle sowie Prüfung benötigt, um offene Flanken im Hinblick auf ihre finanziellen und regulatorischen Verpflichtungen zu vermeiden. Hierbei können externe Manager, die auf „Buy & maintain“-Strategien für regulierte Investoren fokussiert sind und ein dementsprechend ausgerichtetes Research besitzen, entscheidende Unterstützung bieten.
Direkter Zugriff auf Assets auch bei externer Verwaltung
Angesichts dieser Herausforderungen können Anlagen in Spezial- oder Publikumsfonds eine Lösung sein. Doch sind diese nicht immer die optimale Lösung, sei es aus aufsichtsrechtlichen oder bilanziellen Gründen. Eine Alternative besteht darin, Direktbestände von externen Managern verwalten zu lassen. Die Investoren haben weiterhin vollen Zugriff darauf und die Assets bleiben weiterhin auf der Bilanz, mit allen positiven Auswirkungen hinsichtlich der Planbarkeit von Erträgen.
Wichtig dabei ist, dass externe Asset Manager die Risikoprofile und Präferenzen der Sponsoren bezüglich der Instrumente, Laufzeiten oder Zinsanforderungen kennen und verstehen. Schließlich arbeiten sie direkt auf deren Bilanzen, auch wenn enge Abstimmungen üblich sind. Infolgedessen sind alle Anlageentscheidungen auch hinsichtlich ihrer unmittelbaren Wirkung auf unterschiedliche Kennzahlen zu prüfen. Daher sollten Asset Manager nicht nur über Fingerspitzengefühl, sondern auch über viel Erfahrung und ein leistungsfähiges Reporting verfügen.
Illiquidität, Komplexität und Credit Spreads semi-aktiv managen
Grundsätzlich lassen sich mit semi-aktivem Management unter Einbeziehung der Komponenten Illiquidität, Komplexität und Credit Spreads im Rahmen eines „Buy & maintain“-Ansatzes Zusatzrenditen erzielen und Risiko-Rendite-Profile optimieren. Ein anschauliches Beispiel dafür bietet die langjährige Zusammenarbeit der MEAG mit einem berufsständischen Versorgungswerk aus Deutschland. In den bisher elf Jahren der Zusammenarbeit konnte das Anlageuniversum kontinuierlich verbreitert werden. Im Zuge dessen sind viele neue Ideen entstanden, die sich schwer in klassischen Fonds umsetzen ließen.
Im erwähnten Beispiel lautet eine Vorgabe, bezüglich der Kreditqualität deutlich im Bereich Investment Grade zu bleiben. Tatsächlich liegt das Portfolio bisher im Schnitt bei einem AA-Rating. Ein Großteil des Direktanlagebestandes stammt aus Deutschland, gleichzeitig wird weltweit in Euro-denominierte Anleihen, Privatplatzierungen und Schuldscheindarlehen investiert. Dabei handelt es sich um Covered Bonds, Staatsanleihen, Kommunalpapiere, garantierte Finanzierungen von Infrastrukturprojekten und Kredite für öffentliche Versorgungsunternehmen. Hervorzuheben im Rahmen dieser Strategie sind auch Investments in Kanada und Australien sowie in Papiere von Agencies und supranationalen Organisationen aus dem asiatischen Raum. Denn auch diese Emittenten begeben Anleihen, die auf Euro lauten.
Diese Ausführungen zeigen, wie externe Asset Manager mit „Buy and maintain“-Ansätzen Portfolios auf der Anleiheseite bereichern können. Ein erfahrener Partner ermöglicht den Einrichtungen, sich auf die Kontrolle und die Steuerung des Asset Managements zu fokussieren. Zudem schaffen erweitertes Knowhow, Research, besondere Marktzugänge und Skaleneffekte potenziellen Mehrwert zugunsten der Nettorendite – stets unter Wahrung der zunehmenden Reportingpflichten. Auf diese Weise können regulierte Investoren besser ihren Verpflichtungen nachkommen – auch unter anspruchsvollen Marktbedingungen.
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*) Matthias Wenzel, Head of Fixed Income Solutions bei der MEAG