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Gastbeitrag: Die Nebenkosten werden zum neuen (entscheidenden) Faktor

Die Umsetzung ehrgeiziger Nachhaltigkeitsregularien aus Berlin und Brüssel, immer mehr Komfort und zusätzliche Flexibilität: Die Wunschliste potenzieller Mieter an Eigentümer und Vermieter ist in jüngster Zeit nicht kürzer geworden. Besonders bei Gewerbe- und Einzelhandelsimmobilien ist aber noch ein weiterer Aspekt hinzugekommen, den es zu beachten gilt. Und zwar die Nebenkosten, die für viele Mieter zu einem relevanten Faktor geworden sind, vor allem seitdem die Energiekosten nur eine Richtung kennen: steil nach oben. So sind beispielsweise in Berlin einer aktuellen Nebenkosten-Analyse von Colliers zufolge die Büronebenkosten seit 2018 um 47% gestiegen.

Dr. Stefan Plesser

Für jetzige und zukünftige Eigentümer stehen damit wichtige strategische Entscheidungen hinsichtlich der energetischen Gebäudesanierung an – Entscheidungen, die einerseits den Weg für mehr Energieeffizienz und Nachhaltigkeit ermöglichen und damit die eigenen Vermögenswerte absichern, andererseits das eigene Budget nicht zu sehr belasten und unterm Strich dafür sorgen, dass das Gebäude attraktiv und vermittelbar bleibt. Kann es gelingen, all diese Aspekte mit einer Strategie abzufangen?

Klar ist: Man kann nicht alle Immobilien über einen Kamm scheren. Anders als bei der Automobilindustrie, wo der Austausch einer einzigen Schlüsseltechnologie, nämlich des Motors, im Wesentlichen ausreicht, um eine ganze Branche perspektivisch klimaneutral zu machen, ist der Gebäudesektor sehr viel kleinteiliger und die Lösungen sehr viel individueller: Wohnimmobilien erfordern andere Herangehensweisen als Büroimmobilien, Logistikhallen brauchen andere Lösungen als Einzelhandelsimmobilien. Was aber alle unserer Erfahrung nach gemein haben: Auf die technischen Anlagen kommt es an. Hier können mit wenigen Investitionen sehr große Sprünge in Sachen Energieeffizienz und Kosteneinsparung gemacht werden.

Insbesondere bei Gewerbeimmobilien, wie etwa großen Büroimmobilien, sind die Möglichkeiten groß, wenn man die großen Potentiale des Qualitätsmanagements und der Betriebsoptimierung nutzt. Denn gerade in diesen Bereichen ist eine reiche Ernte sicher, und das schnell – ohne gleich die Heizungsanlage austauschen oder eine bessere Dämmung einbauen zu müssen. Es geht vielmehr darum, all die – oft digitalen und anspruchsvollen – Technologien richtig einzustellen, aufeinander abzustimmen und so überhaupt erst zu ertüchtigen, ihre wahren Potenziale auszuspielen und damit die Energiebilanz eines Gebäudes zu verbessern.

Ein Beispiel: Eine schlecht eingestellte Wärmepumpe, die nicht mit dem Gebäude kommuniziert und auf falsch aufgestellte Wettersensoren reagiert, bringt weder Kostenersparnisse noch CO2-Einsparungen, sondern nur Ärger und Überforderung für den örtlichen Facility-Manager, kalte Füße und noch höhere Nebenkosten. Weiterhin ist es in Büroimmobilien sinnvoll, neben den Heizungsanlagen auch die Klima- und Lüftungsanlagen zu betrachten. Deren CO2-Sensoren sind oft defekt oder senden fehlerhafte Daten.

Deshalb ist es sinnvoll, zunächst einmal den gesamten Betrieb eines Gebäudes zu betrachten: Wo sind die Stromfresser, wo die defekten Thermostate? Kann die Raumtemperatur insgesamt gesenkt werden? Muss die Lüftung wirklich am Wochenende auf allen Etagen laufen?

Der Aufwand lohnt sich: Unseren Erfahrungen nach können bis zu 30% der Energiekosten eingespart werden, wenn das Gebäude durch ein sogenanntes Technisches Monitoring überwacht wird. Etwa 5-15% Reduktion sind häufig direkt möglich, ohne dass man das Gebäude umbauen muss. Hochgerechnet auf den gesamten gewerblichen Gebäudebestand könnten mit diesen bereits vorhandenen und ausgereiften Methoden sowohl CO2 als auch Kosten eingespart werden. Und auf den Gesamtbestand in Deutschland hochgerechnet, kann mit den beschriebenen Maßnahmen ein Viertel des gesamten Potenzials, das bis 2050 im Gebäudebestand erschlossen werden muss, eingespart werden.

Es gilt also: Digitales Qualitätsmanagement ist ein gutes Instrument, um die Kontrolle über die Technik im Gebäude zurückzugewinnen. Es ermöglicht die vertragsfeste Festlegung präziser Anforderungen an die Effizienz- und Komfortfunktionen von Gebäuden. Auf dieser Basis ermöglicht es dann auch eine digitale, transparente Prüfung der realen Performance vor Abnahme und kann im Regelbetrieb dafür Sorge tragen, dass Betreiberleistungen kontinuierlich geprüft und dokumentiert werden.

Vor allem komplexe Gebäude profitieren von dauerhaft niedrigeren Nebenkosten und technischen Anlagen, die besser funktionieren. Mindestens genauso wichtig für viele Bauherren: Technisches Monitoring verursacht aufseiten des Bauherrn nur minimalen Aufwand, sodass das eigene Personal nicht zusätzlich belastet wird. Wenig Aufwand für den Bauherren, schneller Senkung von Kosten und Emissionen – das ist der Start in einen nachhaltigen Gebäudebestand!

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*) Dr. Stefan Plesser, Geschäftsführer von synavision