Australien hat sich während der Pandemie abgeschottet: Niemand kam mehr rein, niemand mehr raus. Und das ist weitgehend bis heute so. Hat diese Strategie auch nicht bewirkt, dass das Land komplett von Corona verschont blieb, hat sie doch dazu beigetragen, dass das wirtschaftliche und soziale Leben weitestgehend weiterlief und Einschränkungen zwischenzeitlich komplett aufgehoben wurden. Mit ein Grund, warum das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bereits im ersten Quartal dieses Jahres wieder auf Vorkrisenniveau lag. Gemäß Reserve Bank of Australia (RBA) befindet sich das Land zurzeit in einer robusten Aufschwungsphase, die mit einer BIP-Steigerung von 5,3% (2022: 4%) einhergehen wird. Auch die OECD prognostiziert mit 5,1% einen ähnlichen Wert.
Vor allem die Nachfrage nach Maschinen und Ausrüstungen steigt deutlich. Das nationale Statistikamt sieht die für 2021/22 geplanten Ausgaben auf einem Fünf-Jahres-Hoch. Die Regierung stellt im Rahmen der „Modern Manufacturing Strategy“ rund 1 Mrd. US-Dollar an Fördergeldern bereit, pumpt aber auch viel Geld in den Infrastrukturausbau. Die geplanten Ausgaben für die kommenden zehn Jahre wurden um 10 Mrd. US-Dollar erhöht. Der Großteil davon soll in Verkehrsprojekte in Sydney, Melbourne, Brisbane und Perth fließen. In Melbourne ist beispielsweise die Vernetzung der Vororte durch einen „Suburban Rail Loop“ geplant; in Sydney soll die U-Bahn weiter ausgebaut werden – auch in Richtung des neuen, derzeit im Bau befindlichen Flughafens im Westen der Stadt.
Konjunkturstärke kommt am Immobilienmarkt an
All das wird sich auch positiv auf den australischen Immobilienmarkt auswirken, für den vieles spricht: Er zeichnet sich durch geringe Leerstandsraten und nachhaltige Flächenabsorptionen bei gleichzeitig moderatem Neuflächenwachstum aus. Vor allem in den Metropolen sorgt ein Nachfrageüberhang für weiteres Mietsteigerungspotenzial. Ein Signal, dass es in Down Under wieder bergauf geht – und zwar früher als andernorts.
Ein guter Zeitpunkt für den Einstieg in die gewerblichen Immobilienmärkte? Ja, es ist sogar der ideale Zeitpunkt. Und das hat mehrere Gründe: Das wichtigste Argument für ein Investment ist die Tatsache, dass die Ankaufsrenditen für Immobilien in Australien immer noch weit über denen in westeuropäischen Märkten liegen. Die Spitzenrenditen in Sydney betrugen zum Ende des dritten Quartals etwa 4,6%. In Kombination mit einem Zinsniveau auf Rekordtiefstand – der Leitzins liegt bei 0,1% – und wirtschaftlichen Wachstumsperspektiven ergibt sich ein attraktives Umfeld für Investitionen.
Bieterkonkurrenz hat sich vorübergehend rar gemacht
Ein weiterer Aspekt: Internationale Investoren machen sich rar, weil sie aufgrund der Reisebeschränkungen kaum eine Chance haben, vor Ort anzukaufen. Das gelingt nur, wenn man bereits vor der Pandemie eine Repräsentanz mit einem lokalen Team in Australien aufgebaut hat. Die Real I.S. ist seit 2012 in Sydney vertreten – und war nach Angaben von Colliers im dritten Quartal 2021 der einzige ausländische Akteur mit einer größeren Transaktion am australischen Immobilienmarkt. Vor allem im vergangenen Krisenjahr hat sich gezeigt, dass ein Team vor Ort nicht nur dann hilfreich ist, wenn es um die Koordination von An- und Abreisen oder generell um eine effizientere Organisation geht. Technische Umbauten oder energetische Maßnahmen, die der Werterhöhung eines Objekts dienen, können viel bequemer und unkomplizierter vor Ort betreut werden – etwa Genehmigungen durch die Behörden. Aber auch die Kontrolle von Bauarbeiten und die Klärung von drängenden Fragen gehen schneller und einfacher, wenn die Kommunikation nicht erst um den halben Erdball läuft, mit bis zu zehn Stunden Zeitverschiebung.
Diese Standortstärke trägt letztlich auch maßgeblich zur Abschlussstärke bei. Da das aber nur auf wenige ausländische Investoren zutrifft, sinkt die Zahl der potenziellen Konkurrenten im Bieterverfahren. Es ist davon auszugehen, dass sich nach Öffnung der australischen Grenzen der Kapitalzufluss, vor allem auch aus dem asiatischen Raum, wieder erhöht, was zwangsweise zu einem höheren Wettbewerb unter den Bietern und damit zu Preiserhöhungen führen wird. Zudem verhalten sich auch die australischen Pensionskassen derzeit zurückhaltend, nachdem auf dem Höhepunkt der Pandemie Anleger einen Teil ihrer Pensionsansprüche frühzeitig abziehen durften.
Rahmenbedingungen sprechen für baldige Rückkehr der Investoren
Doch diese Konkurrenz dürfte in absehbarer Zeit zurückkehren. Sobald die Reiserestriktionen gelockert werden, werden auch ausländische Anleger den Immobilienmarkt wiederentdecken – und infolgedessen die Objektpreise steigen und die Renditen sinken. Denn die wirtschaftlichen Perspektiven für Australien sind ausgesprochen gut, da das Land rechtzeitig damit begonnen hat, sich von seiner starken Fokussierung auf Rohstoffe und Bodenschätze zu lösen und sich mehr und mehr auf den Dienstleistungssektor zu konzentrieren. Bedeutend für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung Australiens ist auch, dass das Land im November 2020 zu den Unterzeichnern der „Regional Comprehensive Economic Partnership“ (RCEP) gehörte, des weltweit größten Freihandelsabkommens – dem auch China angehört, ebenso wie Japan, Südkorea, Indonesien und viele weitere Länder.
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*) Michael Wecke, Director Real I.S. Australia Pty Ltd