Japan verfügt über den größten Markt für Mehrfamilienhäuser in der sogenannten Westpazifik-Region „APAC", zu der Asien, Australien und Ozeanien zählen. Hier leben zusammengenommen mehr als 5 Mrd. Menschen. Grund genug für institutionelle Investoren, mehr als einen flüchtigen Blick auf diesen Wirtschaftsraum zu werfen.
Besonderes Augenmerk verdient Tokio. Die City mit ihren 23 Bezirken hat 9,7 Mio. Einwohner (Stand: Januar 2023), die Metropole Tokio rund 14 Mio. Einwohner. Der Großraum Tokio, der sich über drei umliegende Präfekturen erstreckt, zählt sogar mehr als 36 Mio. Einwohner und ist damit einer, wenn nicht der größte Ballungsraum der Welt.
Tokio entwickelt sich weiter rasant und ist laut der CBRE-Studie „APAC Investor Intention Survey 2023" das vierte Jahr in Folge der attraktivste Immobilienmarkt im asiatisch-pazifischen Raum. Dort besteht ein chronisches Unterangebot an Wohnflächen gepaart mit einer wachsenden Nachfrage.
Japan kämpft zwar mit generellem Bevölkerungsschwund, der bei rund 0,2% jährlich liegt – eine Entwicklung, die auch in vielen westlichen Staaten zu beobachten ist. Aber die jüngeren Kohorten fungieren als Motor des regionalen Bevölkerungswachstums. So wuchs Tokio zum Beispiel in den 15 Jahren vor der Pandemie um rund 0,8% pro Jahr. Bereits 2023 hat das Bevölkerungswachstum in Tokio mit 0,5% wieder spürbar angezogen, Tendenz steigend. Rund 100.000 der Neuankömmlinge waren zwischen 15 und 29 Jahre alt. In der Altersgruppe der unter 25-Jährigen wohnen 96,5% zur Miete. Und das wird auch sicher so bleiben. Denn die durchschnittlichen Preise für Eigentumswohnungen sind binnen zehn Jahren um 6,1% per anno gestiegen. In der Pandemie explodierten die Preise mit einem Plus von 36%. Die Kombination aus gestiegenen Kaufpreisen und erhöhten Hypothekenanforderungen dürfte den Erwerb von Wohneigentum in den Metropolen immer schwieriger machen.
Die Alternative bleibt der Mietwohnungsmarkt, dessen Angebot der steigenden Nachfrage schon lange hinterherhinkt. Eine Untersuchung von Savills IM belegt, dass die Unterversorgung im Mietwohnungssegment im Großraum Tokio ein chronisches Problem ist: Zwischen 2014 und 2019 betrug das Defizit durchschnittlich etwa 17.000 Einheiten pro Jahr. Über die vergangenen zehn Jahre bis 2023 gerechnet, beträgt das Defizit an Mietwohnungen im Großraum Tokio durchschnittlich 14.000 Einheiten jährlich. Dabei ist der Stopp der Binnenwanderung infolge der Corona-Pandemie einkalkuliert.
Die Fundamentaldaten sprechen für ein Engagement im Mehrfamilienhausmarkt in Japan. Der Wohnungsbedarf ist auf lange Sicht betrachtet immens. Gleichzeitig ist das Rendite-Risiko-Profil des Mehrfamilienhaussektors im Vergleich zu Büro und Logistik wesentlich attraktiver.
Aus Investorensicht ist es auch wichtig zu wissen, dass die Entwicklung der Wohnungsmieten auf der Nachfrageseite neben dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) vor allem durch Arbeitslosigkeit und Lohnwachstum geprägt wird: Die Korrelation zwischen Japans Beschäftigungsquote und dem Mietwachstum liegt bei 0,7. Das Lohnwachstum hat eine Korrelation von 0,57 mit Japans Mietwachstum; die Korrelation mit dem BIP beträgt nur 0,25.
Zurzeit bieten sich gute Chancen für einen Einstieg in den japanischen Immobilieninvestmentmarkt – die Wirtschaftswachstumsprognose ist robust, die Arbeitslosigkeit gering (2,4%) und die Zinsen sind niedrig. Die Bank of Japan hält an ihrer Politik des billigen Geldes fest, um den Wirtschaftsaufschwung nach der Corona-Rezession nicht zu gefährden. Die geldpolitische Anpassung wird wahrscheinlich weiterhin schrittweise erfolgen – nach der ersten Anhebung in diesem Frühjahr und einer weiteren im Juli. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass Umfang und Tempo der Zinsanpassung signifikant sein werden. Ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Stabilität und Zinsnormalisierung herzustellen, dürfte die Zinspolitik weiter prägen. Gleichzeitig haben die Finanzmärkte auf die jüngste Zinserhöhung reagiert. Es ist davon auszugehen, dass die Zentralbank in Zukunft vorsichtiger agieren wird. Investoren werden somit voraussichtlich auch in Zukunft ein günstiges Zinsumfeld vorfinden.
Der Sektor hat bewiesen, dass er makroökonomischen Schwankungen, demografischen Veränderungen und Angebotsherausforderungen standhält. Seine hohe Widerstandsfähigkeit macht den Mehrfamilienhausmarkt in Japan zu einer spannenden Option für Investoren, die nach Stabilität, Wachstum und attraktiven risikobereinigten Renditen streben. Wichtig ist dabei, einen disziplinierten fest in den Fundamentaldaten verankerten Investitionsansatz zu verfolgen.
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*) Christian Müller, Head of Research & Strategy Germany bei Savills Investment Management