IPE D.A.CH: Herr Hollung, was macht Logistikimmobilien derzeit so beliebt?
Hollung: Logistik ist derzeit die gefragte Assetklasse. Bei dem Thema Toilettenpapier und Atemschutzmasken hat sich gezeigt, wie wichtig Logistik ist. Die Branche lief vorher schon gut, aber jetzt rückt sie noch stärker in den Fokus. In Folge des Lockdowns hat es einen unwahrscheinlichen Schub für den E-Commerce vor allem auch im Lebensmittelbereich gegeben. Viele derjenigen, die sich bisher beim Online-Bestellen noch zurückgehalten hatten, werden wohl auch künftig diesen Kanal weiter nutzen. Die ohnehin schon hohe Nachfrage nach Logistikimmobilien in diesem Segment wird sich daher weiter verstärken. Selbst die angeschlagene Automobilbranche ist wieder verstärkt auf der Suche nach Logistikflächen. Die Umstellung auf E-Autos, die weiter steigende Modellvielfalt sowie das teilweise 20 Jahre lange Vorhalten von Ersatzteilen benötigt neue und größere Flächen.
IPE D.A.CH: Was sind die Vorteile von Logistikimmobilien gegenüber anderen Immobiliensegmenten?
Hollung: Logistikimmobilien haben wie Wohnimmobilien feste Mieteinnahmen, das heißt, die laufenden Erträge sind nicht umsatzabhängig wie oftmals im Einzelhandel. Viele Investoren wollen planbare und gut berechenbare Cash-flows. Unsere LIP-Fonds bieten das beispielsweise auf lange Sicht von etwa zehn Jahren. Außerdem haben Logistikinvestments geringere Schwankungen im Renditebereich als beispielsweise der Büromarkt. So wird gute Rendite mit einem geringen Risiko verbunden.
IPE D.A.CH: Welche Bedeutung hat die Mietvertragslaufzeit?
Hollung: Logistikimmobilien müssen auch ohne den jeweiligen Mieter funktionieren. Hier zählen selbstverständlich der Standort, die Ausstattung und die Wiedervermietbarkeit. Generell muss man im Logistikmarkt in der Regel mit kürzeren Mietvertragslaufzeiten planen, weil die Mieter selbst oft auch nur drei- oder fünfjährige Dienstleistungsverträge von den Auftraggebern aus Industrie und Handel erhalten. Die gute Nachricht ist jedoch, dass rund 90% der Mietverträge verlängert werden. Dennoch ist es entscheidend, den Markt gut zu kennen. Dann funktioniert es auch mit der Nachvermietung. Gerade bei kürzeren Mietvertragslaufzeiten erhält man sich zudem die Chance auf Mietsteigerungen, die einen der angespannte Flächenmarkt bietet. Bei Mietvertragslaufzeiten von über zehn Jahren kann man dieses Potenzial nicht nutzen.
IPE D.A.CH: Wieviel Kapital müssen institutionelle Investoren für eine Fondsbeteiligung aufbringen?
Hollung: Kleinere Versorgungswerke, Pensionskassen oder Sparkassen beteiligen sich in der Regel mit Beträgen zwischen 5-10 Mio. Euro. Einige stocken dann während der Fondslaufzeit ihre Beteiligung noch auf. Größere Häuser suchen in der Regel Beteiligungen zwischen 20-30 Mio. Euro. Eine typische Größe in unseren Fonds sind 15 Mio. Euro. Ab einer Beteiligung von 10 Mio. Euro erhält man üblicherweise einen Sitz mit Stimmrecht im Anlageausschuss.
IPE D.A.CH: Welche Renditen kann der Anleger in Zeiten starker Renditekompression erwarten?
Hollung: Die Entwicklung der sinkenden Renditen betrifft natürlich den gesamten Immobilienmarkt. Für den dritten LIP-Fonds werden Renditen zwischen 4,75-5,25% erwartet, wobei konservativ gerechnet wurde. Unser erster Fonds war mit 6,75% kalkuliert, die Ausschüttung lag zuletzt bei 7,5%. Ziel ist es, die gestellte Marke zu übertreffen. Derzeit bieten Logistikinvestments noch immer eine um circa 2% höhere Überschussrendite als zum Beispiel 2007, so dass bei unverändert niedrigen Zinsen noch weiter steigende Preise und sinkende Renditen erwartet werden können.
IPE D.A.CH: Was spricht für den Logistikmarkt in Deutschland?
Hollung: Der deutsche Markt ist mit Abstand der größte Logistikmarkt in Europa. Gerade in Krisenzeiten sind deswegen hierzulande deutlich geringere Schwankungen am Markt zu verzeichnen als bereits bei den nächstgrößeren Märkten in Frankreich und Großbritannien. In Deutschland haben die Renditen selbst in der Wirtschaftskrise 2008/2009 um weniger als einen Prozentpunkt nachgegeben, während diese in anderen Märkten teils mehr als zwei Prozentpunkte verzeichneten. Das wird sich ähnlich auch in der Corona-Krise wiederholen.
IPE D.A.CH: Was sind die „Lessons learnt“ aus der Corona-Krise?
Hollung: Erfahrungen aus Krisen wie die der Corona-Pandemie stellen die weltweiten Lieferketten immer wieder auf den Prüfstand. Die Anfälligkeit dieses engen verzahnten Netzwerks wurde mit ausbleibenden Lieferungen, fehlenden Containern und unterbrochenen Supply Chains nur allzu deutlich. Doch wo liegt die Zukunft? Global, lokal oder „glokal“? Die Treiber der globalisierten Lieferketten - wie unterschiedliche Lohnstückkosten in den Weltregionen - werden durch Corona nicht verschwinden. Trotz aller positiven Aspekte von internationalen Wertschöpfungsketten wird Corona das Multisourcing beschleunigen. Mit der Verringerung der Abhängigkeit von einzelnen Zulieferern wird der Heimatmarkt und hier insbesondere die EU beim Bezug von Waren an Bedeutung gewinnen. Eine weitere Entlastung wird sicherlich auch eine höhere Lagerhaltung mit sich bringen. Die reine Lagerhaltung auf dem Lkw wird sich weiter reduzieren und zu weiteren Flächennachfragen führen. Einen Trend zur Rückverlagerung von Produktion durch das so genannte Nearshoring werden wir sicherlich bei Waren mit Versorgungsrelevanz erleben. Der Druck aus der Politik ist bereits hoch. Auch hier wird eine höhere Bestandshaltung zu neuen Flächengesuchen führen. Neben der internationalen Vernetzung und Multisourcing werden Daten und Digitalisierung immer wichtiger, um entlang der Supply Chain effizient managen, die richtigen Vorhersagen treffen und Lieferketten kurzfristig umstellen zu können.
IPE D.A.CH: Danke für die Einblicke.