Nur wenige Stunden bevor die überarbeitete Richtlinie für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (EbAV) von der Europäischen Kommission veröffentlicht werden sollte, brachte die deutsche bAV-Branche noch einmal ihre Befürchtungen zu den negativen Auswirkungen dieser Richtlinie auf ihr Geschäft vor.
Bei der diesjährigen Handelsblatt-Jahrestagung zur bAV in Berlin fragte Georg Thurnes, Vorstandsmitglied bei Aon Hewitt Deutschland, Klaus Wiedner, Leiter des Referats Pensions and Insurance in der Generaldirektion Binnenmarkt der Europäischen Kommission, über eine der Klauseln im durchgesickerten Entwurf der neuen EbAV-Richtlinie (IORP II).
Diese Klausel würde es Firmen verbieten, Teile der Verwaltung ihrer Pensionspläne selbst durchzuführen, weil zum Beispiel das Risikomanagement vom Treasury des Unternehmens abgekoppelt werden soll.
„Das wäre ein gewaltiger Schlag für Unternehmens-Pensionspläne weil derzeit die Arbeitgeber oft die Verwaltung und damit auch die Kosten übernehmen“, erläuterte Thurnes.
Bernhard Wiesner, Senior Vice President Pensions and Related Benefits bei der Bosch-Gruppe, bestätigte, dass das ein „Stoß ins Herz von Unternehmensplänen“ wäre.
Wiedner von der Kommission antwortete, dass es tatsächlich einen Interessenskonflikt geben könnte, wenn das Risikomanagement eines Pensionsplans vom Treasury eines Unternehmens durchgeführt wird, weil Arbeitgeber die Beiträge an die Pensionspläne niedrig halten wollen.
„Deshalb hatten wir Diskussionen, ob das erlaubt werden soll oder nicht. Aber über die letzten Tage gab es etliche Debatten darüber, ob es in bestimmten Fällen erlaubt werden soll – sie werden warten müssen und sehen, was der Donnerstag bringt“, sagte Wiedner im Hinblick auf die dann geplante Veröffentlichung der überarbeiteten EbAV-Richtlinie.
Deutsche bAV-Vertreter bleiben sehr skeptisch, wenn es um die neuen Regelungen geht und Wiesner befürchtet sogar „massive Nachteile“ für die deutsche bAV durch die neue Richtlinie.
Auch Gabriele Lösenkrug-Möller vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales versprach, dass die Regierung „mit den europäischen Partnern gemeinsam alles unternehmen wird, um eine Schwächung der bAV durch die Richtlinie zu verhindern“.
Eine weitere Angst ist zudem das fehlende Verständnis in Brüssel über die sozialpolitische Stellung der deutschen bAV im Gegensatz zu reinen Finanzdienstleistern.
Allerdings betonte Wiedner, dass auch EbAV, die fest in einem sozialen Netz eines Staates verankert sind, ein „Minimum an Governance-Regulierungen brauchen“.
Er erläuterte, EIOPA habe aus den QIS gelernt, dass „in einigen Mitgliedsländern die bAV Governance-Probleme hat“, ohne die Mitgliedsländer zu nennen.
„Einige Mitgliedsstaaten haben ihre Resultate wieder zurückgezogen, um zu verhindern, das sie veröffentlicht werden, weil sie so schlecht waren“, fügte er hinzu.
Deshalb werde EIOPA „weitere Studien durchführen, um Probleme besser zu beleuchten“.
Wiedner betonte außerdem, dass es zwar im Moment eine politische Entscheidung gewesen sei, Eigenkapitalanforderungen aus IORP II herauszunehmen, dass aber die „EIOPA immer der Meinung war, dass Solvency-Regulierungen für EbAV notwendig sind“.