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Kommentar: Es lebe der August!

Die größte Überraschung der vergangenen Quartale war gewiss die Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft. Wie konnte sie den Schock, den die US-Notenbank mit ihrer Anhebung der Leitzinsen um 500 Basispunkte in nur 17 Monaten ausgelöst hatte, derart unbeeindruckt überstehen?

Frédéric Leroux

Wir hatten durchaus die wesentlichen Faktoren ihrer möglichen Widerstandsfähigkeit ermittelt. Dies waren zusätzliche, während der Pandemie gebildete Sparguthaben, die starke Unterstützung für den Konsum leisten sollten, ein durch die gute Entwicklung von Finanz- und Immobilienwerten verstärkter Reichtumseffekt, Lohnerhöhungen, die den privaten Haushalten nach und nach ermöglichen, mit der Inflation fertigzuwerden, usw. Und dennoch mussten wir wie viele andere Quartal für Quartal das Datum des Beginns einer Konjunkturschwäche in den USA, mit der wir immer noch rechnen, weiter in die Zukunft verschieben.

Diese noch nicht eingetretene Konjunkturschwäche hat sich in einem Anstieg der Zinsen auf amerikanische und europäische Anleihen auf den höchsten Stand des Zyklus niedergeschlagen, der im März 2020 begann, obwohl die US-Gesamtinflation paradoxerweise von 9% im Juni 2022 auf 3,2% im Juli dieses Jahres zurückging. Dieser Druck auf die langfristigen Zinsen hat letztendlich die Aktienmärkte geschwächt. Während sie den Juli auf ihren Jahreshochs schlossen, mussten sie im August zwischen 5% und 9% wieder abgeben.

Steht zu befürchten, dass diese vorhersehbare Schwäche mit hohen Zinsen einhergeht?
Sollte man sich nicht vielmehr für die kommenden Monate von dieser Konjunkturschwäche eine „makellose Disinflation“ erhoffen, also eine durch die Zinsanhebungen ermöglichte Disinflation, die keine Rezession nach sich zieht?

Um diese Frage zu beantworten, ist es zunächst einmal hilfreich zu wissen, ob die zu beobachtende Divergenz zwischen Inflation und Zinssätzen anormal ist. Unsere Recherchen zeigen eindeutig, dass die Zinsen in der letzten langen Inflationsphase (1965-1980) erst nach einem Abflauen der Inflation zurückgingen, und das mit einem zeitlichen Verzug von sechs bis achtzehn Monaten. Umgekehrt ging einem Anstieg der Inflation systematisch ein Anstieg der Zinsen voraus. In diesem langen Zeitraum der Inflation, die sich wellenförmig entwickelte, haben die Anleihenmärkte richtigerweise damit gerechnet, dass die Inflation länger anhalten würde. Deshalb dauerten im Vergleich zur Inflation ihr Anstieg länger und ihr Rückgang kürzer an.

Das in den vergangenen Quartalen beobachtete Verhältnis zwischen Preisen und Anleihenzinsen folgt mit zeitlicher Verzögerung dem Rückgang der Inflation, was „normal“ ist, wenn man die Möglichkeit von anhaltendem Inflationsdruck einräumt.

Es schließt hingegen nicht die Möglichkeit eines bevorstehenden Rückgangs der Anleihenzinsen aus, solange die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken in ihrem Kampf gegen die Inflation nicht infrage gestellt wird.

Vor diesem Hintergrund sollte man auf das hören, was gute Ökonomen sagen. Ihre Botschaft ist klar: Die Anspannung auf dem Arbeitsmarkt und die Möglichkeit einer schon baldigen Erholung des verarbeitenden Gewerbes in den USA werden die Fed dazu veranlassen, ihre Leitzinsen solange wie möglich auf hohem Niveau zu belassen, die dann letztendlich für den erwarteten Konjunkturrückgang sorgen werden. Denn die zusätzlichen Ersparnisse schmelzen so schnell dahin wie der Schnee in der Sonne. Sie bieten nur noch ein recht dünnes Sicherheitspolster für die Verbraucher, die die Wirtschaft doch stark gestützt haben. Auch die Effekte der geldpolitischen Straffung werden immer erst zeitverzögert in der Wirtschaft spürbar. In diesem Fall war diese Straffung auf einen so kurzen Zeitraum konzentriert, dass sich ein guter Teil der Auswirkungen wahrscheinlich überhaupt erst noch einstellen muss.

Zum Zeitpunkt dieses Artikels ist es daher durchaus denkbar, dass der August der Monat sein wird, in dem die Zinssätze zum ersten Mal seit März 2021 über der Kerninflation (ohne Lebensmittel und Energie) liegen werden. Da saisonale Effekte weiterhin einen Preisrückgang begünstigen, dürfen wir zudem hoffen, dass die Zinsen auf 10-jährige US-Anleihen von ihrem Höchststand im August von 4,36% allmählich wieder auf 3,5% sinken werden.

Unter dieser Annahme gibt es keinen besonderen Grund, von einer Verschlimmerung der jüngsten Korrektur der Aktienmärkte auszugehen. Ganz im Gegenteil gibt es viele Gründe anzunehmen, dass Anleihenanlagen zu einer guten Entwicklung unserer Portfolios beitragen werden. Growth-Aktien mit hoher Transparenz und guter Qualität, die von den Märkten hoch bewertet werden, werden dann, begünstigt vom Rückgang der langfristigen Zinsen, ihren Kursanstieg fortsetzen.

Die Märkte haben wie viele von uns im August eine Pause eingelegt. Sie scheinen den Wunsch zu hegen, nach dieser Sommerpause ihre neu getankte Kraft unter Beweis zu stellen. Wir sollten jedoch weiterhin ein hohes Maß an Wachsamkeit walten lassen, denn vielleicht zeigen uns die Zinsen, dass die Hydra der Inflation noch nicht niedergestreckt ist. Unsere Aufgabe ist es daher, einen Teil unserer Anlagen rechtzeitig in Vermögenswerte umzuschichten, die damit am besten umgehen können. Die Rückkehr des Konjunkturzyklus erfordert Wendigkeit.

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*) Frédéric Leroux, Mitglied des Strategic Investment Committee und Head of Cross Asset bei Carmignac