Aus großen professionell gemanagten Portfolios sind Immobiliendirektinvestments kaum noch wegzudenken. Die reichsten Privatpersonen und Familien dieser Welt haben im Durchschnitt rund 30% ihrer Vermögen in die Assetklasse investiert. Denn Immobilien sind wenig korreliert zu Aktien oder Anleihen, sorgen also für günstige Diversifizierungseffekte im Depot. In den vergangenen Jahren, wo die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken die jahrzehntelang bestehende Negativkorrelation von Aktien und Anleihen teilweise aufgehoben hat, ist diese Eigenschaft besonders gefragt.
Immobilien gelten zudem als geeigneter Wertspeicher in Inflations- und Krisenzeiten. Im bisherigen Verlauf der COVID-19-Pandemie hat das zumindest bei Wohnimmobilien trotz stark gestiegener Bewertungen gut funktioniert, während etwa die Segmente Hotel und Gastronomie wegen der Lockdowns Federn lassen mussten.
In der Theorie entfalten Immobilien ihre positive Wirkung auch in kleineren Portfolios. In der Praxis aber übersteigt das Volumen eines Direktinvestments die Mittel der meisten Anleger, geschweige denn, dass sie eine Diversifizierung innerhalb der Assetklasse realisieren könnten. Der Weg über Immobilienfonds oder REITs wiederum bedeutet – neben hohen Gebühren – eine Beteiligung an einem vorgefertigten Portfolio, das nicht unbedingt zu den eigenen Präferenzen und zur sonstigen Portfoliostruktur passt. Für ein echtes Immobilienpicking bei kleinen Anlagesummen bieten sich bestimmte Verbriefungsvehikel an.
Zu Unrecht abgestraft
Seit der Finanzkrise von 2008 hat Verbriefung im Zusammenhang mit Immobilien einen zweifelhaften Leumund, da sie mit der Subprimekrise in Verbindung gebracht wird, die als ein Auslöser des globalen Finanz-GAUs gilt. Diese pauschale Abwertung ist jedoch nicht gerechtfertigt. Das Problem der hypothekenbesicherten Wertpapiere (MBS), die im Vorfeld der globalen Finanzkrise massenhaft begeben wurden, war, dass sie Kredite niedriger Qualität und hoher Rangausläufe verbrieften und diese zudem in Tranchen verkauften. Als die Subprimeblase mit extrem überbewerteten Hypothekenkrediten niedrigster Bonität platzte, wurde das gesamte Portfolio „infiziert“, und die hohen Ratings vieler MBS wurden zur Makulatur.
Dagegen war und ist eine andere Art der Verbriefung von Immobilienkrediten in allen Krisenszenarien sehr sicher: der deutsche Hypothekenpfandbrief. Das liegt daran, dass sein Inhaber im Fall eines Kreditausfalls ein erstrangiges grundpfandrechtliches Recht zur Verwertung der als Sicherheit hinterlegten Immobilie genießt – und der Pfandbrief zudem per Gesetz mit höchstens 60 Prozent des Beleihungswerts hinterlegt wird. Zu einem Bewertungscrash, der selbst Inhabern von Hypothekenpfandbriefen Verluste beschert hätte, ist es auch während der Krise von 2008 nicht gekommen.
Pfandbriefe allerdings verbriefen Portfolios aus Hunderten oder Tausenden Hypothekenkrediten ähnlicher Bonität. Eine Exposure gegenüber Einzelimmobilien ist damit nicht möglich. Eine Methode, die das in kleiner Stückelung ermöglicht, ist die sogenannte Tokenisierung. Unter Einsatz der Blockchain-Technologie können Beteiligungen an Einzelkrediten oder auch Eigentumsrechte an Einzelimmobilien oder Teilen davon simuliert werden. Crowdinvestment-Plattformen setzen oft auf Tokenisierung oder sammeln direkt Mittel von Investoren ein.
Damit verlässt der Anleger allerdings die Welt des Wertpapierdepots. Für diese Investments gibt es bislang keinen globalen Standard, sie unterliegen sehr unterschiedlichen nationalen Regulierungen, die unterschiedlich stark sind. Das kann zu unerwarteten Risiken führen. So muss beispielsweise jede Plattform selbst die Geldwäscheanforderungen erfüllen, anstatt die erprobten Standards des regulierten Bankensystems zu nutzen. Die Technologie impliziert auch, dass der Investor seine Investments nicht innerhalb seines Wertpapierdepots verwalten kann, sondern dafür eine separate Dokumentation oder ein Krypto-Wallet benötigt.
Gewohnte Plattform, erprobter legaler Standard
Sogenannte Real Estate Linked Certificates (RELINCs) gehen einen anderen Weg. Wie die genannten Token-Lösungen bilden sie Eigentumsrechte an einzelnen Immobilien oder Bruchteilen davon nach, jedoch verfügen sie über eine internationale Wertpapierkennnummer und können damit innerhalb des gewohnten Wertpapierdepots verwaltet werden. Anders als bei der Tokenisierung verlässt der Anleger das regulierte Bankensystem nicht.
Dafür wird unter dem Dach einer spezifischen Verbriefungsgesellschaft für jede Immobilie – das kann ein einzelnes Apartment sein – ein sogenanntes Compartment geschaffen. Die Verbriefungsgesellschaft wird als juristische Person als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen. Ähnlich dem Sondervermögen eines Investmentfonds ist die Immobilie durch die Compartmentstruktur im Insolvenzfall der Gesellschaft vor dem Zugriff Dritter geschützt. Der wichtige Unterschied hierbei: Auch mögliche Schwierigkeiten bei einer anderen Immobilie unter dem gemeinsamen Dach tangieren die anderen Compartments nicht.
In einem nächsten Schritt begibt das einzelne Compartment RELINCs mit einem bestimmten Nennwert, die den Anspruch auf den Netto-Cashflow aus der Bewirtschaftung der jeweiligen Immobilie und auf den Wertzuwachs bei Verkauf des RELINCs verbriefen. Um die Bewirtschaftung selbst kümmert sich die Muttergesellschaft. Formal handelt es sich bei dem RELINC um ein Zertifikat, jedoch mit dem entscheidenden Unterschied zu den meisten anderen Zertifikaten, dass sein Wert von einem realen Wertgegenstand (der Immobilie) gedeckt ist und kein Emittentenrisiko besteht.
Die Nachfrage nach Lösungen, die individuelle Exposure gegenüber Einzelimmobilien ermöglichen, wird weiter zunehmen. Innovationen im Bereich der Verbriefung und neue Technologien schaffen hierfür neue Möglichkeiten. RELINCs sind derzeit die fortgeschrittenste Lösung, die den Aufbau eines diversifizierten Portfolios aus fraktionierten Einzelimmobilien innerhalb des Wertpapierdepots erlaubt und dabei die Sicherheit grundbuchähnlicher Rechte bietet.
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*) Matthias Oetken, CEO, Estating S.A.