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Kommentar: Multi-Factor Investing – Hohe Renditen durch Strategiekombination

Beim Portfoliomanagement von institutionellen Aktienportfolios erfreuen sich Multi-Factor-Investing-Strategien zunehmender Beliebtheit. In Multi-Factor-Portfolios sollen Aktienmarktrisikoprämien zielgerichtet kombiniert werden, um effizienter zu diversifizieren und damit konstantere Ergebnisse zu liefern. Das Multi-Factor Investing ist dem Spektrum der Smart-Beta-Strategien zuzuordnen. Der Markt für Smart-Beta-Produkte ist im europäischen Raum einer der am schnellsten wachsenden unter seinesgleichen.

Sebastian Hofmann-Werther

Smart-Beta-Strategien können als Mittelweg zwischen aktiven und passiven Investmentstrategien gesehen werden. Sie können genutzt werden, um Risikofaktoren bewusst aufzunehmen und die Portfoliokonstruktion kosteneffizienter zu gestalten. Zwei grundlegende Varianten von Smart-Beta-Strategien haben sich am Markt etabliert – Multi-Factor-basierte und strategiebasierte Smart-Beta-Strategien. Die strategiebasierte Variante wählt Wertpapiere anhand grundlegender Unternehmensdaten aus, wie zum Beispiel Cash-Flow-Durchschnittswerten, Umsatz, Dividenden oder den Buchwert des Eigenkapitals. Beim Multi-Factor Investing dagegen dienen bestimmte Eigenschaften von Aktien, also Faktoren, als Entscheidungsgrundlage bei der Portfolio-Zusammenstellung. Solche Faktoren sind zum Beispiel Value, Momentum, Qualität, geringe Volatilität oder Größe. Durch die zielgerichtete Gewichtung dieser unterschiedlichen Faktoren soll beim Multi-Factor Investing eine effiziente Diversifizierung, Risikostreuung und Renditeoptimierung gewährleistet werden.

Beim Value Investing werden Aktien identifiziert und ausgewählt, die im Vergleich zur Benchmark oder in Relation zu ihrem intrinsischen Wert noch unterbewertet sind und entsprechendes Potential haben – so genannte Value-Aktien. Diese Strategie geht zurück auf Benjamin Graham und David Dodd, die sie nach dem Börsencrash 1929 begründeten. Grahams Schüler Warren Buffet hat es durch das Value Investing bekannterweise zu großer Berühmtheit und großem Reichtum gebracht. Anstelle einer einfachen Suche nach „billigen“ Aktien, ist es hierbei wesentlich unterbewertete Aktien richtig zu identifizieren. Bei der Integration von Value im Portfolio ist Geduld geboten, denn Value-Aktien performen meist erst auf lange Sicht sehr gut, während sie in kürzeren Investmenthorizonten sehr schwach sein können.

Bei der Momentum-basierten Investment Strategie, die sich in den frühen 1990er Jahren manifestierte, sind besonders die jüngsten Entwicklungen der Aktie relevant. Das Ziel der Strategie besteht darin, Seitwärtsbewegungen zu vermeiden und in den Phasen der Kursgewinne investiert zu sein. Betrachtet werden bei dieser Strategie beispielsweise Aktien, deren Performance während der letzten zwölf Monate deutlich über der Benchmark lag und bei denen angenommen wird, dass sich diese herausragende Performance für kurze Zeit fortsetzen wird. Die starken Kursbewegungen können auf verzögerten oder übertriebenen Reaktionen der Investoren basieren, die vorübergehend noch nicht eingepreist werden. Die Kunst liegt nun darin, den richtigen Zeitraum zu erkennen, solange die Aktie noch beschleunigt ansteigt.

Value- und Momentum-Aktien sind negativ korreliert. In Bärenmärkten zeigen Value-Aktien die Tendenz sehr gut zu performen. Dies hat vorrangig mit der breiten Streuung der verschiedenen Bewertungen und den damit verbundenen besseren Profitchancen zu tun.

Qualitäts-Aktien sind, was die Renditen betrifft, in Bullen- und Bärenmärkten stabil. Bei dieser Investmentmethode stehen Aktien von Unternehmen im Fokus, die im Vergleich zu anderen kontinuierlich Rendite ausschütten. Diese Unternehmen sind typischerweise durch hohe Profitabilität, niedrige Verschuldung und geringe Ertragsvolatilität gekennzeichnet. Diese Eigenschaften sind Voraussetzung für relativ konsistente Renditen. Qualität ist einer der stabilsten Faktoren und Qualitäts-Aktien performen bei Bärenmärkten meist besser als der Markt. Doch fallen Überschussrenditen nicht so hoch aus, wie es beispielsweise bei Value und Momentum passieren könnte. Gegenteilige konjunkturelle Muster finden sich beim Faktor „geringe Volatilität“. Aktien, die bei dieser Investmentstrategie von Bedeutung sind, stammen von Unternehmen mit im Vergleich zum restlichen Markt stabileren Renditemustern. Sie weisen außerdem typischerweise ein geringeres Risiko auf. Ihre Kurse neigen dazu, in einem Bärenmarkt zurück zu gehen und im Bullenmarkt zu steigen. Dementsprechend ist ihr absolutes Risiko sehr gering, aber das aktive Risiko sehr hoch. Der Faktor ist zwar nicht für das Erreichen von hohen Renditen relevant, ist aber nützlich, um die absolute Volatilität des Portfolios zu reduzieren oder das Portfolio-Beta zu kontrollieren.

Ein weiterer Faktor ist Größe. Grundannahme hierbei ist, dass ausgesuchte kleinere Unternehmen generell ein höheres Potential zur Outperformance haben als große Unternehmen. Die Volatilität ist meist gleich hoch wie im restlichen Markt, aber der Faktor kann ein hohes aktives Risiko haben.

Für Investoren kann die Identifikation und geeignete Zusammenstellung aus der großen Anzahl der zur Auswahl stehenden Faktoren eine Herausforderung darstellen. Da die jeweiligen Investmentziele zudem variieren, ist die richtige Faktorengewichtung jeweils anders auszurichten. Vom Vorgehen her ist eine systematische Analyse der Kriterien Rendite, Risiko und Korrelation ratsam. In schwachen Marktphasen trägt der Faktor Value am meisten zur Generierung von potentiell hohen Renditen bei. Darauf folgen Momentum, geringe Volatilität und schließlich Qualität. Wird zusätzlich zur potentiellen Rendite das Risiko in Betracht gezogen, gewinnen manche Faktoren aufgrund der unterschiedlichen Risikolevel im Vergleich zu den anderen an Gewicht. Ist das vorrangige Investmentziel ein möglichst geringes Risiko, so ist eine geringe Volatilität der wichtigste Faktor. Nachgeordnet sind in diesem Fall die Faktoren Qualität, dann Value und schließlich Momentum. Nachdem der Investor sich über sein Renditeziel im Klaren ist und weiß, wie viel Risiko er bereit ist, für dieses Ziel aufzunehmen, folgt schließlich die Analyse der Korrelation, also der Stärke des Zusammenhangs der eingesetzten Renditebringer.

Ein Kernportfolio aus Aktien mit einer bestimmten Gewichtung der oben beschriebenen Faktoren, kann für Institutionelle Investoren somit unserer Meinung nach auch im aktuell schwierigen Marktumfeld, das durch anhaltende Niedrigzinsen und internationale marktpolitische Unsicherheiten geprägt ist, eine ausgleichende Anlagemethode sein. Durch die geschickte Kombination dieser verschiedenen charakteristischen Aktienklassen beim Multi-Factor Investing können Risiken durchaus besser gegeneinander ausgewogen und konstante, risikoadjustierte Renditen erreicht werden.

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*) Sebastian Hofmann-Werther ist Managing Director, Head of German speaking & Eastern Europe, bei <link am-guide>Russell Investments.
Russell Investments bietet Institutionellen Investoren seit über 40 Jahren Multi-Asset-Management-Lösungen an. Zusätzlich zu individuellen Investmentlösungen plant die Gesellschaft in Kürze die Auflage eines global investierenden Multi-Factor-Aktien-Fonds.