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Kommentar: Performance-Faktoren verhelfen Aktien und Anleihen zu ESG-Spitzenplätzen

Die zunehmende Reife von ESG-Anlagen führt dazu, dass Anleger kritischer werden und eher auf Einflussnahme setzen statt auf die Veräußerung kritischer Titel. Als wichtigster Faktor, warum Investoren nach ESG-Kriterien anlegen, hat sich in diesem Jahr Performance – ein niedriges Risiko bei besserer Rendite - herausgestellt.

Steven Bayly

Das ausgehende Jahr 2019 war sehr entscheidend für ESG-Anlagen, die einen deutlichen Sprung aus der Nische in den Mainstream gemacht haben. Die Daten der RBC Global Asset Management Responsible Investing Survey 2019, die in Zusammenarbeit mit BlueBay Asset Management durchgeführt wurde, verzeichnet zwei aufeinander folgende Jahre mit einem wesentlichen Anstieg von ESG-fokussierten Anlagestrategien. Mittlerweile haben sich ESG-Strategien zu einem der wichtigsten Anlageprodukte entwickelt.

Regional gesehen stieg die ESG-Akzeptanz in Großbritannien und in Kanada mit Werten von 97% bzw. 80% weiter an, während in den USA die Akzeptanzraten mit rund 65% unverändert auf dem Niveau des Jahres 2018 blieben. Weltweit setzt die überwiegende Mehrheit der institutionellen Anleger stark auf ESG-Grundsätze und arbeitet mit Anlageberatern und Vermögensverwaltern an der Anwendung ESG-basierter Strategien.

Mehr als Lippenbekenntnisse
Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der Studie: Institutionelle Anleger, die ESG-Grundsätze anwenden, tun dies in einem größeren Maße. Je größer die Akzeptanz, desto vertrauter werden die Anleger mit den Konzepten und Ausdrucksweisen von ESG und desto präziser wird ihr Denken und nuancierter und taktischer ihr Ansatz.

Nun da ESG von einem branchenspezifischen Schlagwort in das Mainstream-Vokabular übergeht, zeigt sich, dass Anleger länger und gründlicher darüber nachdenken, welche Elemente tatsächlich einen Mehrwert schaffen und das Risiko in ihren Portfolios mindern.

Im Jahr 2018 wurde unter den Befragten, die bereits ESG-Grundsätze umgesetzt hatten, als häufigster Grund dafür die Treuhänderpflicht genannt. Kurz darauf folgte die Überzeugung, dass die Einbeziehung von ESG-Kriterien zu einem geringeren Risiko und höheren Renditen führen würde.

Im Jahr 2019 stellt sich die Lage umgekehrt da – die Performance (geringeres Risiko und verbesserte Rendite) ist mittlerweile der am häufigsten genannte Grund für die Integration von ESG-Kriterien.

Nachfrage aus dem Fixed Income-Bereich
Während Aktien die beliebteste Anlageklasse für die Einbeziehung von ESG-Faktoren bleiben, sind festverzinsliche Wertpapiere mit einem geringen Abstand auf Platz zwei vorgerückt.

Für die Studie wurden die Anleger gefragt, ob es wichtig sei, ESG-Faktoren sowohl in die Aktien- als auch in die Anleihestrategie einzubeziehen. Fast die Hälfte gab an, dass ESG in beiden Bereichen gleich wichtig sei.

Erfreulicherweise fiel die Zahl der Befragten, die angaben, dass es nicht genügend Fixed Income-Produkte mit ESG-Faktoren gebe, von 43% im Vorjahr auf 37,6%, was darauf hindeuten könnte, dass die Vermögensverwaltungsbranche auf die Nachfrage nach mehr ESG-Angeboten reagiert.

Es scheint also, dass in dieser Hinsicht Fortschritte erzielt wurden, doch unserer Meinung nach gibt es noch mehr Potenzial.

Der Prozentsatz der Befragten, die angaben, dass sie sich nicht sicher seien, ob es genügend festverzinsliche Produkte mit ESG-Faktoren auf dem Markt gebe, stieg von 42,7% im Vorjahr auf 46,3%.

Im Hinblick auf die Emittenten von festverzinslichen Wertpapieren halten institutionelle Anleger ESG-Faktoren sowohl für Unternehmen als auch für staatliche Emittenten als am entscheidendsten. Etwa ein Drittel der Befragten nannte diese beiden Gruppen.

Wie managt man ESG-Anlagen am besten?
Wie fast jeder andere Bereich des Investment Managements werden auch ESG-Anlagen von passiven Strategien beeinflusst. Das aktive Management ist laut der RBC-Umfrage jedoch der dominierende Ansatz.

Die Teilnehmer der Umfrage wurden 2019 erstmals gefragt, wie viel Prozent ihres Portfolios im Rahmen eines Responsible-Investment-Ansatzes aktiv verwaltet werden. Insgesamt lag der Durchschnittswert bei etwa 61%. Die meisten Befragten gaben an, eine Mischung aus aktivem und passivem Management für ihre Responsible-Investment-Portfolios zu verwenden, während 28,1% der Befragten nur auf aktives Management und 10% auf rein passives Management setzen.

Einflussnahme auf Veränderungen
Einer der Hauptvorteile des aktiven Managements bei ESG-Anlagen besteht darin, dass es Möglichkeiten bietet, die über die reine Veräußerung hinausgehen.

Neben der Entscheidung, eine Anlage abzustoßen, haben aktive Anleger auch die Möglichkeit, auf Unternehmen Einfluss zu nehmen und mit der Unternehmensführung zusammenzuarbeiten, um ökologische, soziale und/oder Governance-Praktiken und -Strukturen zu verbessern. Dies kann im ESG-Bereich einen wesentlichen Unterschied machen.

Laut Umfragedaten messen institutionelle Anleger in Europa und Großbritannien der Einflussnahme derzeit die größte Bedeutung bei: 66,7% von ihnen bezeichnen diese Methode als effektiver als die Veräußerung, im Vergleich zu 54,3% im Jahr 2018.

Da ESG inzwischen zu einem Mainstream-Konzept bei institutionellen Anlegern geworden ist, ist es nun Aufgabe der Branche, die Nachfrage zu befriedigen – sowohl durch das Angebot von Produkten, die den Bedürfnissen der Anleger entsprechen, als auch durch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Emittenten, um dringende ESG-Themen anzugehen. Wir sind sehr daran interessiert, dass Fixed Income-Anlagen sich weiterhin neben Aktien als beliebteste ESG-Anlageklasse behaupten, die den Anlegern Potenzial für eine Performanceverbesserung bietet.

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*) Steven Bayly ist Head of Northern Europe bei BlueBay Asset Management.