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Kommentar: Secondaries als Schutzwall gegen drohende Mittelabflüsse

Das Investmentumfeld für Immobilienfonds hat sich innerhalb relativ kurzer Zeit radikal gewandelt. Auslöser waren in erster Linie die straffen Zinserhöhungen, die bald vor zwei Jahren ihren Anfang nahmen. Und daran ändern auch die jüngsten homöopathischen Zinssenkungen wenig. Offene Immobilienpublikumsfonds bekommen das zu spüren: Die Branche vermeldet erstmals seit vielen Jahren wieder Nettomittelabflüsse, allein im ersten Quartal 2024 nach BVI-Angaben per Saldo rund 900 Mio. Euro. Branchenweit bisher kein Grund zur Panik, der Rating-Agentur Scope zufolge sind die Liquiditätspolster dick genug. In Einzelfällen kann es aber jetzt schon eng werden. Und was, wenn der Trend anhält? Kommt es dann zu Fondsschließungen oder Notverkäufen?

Alex Gadeberg

Das wiederum wirft die Frage auf, wie es denn um die institutionellen Immobilien-Spezial-AIFs bestellt ist. Droht dort ein ähnliches Szenario? Wenn ja, könnte das schneller zur Bedrohung werden, denn die Liquiditätspolster dort sind wesentlich kleiner als bei offenen Publikumsfonds. Zudem reichen aufgrund der kleineren Granularität schon wenige ausstiegswillige Investoren, um einen Fonds in Schieflage zu bringen. Dabei sagt ein Anleger, der vorzeitig aussteigen will, nichts aus über die Qualität des Fondsportfolios. Wie bei jedem Anteilshandel, stehen auf der anderen Seite interessierte Investoren, die auf eine Möglichkeit zum Einstieg warten.

Es ist also nicht notwendig, dass institutionelle Investoren ihre Fondsanteile an den Asset Manager beziehungsweise die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) zurückgeben. Grundsätzlich sind die Fondsanteile fungibel, also übertragbar. Ein liquider Handelsplatz, der Käufer und Verkäufer zusammenführt, nützt daher Verkäufern, neuen Investoren und nicht zuletzt dem Asset Manager. Er muss keine Ab- und Zuflüsse managen oder schlimmstenfalls Verkäufe einleiten, um die nötige Liquidität zu schaffen.

Märkte für solche Secondaries sind international, speziell im Private-Equity-Bereich, längst etabliert. Die in angelsächsischen Märkten übliche Anlagestrategie bietet eine Möglichkeit, Mittelabflüsse zu managen und gleichzeitig die Integrität eines Fonds zu bewahren. Auch hierzulande wäre es an der Zeit, dass sich entsprechende Angebote durchsetzen. Wobei der Begriff „Secondaries“ oder „Sekundärmarkt“ zu hinterfragen ist, denn wer spricht bei liquiden Assetklassen wie Aktien und Anleihen vom Sekundärmarkt? Es geht schließlich auch hierbei um nichts anderes als einen Handel mit bereits emittierten Investmentprodukten – wie bei einer klassischen Wertpapierbörse.

Es kann durchaus viele gute Gründe geben, weshalb ein institutioneller Investor aus dem Anlegerkreis eines Spezial-AIFs aussteigen möchte. Gerade in fundamental veränderten Immobilienmärkten passen die Investoren ihre strategischen Allokationsziele an. Manche Anleger wollen oder müssen deshalb umschichten, sowohl bei den Assetklassen oder auch innerhalb des Immobiliensegments mit seinen unterschiedlichen Nutzungsarten. Hinzu kommt, dass bei vielen Immobilien und Fondsportfolios zusätzliche Investitionen etwa aufgrund strengerer Nachhaltigkeitskriterien nötig werden, die anfangs noch nicht eingeplant waren. Manche Investoren wollen sich engagieren – andere nicht.

Secondary-Märkte ermöglichen es strategischen Verkäufern, ihre Fondsanteile auf geeigneten und regulierten Sekundärmärkten an interessierte Investoren zu übertragen, bei einer marktgerechten und Compliance-konformen Preisbindung und mit der nötigen Diskretion. Dies verhindert nicht nur die Notwendigkeit von Zwangsverkäufen innerhalb des Fonds, sondern erhält auch die Liquidität und Stabilität des Fonds. Es drohen keine Nachteile für bisherige Mitinvestoren und somit auch keine Reputationsrisiken.

Für interessierte Investoren bietet der Einstieg über Secondaries in Immobilien-Spezialfonds ebenfalls Vorteile: Sie steigen in ein bereits laufendes Produkt mit bekanntem Track Record und nachvollziehbarer Performance ein. Die Objekte haben ihre Rentabilität bewiesen, die Fondsmanager gezeigt, was sie können. Für Käufer mit opportunistischen und Value-Add-Strategien bieten sich mitunter Chancen durch Revitalisierungsprojekte. Ein liquider und regulierter Sekundärmarkt sorgt für faire, unabhängige und Compliance-gerechte Marktpreise. Er ist ein rechtssicherer Handelsplatz, auf dem Transaktionen dank regulierter Reportingstandards transparent und effizient abgewickelt werden können.

Und natürlich profitieren auch die Asset Manager und Kapitalverwaltungsgesellschaften, denn wenn strategisch ausstiegswillige Anteilseigner ihre Fondsanteile einfach und geräuschlos an interessierte Investoren weiterreichen, werden Mittelabflüssen vermieden und es droht kein Reputationsschaden. Im Gegenteil können Value-Add-Investoren Eigenkapital für Revitalisierungen in den Fonds einbringen und das Portfolio somit in die nächste Lebenszyklusphase überführen.

In den vergangenen Jahren haben sich bereits internationale Secondaries-Märkte etabliert, die mittlerweile ein Transaktionsvolumen von mehreren Milliarden Euro jährlich verzeichnen. Diese Handelsplätze bieten den notwendigen regulatorischen Rahmen und die technologische Infrastruktur, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Fondsmanager von Spezial-AIFs sollten daher zum Nutzen bestehender Kunden und neuer Investoren die Möglichkeit von Secondary-Transaktionen aktiv in ihre Liquiditätsstrategie integrieren.

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*) Alex Gadeberg, Vorstand, Fondsbörse Private Markets