Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2017, das Anfang des Jahres in Kraft trat, hat das Marktumfeld jedoch stark verändert, und Investoren weht nun ein deutlich rauerer Wind entgegen. So ist beispielsweise die für Windprojekte realisierbare EEG-Anfangsvergütung durch die Umstellung auf das Ausschreibungsverfahren in den letzten Monaten stark gesunken: Lag die bisherige Vergütung über 8 ct/kWh, ist der durchschnittliche Zuschlagswert in den letzten drei Gebotsrunden kontinuierlich zurückgegangen, von 5,71 ct/kWh im Mai 2017 über 4,28 ct/kWh im August auf 3,82 ct/kWh im November.
Ebenfalls problematisch für Investoren ist die Dominanz von Bürgerenergie-Projekten unter den bezuschlagten Geboten. So wurden in allen drei Ausschreibungsrunden 2017 jeweils mehr als 95% des ausgeschriebenen Volumens an Bürgerenergiegesellschaften vergeben. In der letzten Runde waren es sogar über 99%. Die Konsequenz: Für institutionelle Anleger wird es in Zukunft auf dem deutschen Wind-Markt deutlich weniger attraktive Anlagemöglichkeiten geben. Aus den vergangenen Tendern beispielsweise gibt es lediglich 13 Projekte, die Finanzinvestoren zugänglich sind. Diese neuen Bedingungen in Deutschland verdeutlichen, dass die wichtigste Anlageregel auch für Investments in Windenergie gilt: Ohne Diversifikation geht es nicht.
Ausländische Projekte verringern Portfolio-Volatilität
Investoren, die ihrem Portfolio ausländische Projekte selektiv beimischen, können nicht nur von günstigen Rahmenbedingungen auf anderen Märkten profitieren. Auch die Schwankungsintensität des Portfolios in puncto Windaufkommen kann reduziert und damit die Erträge stabilisiert werden. In Deutschland etwa weht der Wind unregelmäßig: War 2016 ein eher unterdurchschnittliches Windjahr, sorgte im Oktober 2017 die Strom-Überproduktion durch Herbststurm „Herwart“ zeitweise für Negativpreise an der Energiebörse EEX.
Gleichmäßiger als in der Bundesrepublik ist dagegen das Windaufkommen beispielsweise in Finnland. Diese regionalen Unterschiede können Investoren bei der Asset-Allokation strategisch für sich nutzen. So zeigen Korrelationsanalysen historischer Windgeschwindigkeiten, dass sich die Schwankungsbreite des Portfolios verringert, wenn negative Korrelationen zwischen den Windstärken einzelner Länder bei den Anlageentscheidungen beachtet werden.
Abbildung 1: Durchschnittliche jährliche Abweichung historischer Windgeschwindigkeiten (Onshore)
Quelle: re:cap global investors ag
Abbildung 2: Korrelationsmatrix Wind Europa (Onshore)
Quelle: re:cap global investors ag
Ein theoretisches Beispiel: Betrachtet man den Zeitraum von 1997 bis 2016, beträgt die Volatilität der mittleren Windgeschwindigkeit eines ausschließlich aus deutschen Anlagen bestehenden Portfolios 3,21%. Ein ausgewogeneres, internationales Portfolio mit Investitionsanteilen in mehreren europäischen Ländern hat dagegen eine Volatilität von lediglich 1,99%.
In der Praxis konnte der heute noch zu 75% in Deutschland investierte FP Lux Wind Infrastructure I, ein Teilfonds des Luxemburger Spezialfonds FP Lux Investments S.A. SICAV-SIF, mit der Akquisition von finnischen und französischen Projekten die Schwankungsintensität des Windes im Gesamtfonds von 3,21% auf 2,92% reduzieren.
Abbildung 3: Portfolio-Vergleich
Quelle: re:cap global investors ag
Keine Experimente
Bei der Länderauswahl steht Investoren zur Diversifikation prinzipiell die Welt offen, denn inzwischen wird der Ausbau der Windenergie in mehr als 90 Ländern vorangetrieben. Doch bei der Standortselektion spielt nicht nur der Zubau eine Rolle: So sind Osteuropa und Großbritannien zwar durchaus interessante Märkte, sollten aufgrund regulatorischer und aktueller politischer Risiken (Stichwort: Brexit) jedoch mit Vorsicht genossen werden. In Polen etwa ist kürzlich das neue Gesetz über Investitionen in Windparks in Kraft getreten, das Investoren unter anderem die Standortsuche extrem erschwert. So darf beispielsweise die Entfernung, die Windparks einhalten müssen, nicht kürzer sein, als die zehnfache Höhe des Windparks, gerechnet von der höchsten Stellung des Rotorblatts. Diese Vorschrift unterscheidet sich von ähnlichen Regelungen in anderen europäischen Ländern, wo die minimale zulässige Entfernung geringer und in der Regel mit Einhaltung der Schallschutz-Bestimmungen verbunden ist.
Auch in asiatischen Märkten wie China oder Indien gibt es Fallstricke. Gemessen an installierter Windkraftleistung liegt China zwar mit rund 169 GW (Stand: 2016) weltweit an der Spitze und Indien brachte 2016 mit 3,6 GW so viel Leistung ans Netz wie nie zuvor, für westeuropäische Investoren sind die Markteintrittsbarrieren allerdings immer noch recht hoch. Zu ihnen zählen beispielsweise spezielle Local-Content-Anforderungen sowie die Vorgabe, dass Chinesen die Mehrheit der Anteilseigner stellen müssen.
Für Anleger, die lieber keine Experimente eingehen, haben sich aus unserer Sicht neben dem deutschen Heimatmarkt stattdessen Regionen im zentral- und westeuropäischen Raum sowie in Skandinavien bewährt.
Frankreich beispielsweise zeichnet sich durch einen stabilen Rechtsrahmen und langfristige Bemühungen der Politik um günstige Bedingungen für Windenergie aus. Im Jahr 2016 erlebte der Sektor einen regelrechten Boom: Es wurden Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 1.561 MW neu installiert. Das entspricht einem Wachstum von 45% gegenüber dem Vorjahr. In den kommenden Jahren wird ein weiterer Marktzuwachs erwartet. Bis 2018 soll die französische Windenergiekapazität auf 15.000 MW ausgebaut werden. Erleichtert wird dieses Vorhaben durch ein vereinfachtes Verwaltungsverfahren für die umweltschutzrechtliche Genehmigung von Erneuerbare-Energien-Anlagen: Seit März 2017 müssen Projektträger dafür nur noch einen einzigen Antrag stellen. Bei Windanlagen wird dadurch die vormals 15- bis 24-monatige Genehmigungsfrist voraussichtlich auf neun Monate verkürzt. Ein weiteres Entgegenkommen der Politik: Die französische Regierung gewährt bei ihrer Umstellung des Förderregimes auf Ausschreibungen eine Ausnahmeregelung. Windparks mit maximal sechs Anlagen und jeweils höchstens drei MW Leistung müssen nicht an den Ausschreibungen teilnehmen, die im November starteten, sondern können weiter die staatlich festgelegten Einspeisetarife in Anspruch nehmen.
Skandinavien bleibt Schlüsselmarkt
In Skandinavien ist besonders Finnland aufgrund überdurchschnittlicher Windgeschwindigkeiten, eines stabilen Länderratings und transparenter Strukturen ein attraktiver Markt mit großem Zubaupotenzial und einer geschätzten durchschnittlichen Wachstumsrate von 13 Prozent pro Jahr (2017-2020). Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wird dabei von der Politik stark vorangetrieben: Laut der Deutsch-Finnischen Handelskammer will die finnische Regierung den Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch bis 2020 auf 50% erhöhen. Ausländische Investoren sind bei diesem Vorhaben gerne gesehen. Sie sind berechtigt, Unterstützung von der öffentlichen Wirtschaftsförderagentur Finpro ry zu erhalten. Dafür wurde eigens ein „Invest in Finnland“-Programm gegründet. Darüber hinaus profitieren Investoren von hochqualifizierten Arbeitskräften und einer gut entwickelten Zuliefererindustrie.
Auch Schweden hat ehrgeizige Ziele: 60% des erzeugten Stroms stammen bereits aus regenerativen Quellen, bis 2040 soll die gesamte Stromerzeugung auf erneuerbare Energien umgestellt sein. Als Haupttreiber ist dabei die Windkraft vorgesehen, denn die dünne Besiedlung des 10 Mio. Einwohner starken Landes bietet viele geeignete Standorte für große Windenergieprojekte. In den vergangenen Jahren ist die Erzeugungskapazität der Windenergie stetig gestiegen. Mit einem Wachstum von 14% im Jahr 2015 und 10% im Jahr 2016 betrug die Kapazität aus Windanlagen Ende 2016 bereits mehr als 6,4 GW.
Die „Wiege der Windenergie“, Dänemark, deckt dagegen bereits knapp 38% ihres Energiebedarfs mit Windkraft ab. Aufgrund dieses hohen Bestandes wird der weitere Zubau mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (2017-2020) von lediglich fünf Prozent als moderat eingeschätzt. Große Potenziale gibt es demnach voraussichtlich nicht mehr zu heben, jedoch bietet sich der stabile Markt weiterhin als ein solider Baustein für die Risikodiversifikation an.
Um die Volatilität ihres Windportfolios zu streuen, Erträge zu stabilisieren und trotz sinkender Zuschlagswerte die üblicherweise angestrebten Renditen von rund fünf bis sechs Prozent zu erzielen, steht Investoren also ein breites Angebot an Alternativen zum deutschen Markt zur Verfügung. Entscheidend für den Erfolg sind dabei sowohl das Zubaupotenzial als auch stabile, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen sowie ein Netzwerk an zuverlässigen Partnern vor Ort.
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*) Thomas Seibel ist Geschäftsführer des international tätigen Anlage- und Transaktionsberaters re:cap global investors ag. Mit einem spezialisierten Team aus vorwiegend Solar- und Windenergieexperten betreut die re:cap ihre Kunden bei der Bewertung und Auswahl geeigneter Projekte. Auf Wunsch fungiert sie auch als Betreiber der Anlagen und prüft diese regelmäßig auf Prozess- und Erlösoptimierungen. Als Boutique bietet die re:cap erstklassige und hochwertige Beratung für institutionelle Investoren bei ihren Investments in Infrastrukturprojekte im Bereich der Erneuerbare Energien. So wurden im Auftrag der Kunden aus über 8.000 Megawatt geprüfter Projekte bereits mehr als 500 Megawatt empfohlen und erworben.