In Reaktion auf Covid-19 haben die Regierungen Hilfspakete geschnürt, um der Wirtschaft und öffentlichen Diensten wie dem Gesundheitswesen unter die Arme zu greifen und Unternehmen und private Haushalten über Wasser zu halten, während die Steuereinnahmen mit der Wirtschaftsaktivität einbrachen. Die Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte veranlassten einige Regierungen dazu, ihre Staatsfonds anzuzapfen, um Ausgaben zu finanzieren und Haushaltsdefizite auszugleichen. Mehr als ein Drittel der Staatsinvestoren sah sich im Jahr 2020 mit Mittelabrufen konfrontiert, darunter 78% der Liquiditäts- aber auch 58% der Investment-Investoren.
Viele Staatsfonds haben durch die globale Finanzkrise gelernt, wie wichtig der Aufbau hoher Liquiditätsreserven ist, und konnten die heimische Wirtschaft und große Unternehmen, die eine Stabilisierungsfinanzierung benötigten, erfolgreich unterstützen. Bei den anderen hatten Ausmaß und Tempo des Mittelabzugs jedoch erhebliche Auswirkungen auf die Allokationen und führten zu einem Umdenken in Bezug auf das Liquiditätsrisikomanagement. Dies hat zu einer Verschiebung in Richtung Barmittel geführt. Im Jahresverlauf 2020 haben sich die Liquiditätsreserven der Portfolios mehr als verdoppelt, da einige Staatsinvestoren für weitere Mittelentnahmen gerüstet sein wollten.
Die Staatsinvestoren gaben jedoch auch an, dass die Pandemie die grundsätzliche Bedeutung ausreichender Liquiditätsreserven verdeutlicht habe, sowohl als Puffer für ähnliche unvorhersehbare Risikoereignisse als auch zur Sicherstellung der nötigen Flexibilität, um sich bietende Marktchancen zu nutzen, wie zum Beispiel bei der Aktienmarktrally Anfang 2020.
Der Mittelabzug stellte auch eine von Land zu Land und Region zu Region unterschiedliche Herausforderung dar. 57% der Fonds im Nahen Osten und 82% in den Schwellenländern verzeichneten Mittelentnahmen, die vor allem im Zusammenhang mit ihren überwiegend rohstoffbasierten Volkswirtschaften standen. In den asiatischen und westlichen Märkten wurde etwa ein Fünftel der Staatsfonds von der jeweiligen Regierung angezapft. Viele dieser Fonds sprangen ein, um Unternehmen zu unterstützen, die andernfalls Schwierigkeiten gehabt hätten, im Pandemieumfeld eine Finanzierung zu erhalten.
Wie die Studie zeigt, ist es zudem zu einer Verschiebung bei der Vermögensaufteilung gekommen: Da die Zinsen und Anleiherenditen durch die extrem expansive Geldpolitik noch weiter gesunken sind, haben sich die Staatsinvestoren gezwungen gesehen, nach neuen Renditequellen Ausschau zu halten. Mit den wiederaufkeimenden Sorgen über eine stimulusgetriebene Inflation sanken die Allokationen in Zinsprodukte von 34% auf 30%. Die Marktvolatilität im ersten Quartal 2020 führte zu einem Anstieg der Aktienquoten, wodurch sich ein zweijähriger Trend sinkender Allokationen umkehrte. Die Staatsinvestoren erhöhten ihre Allokationen auf 28%, was einem Anstieg um 2% gegenüber 2020 entspricht. Weitere 30% der Befragten wollen ihre Aktienallokation in den nächsten zwölf Monaten erhöhen.
Rod Ringrow, Head of Official Institutions bei Invesco, sagt zu den Ergebnissen: „Angesichts der haushaltspolitischen Herausforderungen, vor denen sie gestanden haben, haben die Regierungen die Staatsfonds angezapft, um ihre Ausgabendefizite zu schließen. Einige Fonds waren darauf gut vorbereitet, andere mussten kurzfristige Maßnahmen ergreifen, um Liquidität zu generieren. Den Staatsfonds ist auch bewusster geworden, wie wichtig es ist, ausreichende Liquiditätsreserven zu haben, um kurzfristig aktiv werden zu können, wenn sich neue Marktchancen eröffnen. Gleichzeitig hat die Herausforderung, in einem extremen Niedrigzinsumfeld auskömmliche Renditen zu erwirtschaften, bedeutende und potenziell langanhaltende Auswirkungen auf die strategische Asset Allokation und die Wahrnehmung des Marktrisikos.“
Pandemie rückt ESG stärker in den Fokus
Wie die Studie zeigt, hat die Orientierung der Staatsfonds und Zentralbanken an ESG-Erwägungen (Umwelt, Soziales und Governance) seit 2017 deutlich zugenommen. Innerhalb von nur vier Jahren ist der Anteil der Befragten, die eine ESG-Richtlinie haben, dramatisch gestiegen – von 46% auf 64% unter den Staatsfonds und von 11% auf 38% unter den Zentralbanken.
Die Covid-19-Pandemie war ein Auslöser dieser stärkeren Fokussierung auf ESG. Fast ein Viertel (23%) der Staatsfonds und 45% der Zentralbanken orientieren sich infolge der Pandemie stärker an ESG-Kriterien. Je erfahrener und kompetenter ein Investor in Bezug auf die ESG-Integration ist, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass die Pandemie die Fokussierung auf ESG-Erwägungen nochmals verstärkt hat. Von den Befragten, die seit mindestens fünf Jahren ESG-Kriterien berücksichtigen, haben rund 50% die Pandemie zum Anlass genommen, ihre ESG-Ausrichtung nochmals zu verstärken.
Damit hat in Bezug auf nachhaltiges Investieren ganz offensichtlich ein deutliches Umdenken stattgefunden – in der Studie 2017 hatten sich einige Staatsinvestoren noch wenig gewillt gezeigt, überhaupt ESG-Kriterien zu berücksichtigen, und schon gar nicht in einer Krise, in der andere Anliegen eine mindestens ebenso hohe Priorität haben. Die Orientierung an ESG-Kriterien hat jedoch auch mit den unterschiedlichen Aufgaben der Staatsfonds zu tun.
So konzentrieren sich beispielsweise Liquiditätsinvestoren mehr auf die Aufrechterhaltung der Liquidität, um die Finanzierung von Haushaltsfehlbeträgen zu unterstützen, und nur 12% der Liquiditätsinvestoren haben eine formale ESG-Richtlinie. Im Gegensatz dazu haben 79% der Liability-Staatsinvestoren eine ESG-Richtlinie, was ihren längeren Anlagehorizont und die Notwendigkeit widerspiegelt, langfristige Risiken wie den Klimawandel zu berücksichtigen, sowie die Notwendigkeit, die Ansichten und Prioritäten ihrer Begünstigten zu berücksichtigen.
Gleichzeitig haben die Staatsinvestoren ihr Research zu nachhaltigen Anlagemöglichkeiten intensiviert. Ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass klimabezogene Investitionen durchaus chancenreich sein können, hat zu einer Verschiebung bei den Beweggründen für die ESG-Integration beigetragen: Immer mehr Staatsinvestoren betrachten ESG-Investitionen als Möglichkeit, höhere Renditen zu erzielen. 57% sind der Ansicht, dass der Markt die langfristigen Auswirkungen des Klimawandels noch nicht eingepreist hat und sich dadurch Chancen für Mehrerträge eröffnen.
Trotz geopolitischer Risiken: Mit der nachlassenden Covid-19-Gefahr kehren die Staatsinvestoren nach China zurück
Chinas Attraktivität hat in den letzten vier Jahren kontinuierlich zugenommen, angetrieben durch attraktive lokale Renditen und Diversifikationsmöglichkeiten. In den ersten Monaten des Jahres 2020, als die Tragweite der Covid-19-Pandemie noch unklar war, gehörten die Staatsinvestoren zu den Anlegern, die taktische Umschichtungen aus vermeintlich krisenanfälligen Märkten wie China in weniger risikoreiche Investitionen – vor allem in die relative Qualität und Sicherheit von Nordamerika und insbesondere US-Anleihen – vornahmen.
Durch ihre schnelle Reaktion auf die Covid-19-Pandemie haben sich aufstrebende Volkswirtschaften im asiatisch-pazifischen Raum auch schneller wieder erholt. Dadurch ist der chinesische Markt für 40% der Investment-Investoren und 56% der Liquiditätsinvestoren jetzt attraktiver als vor der Pandemie. Die erhöhten Allokationen in die Region gingen auf Kosten von Europa, dem Nahen Osten und anderen Schwellenmärkten wie Lateinamerika und Afrika, die als weniger attraktiv für Investitionen angesehen wurden.
China-Anlagen sind für Staatsinvestoren zwar zunehmend interessant, ein Engagement an diesem Markt ist für sie jedoch weiter mit nennenswerten Hürden verbunden. 86% der Staatsinvestoren verweisen in diesem Zusammenhang auf das angespannte Verhältnis zu den USA, das ihre Allokationsentscheidungen beeinflusst. Politische Risiken sind nicht nur das größte Investitionshemmnis für Staatsinvestoren, sondern auch das, bei dem die meisten Befragten angeben, dass es in den letzten zwei Jahren zu einer noch größeren Herausforderung geworden ist.
Weitere genannte Hürden sind die Unfähigkeit, RMB zu konvertieren (von 50% der Staatsinvestoren genannt), eine fehlende Ausrichtung der Investments auf ESG-Erwägungen (45%) und vergleichsweise geringe Aktionärsrechte (41%).
Mit Blick auf die Zukunft zeigt die Studie, dass Staatsinvestoren den für dieses Jahr geplanten Ausbau ihrer Allokationen in China sowohl mit neuem Kapital als auch durch eine Rückführung ihrer Allokationen in Nordamerika und den entwickelten europäischen Märkten finanzieren werden. Chinas Entwicklung zu einer Wirtschaftsmacht, einem wichtigen politischen Akteur und einem dynamischen Konsummarkt mit einer wachsenden Mittelschicht und hoch digitalisierten Wirtschaft verspricht attraktive Renditen für ausländische Staatsinvestoren, die sich an diesem Markt engagieren. Wie die Umfrage zeigt, ist die Aussicht auf attraktive lokale Renditen für 75% der Staatsinvestoren die Hauptmotivation, um in China zu investieren. Weitere 57% betrachten ein Engagement in China als wichtigen Diversifikator für ihr Portfolio.
Viele Investoren sind weiterhin sehr bullish in Bezug auf China und planen einen weiteren Ausbau ihrer bestehenden Allokationen. 40% der Staatsinvestoren wollen ihre Allokationen in den nächsten fünf Jahren erhöhen. Bei den Liquiditätsinvestoren liegt der Anteil sogar bei 71%. Wie ein Liability-Investor erklärte, hat China noch immer die größten Märkte für nachhaltige Energie, Infrastruktur und Immobilienentwicklungen und 32% der Liability-Investoren wollen ihre Allokationen in China in den nächsten fünf Jahren erhöhen.
Ringrow abschließend: „Die zunehmende Attraktivität Chinas ergibt sich aus dem verbesserten Marktzugang und einer wachsenden Zahl an attraktiven Anlagechancen. Dabei sorgen Innovationen in Bereichen wie neuen Technologien und eine größere Offenheit für ausländische Investitionen in Sektoren wie Infrastruktur für zusätzliche positive Impulse. Gleichzeitig werden chinesische Unternehmen besser darin, Umweltthemen zu adressieren. Intransparente Governance-Strukturen bleiben jedoch ein Problemfeld, und die beobachtete Zunahme operativer Hürden unterstreicht die Besonderheit des chinesischen Marktes.“