Im Jahr 2020 haben Lufthansa und Wirecard den DAX 30 verlassen, Deutsche Wohnen und Delivery Hero wurden neu aufgenommen. Aufgrund dieser strukturellen Veränderungen im DAX 30 sank der Verpflichtungswert von 414,6 Mrd. Euro um 24,7 Mrd. Euro auf 389,9 Mrd. Euro.
Zum Jahresende lag der Wert mit etwa 410 Mrd. Euro um gut 20 Mrd. Euro bzw. etwa 5% höher als der so angepasste Vorjahreswert. Dies ist vor allem eine Folge des erneut gesunkenen Rechnungszinssatzes. Nachdem der Zins bedingt durch die Corona-Pandemie zunächst gesunken und im März schlagartig angestiegen ist, ist er dann bis zum Jahresende kontinuierlich abgesunken.
„Durch die Corona-Pandemie war es lange offen, wie sich das Zinsniveau zum Jahresende entwickeln wird. Im letzten Quartal ging der Zins noch einmal um 0,15 Prozentpunkte nach unten“, so Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland.
Der Rechnungszins nach der Mercer Yield Curve, einem Verfahren zur Herleitung des Rechnungszinssatzes nach IAS 19, ist demnach im Jahr 2020 für eine Duration von 15 Jahren von etwa 1,3% auf etwa 1,0% und für eine Duration von 20 Jahren von circa 1,5% auf ca. 1,17% gesunken.
„Die tatsächliche Zinsveränderung in den einzelnen Unternehmen hängt von der Bestandszusammensetzung und dem gewählten Zinsermittlungsverfahren ab. Wir gehen davon aus, dass die DAX 30-Unternehmen den Rechnungszins im Durchschnitt um 0,4 Prozentpunkte gesenkt haben“, so Hagemann weiter.
Ohne eine Änderung beim Rechnungszins und ohne die Veränderung bei der Zusammensetzung des DAX 30 wären die Verpflichtungswerte nahezu unverändert geblieben, weil Dienstzeit- und Zinsaufwand 2020 in etwa genauso hoch waren wie die getätigten Zahlungen.
Zu beachten ist, dass es sich bei dem Anstieg der Pensionsverpflichtungen zunächst nur um eine rein bilanzielle Bewertung handelt. Die Verpflichtungen selbst sind in der Regel nicht zinsabhängig, das heißt, die späteren Versorgungszahlungen werden durch die Zinsentwicklung grundsätzlich nicht beeinträchtigt. Die bilanziellen Effekte aus der Zinsänderung werden zudem erfolgsneutral erfasst, belasten also nicht das Unternehmensergebnis.
Turbulentes Aktienjahr führt zu einem Absinken der Pensionsvermögen
Durch die geänderte Zusammensetzung des DAX 30 sank das Pensionsvermögen 2020 um etwa 18 Mrd. Euro. Das Pensionsvermögen in der neuen Zusammensetzung des DAX 30 belief sich zum 1. Januar 2020 auf 258,6 Mrd. Euro und sank im Laufe des Jahres 2020 auf 251,7 Mrd. Euro. Da die Ein- und Auszahlungen in etwa gleich hoch waren und das Pensionsvermögen damit nicht nennenswert verändert haben, bedeutet das Absinken eine negative Rendite von etwa 3%.
„Mit Blick auf die Kapitalmärkte war 2020 bedingt durch die Corona-Pandemie ein sehr turbulentes Jahr. Beinahe alle Anlageklassen haben eine wechselhafte Entwicklung durchgemacht, sowohl in positiver als auch zeitweise in negativer Hinsicht“, erklärt dazu Jeffrey Dissmann, Leiter Investment Consulting in Deutschland bei Mercer.
Die deutlichen Covid-19-Marktschwankungen im vergangenen Jahr zeigten, wie schnell sich die Märkte verschieben können. Vom 19. Februar bis zum Tiefpunkt am 23. März 2020 fiel der breite Aktienmarktindex (MSCI All Countries World Index) um 33,6% und stieg, bis die Verluste am 12. August 2020 wieder ausgeglichen waren, um 50,2%. Anfang Dezember 2020 lag der Anstieg seit dem Covid-19-Crash sogar bei 67,3 Prozent. Ende des vergangenen Jahres lagen die Aktienstände dann etwa 6% über dem Jahresanfangsniveau. Ein ähnliches Bild, jedoch mit etwas geringerer Gesamtperformance, zeigte der Euro-Aktienmarkt mit etwa 1% Jahresperformance.
Gemessen am Bloomberg Barclays Global Aggregate in Euro Hedged hat sich auch der Bereich der Anleihen über das Gesamtjahr 2020 mit +4,2% positiv entwickelt, bedingt durch weiter fallende Risikoaufschläge und Zinsen.
„Es kam also bei den Investoren sowohl auf die Diversifizierung als auch auf die Umschichtungen innerhalb des Jahres an. Wir erwarten in den Pensionsvermögen der Unternehmen im DAX 30 daher eine ungewohnt hohe Divergenz der einzelnen Ergebnisse in den Jahresabschlüssen“, so Dissmann.
2021 bleibt eine Herausforderung
Die Corona-Krise hat nach Ansicht von Mercer 2020 vieles durcheinandergewirbelt. Sie ist aber noch nicht zu Ende. „Es ist nicht auszuschließen, dass der Zins wieder sinken und der Verpflichtungsumfang weiter steigen wird. Daher bleibt es empfehlenswert, modernere Zusageformen ohne Garantien – insbesondere Zinsgarantien – zu wählen“, erklärt Hagemann.
„Auch 2021 wird ein spannendes Jahr werden. Neben der Pandemie erwarten wir, dass der Regierungswechsel in den USA den Kapitalmarkt prägen wird. Jedoch gilt es schon jetzt, die Wertpapierportfolien im Blick zu behalten und so anzupassen, dass Ausfälle möglichst minimiert werden können“, betont Dissmann abschließend.