Die Zeiten ändern sich, und mit ihnen die Märkte. Einen rapiden Wandel vollzieht gerade der Markt für Assets zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Während sich hier noch vor wenigen Jahren vor allem institutionelle Investoren tummelten, die auf stabile und regelmäßige Einnahmen Wert legten, lockt das Segment mit dem bevorstehenden Ende der staatlichen Einspeisevergütungen immer risikofreudigere Großinvestoren in den Markt.
Inzwischen treibt nicht nur Deutschland, sondern auch die Europäische Union im Rahmen ihres „Green Deals“ den Ausbau alternativer Energien massiv voran. Und mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs ist das Thema Energiesicherheit ganz oben auf die Tagesordnung gerückt. Auf dem Strommarkt wirken sich diese Entwicklungen bereits heute stark aus – in Gestalt deutlich steigender Preise und einer Zunahme der Volatilität.
Gewinner und Verlierer stehen fest – wirklich?
Auf den ersten Blick scheinen Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung festzustehen: Während der Spotmarkt mit zusätzlichen Renditechancen risikofreudigen Investoren in die Hände spielt, haben die eher risikoaversen das Nachsehen.
Doch das tatsächliche Bild ist so eindeutig nicht, denn auch für konservativere Investoren wie Versicherer bieten sich auch im veränderten Marktumfeld weiterhin attraktive Möglichkeiten. So sind zum einen Bestandsobjekte kaum betroffen, da hier die Entwicklung des Strompreises während der Vertragslaufzeit nur eine Nebenrolle spielt und die Stromvermarktung genauen vertraglichen Regelungen unterliegt. Das Auf und Ab des Strompreises lässt sich hier allenfalls zur kurzfristigen und moderaten Renditeoptimierung nutzten.
Hingegen gewinnt der längerfristige Strompreistrend an Bedeutung, sobald die erwartete Lebenszeit des Assets die vertraglichen Bindungen übersteigt. Hier gilt: In dem Maße, in dem der Strompreis steigt, wächst zugleich auch der beizulegende Wert des Projekts.
Wie stark sie tatsächlich ins Risiko gehen wollen, sollten sich jedoch auch die weniger konservativen Investoren genau überlegen. Tatsächlich bergen insbesondere Projekte, die noch nicht in Betrieb sind, ein teils erhebliches Risiko für die Vermarktungsstrategie. Auch wenn der Spotmarkt angesichts der stark gestiegenen Preise ein beträchtliches Ertragspotenzial bereithält, kann bei einbrechendem Markt im schlimmsten Fall die Rendite in den negativen Bereich drehen.
Sicherheit durch PPAs
Auch für Investoren, die Markchancen nutzen, aber nicht ins volle Risiko gehen wollen, gibt es interessante Optionen und Absicherungsmöglichkeiten. Zum einen steht ihnen in bestimmten Märkten ein gewisses Zeitfenster mit der Wahlmöglichkeit zwischen der Vermarktung über den Spotmarkt und der Überführung in die Welt fester Einspeisetarife offen. Während diese Periode bislang möglichst kurz gehalten wurde, lässt sich inzwischen beobachten, dass die Möglichkeiten, kurzfristig vom hohen Spotpreis zu profitieren, aktiver genutzt werden.
Zum anderen bietet sich in einigen Märkten die Option, auf Power Purchase Agreements (PPAs) zurückzugreifen. Diese beinhalten einen Vertragsschluss über längere Laufzeiten, der ein Unternehmen zur Abnahme einer bestimmten Strommenge für diesen Zeitraum zu einem festgelegten Preis verpflichtet. Das ist allerdings nicht immer unproblematisch. Da immer mehr und unterschiedlichere Arten von Unternehmen PPAs als Alternative für sich entdeckt haben, wird es künftig verstärkt darauf ankommen, das klassische Gegenparteienrisiko zu bewerten und zu managen.
Zu vermeiden ist zudem der Fehler, ein Projekt aus dem Bereich der erneuerbaren Energien zu hundert Prozent über den PPA-Markt vertraglich abzusichern. Denn die Stromerzeugung aus Sonne und Wind ist naturgemäß volatil. Deutlich sinnvoller ist es daher, lediglich jenen Teil der Stromerzeugung über einen PPA abzusichern, dessen Produktion tatsächlich auch verlässlich möglich ist. Damit vermeidet es der Investor, kurzfristig Strom teuer zukaufen zu müssen, falls die Produktion geringer ausfällt. Was die nicht kontrahierte restliche Stromerzeugung anbelangt, so lässt sich diese über den Spotmarkt vermarkten. Zusätzlich ermöglicht das Forward Contracting auch kurzfristig eine weitere Reduzierung dieses Residuals im Rahmen eines aktiven Tradings. Für Laufzeiten von 18 oder 24 Monaten besitzt dieser Markt eine ausreichende Liquidität. Gerade bei der Wahl der eigenen Stromvermarktungsstrategie lässt sich somit das Risiko-Ertrags-Profil der Investition gut steuern.
Breite Streuung als Mittel zur Risikoreduktion
Zusätzlich lässt sich mittels Diversifikation das Erneuerbare-Energien-Portfolio stabilisieren. So bietet es sich zur Risikostreuung an, in solche Projekte zu investieren, deren Einspeiseprofile und Vermarktungsstrategien wenig korrelieren. Auch eine geographische Streuung der Assets kann hilfreich sein, weil sich damit Abhängigkeiten von einzelnen national orientierten Märkten vermeiden lassen.
Auch wenn sich der Markt der erneuerbaren Energien immer weiter vom standardisierten Modell entfernt und damit konservativeren Anlegern liebgewonnene Sicherheiten nimmt, bietet er diesen weiterhin interessante Möglichkeiten. Sie entscheiden selbst, ob sie ihre Assets aktiv bewirtschaften und Marktchancen unter Inkaufnahme der entsprechenden Risiken nutzen möchten, oder ob sie stattdessen ihre Renditestrategie mit konservativer Vermarktung und durch eine breite Streuung absichern.
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*) Carsten Haubner ist Portfoliomanager Sustainable Infrastructure bei KGAL.