Eine eigene Anlagekategorie „Venture Capital“ sollte Schweizer Pensionskassen dazu bringen, mehr in Start-Ups im eigenen Land zu investieren. Obwohl die Kategorie umgangssprachlich so genannt wird, ist es offiziell eine 5%-Quote für Anlagen in nicht-börsennotierte Schweizer Unternehmensbeteiligungen. Es zeigt sich jedoch, dass die Vorsorgeeinrichtungen wenig mit der Unternehmensfrühfinanzierung, die ein für sie völlig ungewolltes Risikoprofil aufweist, anfangen können.
Insgesamt investieren nicht einmal 100 der rund 1.300 Pensionskassen in diese Anlagekategorie, etliche davon haben dies bereits – über Sondergenehmigungen – vor Einführung der neuen Venture-Capital-Quote per Jahresbeginn 2022 getan. So etwa die Pensionskasse der Warenhausgruppe Manor, mit einem verwalteten Vermögen von rund 1,8 Mrd. Schweizer Franken. Hier werden schon länger rund 4,5% in Private Equity und davon wiederum ein Fünftel in Venture Capital investiert. In einem Interview mit der NZZ sagte PK-Vorstand Martin Roth, dass dieser Anteil vor allem wegen der Gebühren aber auch wegen dem mindestens zehnjährigen Bindungen an solche Venture Fonds nicht höher ist.
Bei einem Panel an der Fachmesse 2. Säule im Juni in Zürich bestätigte Michael Sidler von der Venture-Capital-Firma Redalpine, mit Sitz in der Schweiz, dass viele institutionelle Investoren des Landes – „wie generell europäische Institutionelle im DACH-Bereich – in Venture Capital eine Unterallokation“ aufweisen.
Für den heimischen Markt wurde deshalb von Redalpine ein besonderes Produkt aufgelegt, das einige Bedenken der Anleger adressieren soll. Es ist ein „phasen-agnostisch investierendes Produkt, dass auch über Branchen diversifiziert“. So soll das Risiko einer reinen Start-Up-Finanzierung in einem Sektor über den Fonds gestreut werden.
Schwierig sei für Anbieter in der Schweiz jedoch die Einschränkung, dass Pensionskassen, die über die neue Quote in Venture Capital Investments tätigen wollen, Fonds mit einem Hauptanteil an Investitionen im eigenen Land finden müssen.
Studie bestätigt ähnliches Bild in Deutschland
Sidler verwies auf nordische Länder, wo Pensionsfons rund 5% ihres Vermögens in Venture Capital halten und auf noch höhere Anteile in den USA. In diesem Zusammenhang zitierte er die Studie der Redstone-Gruppe vom Mai dieses Jahres, wonach „deutsche Vorsorgeeinrichtungen weniger als ein Prozent des Kapital für heimische Start-Ups zur Verfügung stellen“. In den USA liege dieser Anteil bei 27%.
Aber die Studie zeigt auch, dass mittlerweile 10% des Start-Up-Kapitals für deutsche Unternehmen indirekt über Fonds von US-Pensionsfonds gehalten wird. Hier sieht Sidler „ein enormes Aufholpotential für deutsche Investoren“.
Link zur Studie (auf Englisch)
Infrastruktur scheint eher zu passen
Zurück in der Schweiz bestätigte auch Kaspar Hohler, Chefredakteur im vps-Verlag, der die Fachmesse 2. Säule jährlich ausrichtet, dass die neue „Venture-Capital-Quote kaum genutzt wird – im Gegensatz zur Infrastrukturquote“.
Mit dem Jahr 2020 haben die Schweizer Pensionskassen nämlich eine eigene 10%ige- Allokationsquote für Infrastruktur bekommen, damit solche Anlagen nicht mehr als Teil der Immobilienquote bzw. der alternativen Anlagen geführt werden müssen.
Im jährlichen Risiko Check-up 2022 der Beraterfirma Complementa war den Infrastrukturanlagen dann bereits ein eigenes Sonderthema gewidmet. In einer Umfrage gaben 64% der rund 430 befragten Pensionskassen an, Infrastruktur bereits als eigene Anlageklasse implementiert zu haben, weitere 45% wollten dies noch tun und entsprechende Investitionen aus der Kategorie „Alternative Anlagen“ auslagern.
Das anhaltende Negativzinsumfeld hat Schweizer Pensionskassen vor noch mehr Illiquidität zurückschrecken lassen, aber Anfang Juni schrieb die UBS in einem Beratungspapier über alternative Anlagen für Pensionskassen: „Die lange Ära der Negativzinsen ist zu Ende. Sie wurde abrupt abgelöst durch ein Regime anhaltender Inflation. Beide Erscheinungen sind wesentliche Treiber für Schweizer Vorsorgeeinrichtungen, sich aktiv und gezielt nach alternativen Anlagemöglichkeiten umzusehen. Dabei ist das Ziel der Investoren, neues Renditepotenzial zu erschließen und das Anlageportfolio besser zu diversifizieren, um es gegen Marktschwankungen robuster oder – neusprachlich – resilienter zu machen.“
Demgegenüber lässt sich die an dieser Stelle bereits zitierte Aussage von Reto Tarreghetta, Geschäftsführer der Luzerner Pensionskasse (LUPK) mit 9,5 Mrd. Schweizer Franken an verwaltetem Vermögen stellen: „Man kann wieder mit Anleihen und Liquidität Geld verdienen und muss sich nicht mehr krampfhaft nach kleinsten risikoreichen Renditezusätzen umsehen.“