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„Wir sehen klar, dass Pensionsrisiken am Kapitalmarkt auch in die Bewertung einfließen“

Gemeinsam mit der Frankfurt School of Management hat Insight Investment auch in diesem Jahr die „Pension Monitor“ Studie zu den Pensionsrisikokennzahlen von Dax- und MDax-Unternehmen durchgeführt. IPE D.A.CH-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Prof. Dr. Olaf Stotz, Professor für Asset Management und Pension Economics an der Frankfurt School of Finance & Management und Wolfgang Murmann, Head of Solutions, Germany, Insight Investment über die wichtigsten Resultate.

Prof. Dr. Olaf Stotz

Wolfgang Murmann

IPE D.A.CH: Herr Murmann, was ist der Hintergrund des „Pension Monitor“?
Murmann: Als Asset Manager mit vielen Kunden auf der Pensionsseite verfolgen wir natürlich genau die verschiedenen einschlägigen Studien. Dabei ist uns aufgefallen, dass sich viele schwerpunkmäßig mit den Pensionsvermögen bzw. -defiziten beschäftigen. Gerade das Pensionsdefizit genießt dann in der Öffentlichkeit meist große Aufmerksamkeit. Wir wollten mit unserer Studie bewusst eine andere Richtung einschlagen und schauen uns daher Pensionsrisiken anhand 15 unterschiedlicher Pensionsrisikokennzahlen aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln an, unter anderem auch aus der Stakeholder-Perspektive. In der Studie wird beschrieben, welchen Einfluss Pensionsrisiken auf die Kapitalmarkt- und Unternehmensbewertung haben und wie die Unternehmensführung durch gezielte Steuerung der Pensionsrisiken einen Mehrwert schaffen kann.

IPE D.A.CH: Wie sieht dies konkret aus?
Stotz: Nehmen wir das Beispiel der Pensionsdefizite. In den Medien tauchen dann oft hohe Milliardensummen als Ergebnis der aktuellen Berechnungen auf und verängstigen möglicherweise auch den ein oder anderen Pensionär. Nun ist gerade in Deutschland ja die 100%ige Ausfinanzierung eines Pensionsplans aber nicht die Regel und ein Teil wird meist aus dem laufenden Geschäft finanziert. Ein Blick auf die Cashflow-Perspektive zeigt hier dann auch, dass die Pensionen einen relativ niedrigen und zudem sehr stabilen Anteil am Gesamtumsatz ausmachen. So relativiert sich das Bild dann doch, zumal der künftige Pensionsaufwand über die Zeit etwa den ausbezahlten Renten entspricht, so dass hier kein Berg an Ansprüchen angehäuft wird.
Murmann: Etwas einschränkend muss man ergänzen, dass die Zahlen im Erhebungszeitraum von 2011 bis 2018 in einer Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs erhoben wurden. Ich denke es wird sehr spannend zu sehen, welche Änderungen sich nun durch die Corona-Krise ergeben, gerade in einzelnen Branchen wie Verkehr und Tourismus.
Stotz: Ich denke, dass in der Gesamtrelation der Anteil der Pensionen durchaus zunehmen, es aber noch gesund für die Unternehmen und ihre Bilanzen aussehen wird. Wenn Sie auf den Cashflow für Zinsen und Dividenden schauen, so gibt es hier durchaus Einsparpotential, zumal auch die Zinsen noch weiter gesunken sind.



IPE D.A.CH: Sie sprachen gerade einzelne Branchen an, können Sie dazu noch etwas mehr sagen?
Stotz: Aus einer Branchenperspektive sind Versorger der Sektor mit dem höchsten Gesamtpensionsrisiko. Betrachtet man die Risiken der Aktivseite der Pensionsbilanz in Isolation, weisen Unternehmen der Branchen „Technologie" und „Verbraucherservice" die geringsten Pensionsrisiken auf, Versorger und Finanzdienstleister dagegen die höchsten. Auf der Passivseite der Pensionsbilanz haben Telekommunikations- und Finanzdienstleistungsunternehmen die geringsten und Versorger, Industrie- und Rohstoffunternehmen die höchsten Pensionsrisiken.

IPE D.A.CH: Wie würden Sie insgesamt die Wandlung von Unternehmen beim Thema Pensionsmanagement umschreiben?
Murmann: Wir beobachten in Deutschland nun schon seit mehreren Jahren, dass sich Unternehmen bei Direktzusagen verstärkt von der Asset-only-Betrachtung lösen und einer verpflichtungsorientierten Kapitalanlage zuwenden, da die absolute Höhe und Volatilität der Bilanzposition „Pensionsrückstellungen“ im Zuge des allgemeinen Zinstrends zugenommen hat. Beispielsweise fokussieren sich geschlossene Pensionspläne, die sich in der Auszahlungsphase befinden, verstärkt auf Cashflow-Driven-Ansätze, bei denen die Kapitalanlagen entsprechen der Rentenauszahlungen strukturiert wird. Klar ist auch, dass Unternehmen – wie schon angesprochen –, die eher personalintensive Geschäftsmodelle haben, ein ganz anderes Pensionsrisiko beinhalten, als beispielsweise Unternehmen aus dem Bereich Technologie. Auch dies hat Einfluss auf die Asset- und Risikomanagementstrategie.

IPE D.A.CH: Sie haben in der Studie auch die Pensionsrisiken in Relation zur Aktienkursentwicklung gesetzt, wie sind hier die Untersuchungsergebnisse?
Stotz: Wir sehen klar, dass Pensionsrisiken am Kapitalmarkt auch in die Bewertung einfließen. Das Überraschende ist, das Pensionsrisiken am Kapitalmarkt nicht durch höhere Renditen entlohnt werden, Anleger werden für das Eingehen von Pensionsrisiken sogar bestraft. Das Rendite-Risiko-Gesetz wird quasi umgedreht Im Umkehrschluss heißt dies für Unternehmen, die den Kapitalmarkt im Blick haben, dass das Pensionsrisiko durchaus als wichtiges Instrument in der Kommunikation mit Anlegern anzusehen ist. Ein kleines Pensionsdefizit ist in diesem Zusammenhang besser als ein großes Defizit, ein hoher Ausfinanzierungsgrad der Pensionsverpflichtungen muss aber nicht unbedingt von Vorteil sein. Es kommt immer auf die Relation zur Ertragskraft eines Unternehmens an.

IPE D.A.CH: Wie sieht es mit den Annahmen für die zukünftigen Pensionsanpassungen aus?
Stotz: Auch hier zahlt sich gegenüber dem Kapitalmarkt bzw. den Aktionären im Normalfall eine konservative Planung aus, wo höhere Steigerungen angekommen werden, um dann hoffentlich positiv zu überraschen. In jedem Fall gibt es hier Spielraum für den CFO, in einem gewissen Rahmen eine Gestaltung vornehmen zu können.

IPE D.A.CH: Was erwarten Sie durch die Corona-Krise in diesem Jahr an Änderungen?
Stotz: Durch die weiter gefallenen Zinsen und die angepassten Diskontierungssätze werden die Liabilities sicher weiter ansteigen. Auf der anderen Seite muss man sehen, inwieweit Covid-19 als Pandemie die Sterblichkeitsraten ändert und hier auch Anpassungen vorgenommen werden. Das aber als rein finanzielle Betrachtungsweise.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.
 

Unten angefügt finden Sie den Pension Monitor zum Download.