IPE Institutional Investment: Herr Schnorrenberg, bitte schildern Sie uns in aller Kürze das Investmentkonzept der GET Capital AG.
Schnorrenberg: Wir arbeiten mit Methoden der künstlichen Intelligenz. Die Returnschätzer innerhalb unserer Optimierung werden beispielsweise über Regime-Switching-Modelle in Verbindung mit Modellen zur Klassifizierung (Support Vector Machine) bestimmt. Auf der anderen Seite erfolgt die tägliche Risikoberechnung in Expected Shortfall, die die Portfoliostruktur unserer Kunden bestimmt, in Abhängigkeit des individuellen Risikobudgets. Wir können die Restriktionen unserer Kunden berücksichtigen und somit punktgenau die Bedürfnisstruktur abbilden. Dazu haben wir ein Team internationaler Physiker, Mathematiker und Programmierer. Wir nutzen die Forschungsergebnisse renommierter Universitäten, um unsere Modelle kontinuierlich weiter zu entwickeln und die daraus resultierenden Erkenntnisse in Anlagestrategien oder Beratungsprojekte einfließen zu lassen.
IPE Institutional Investment: Wo liegt Ihrer Ansicht nach der Vorzug von quantitativen Investmentstilen?
Schnorrenberg: Quantitative Investmentstile ist ein weiter Begriff. Sprechen wir von unserem Ansatzeiner systematischen Entscheidungsfindung, orientiert am aktuellen Marktumfeld. Fundamentale Faktoren spielen hierbei keine Rolle, außer sie beeinflussen die zu beurteilende Zeitreihe – also pure Quant! Alle relevanten Risiko- und Returnschätzer werden aus der Zeitreihe abgeleitet und mit Methoden der künstlichen Intelligenz zu Prognosen und Allokationsentscheidungen weiterverarbeitet. In einer milden Form verwenden Portfolio-Manager quantitative Modelle, um aus einem riesigen Anlageuniversum in einem ersten Schritt diejenigen Werte auszusondern, die von vorneherein nicht für eine Anlage in Betracht kommen - die quantitative Analyse dient hier als eine Art Sieb. In der umfangreicheren Version beobachtet man das gesamte Anlageuniversum permanent und generiert daraus direkt eine Portfolio-Allokation.
IPE Institutional Investment: Ein Stichwort bei Ihnen im Hause ist „Quant 4.0“, was ist darunter zu verstehen?
Schnorrenberg: Der Begriff ist abgeleitet aus Industrie 4.0, die mit einer deutlich höheren Transformationsgeschwindigkeit arbeitet als die Finanzindustrie. Konkret bedeutet Quant 4.0. die Synergien aus Internet, künstlicher Intelligenz und Big Data zu erkennen und umzusetzen: Rohdatengewinnung im Internet, Extraktion von Informationen aus diesen Daten durch Big Data Analysen und die Verarbeitung dieser Informationen mit Algorithmen der künstlichen Intelligenz zu Prognosen und Anlageentscheidungen.
IPE Institutional Investment: Am Markt wird viel über „Big Data, künstliche Intelligenz, Fraktale usw.“ gesprochen und diskutiert, was bedeuten diese Themen für Sie, insbesondere für den Einsatz in der Praxis?
Schnorrenberg: Bei uns sind diese Themen bereits in der praktischen Anwendung. Die Finanzindustrie steht vor einem großen Wandel. Unternehmen wie Google, Amazon und Facebook zeigen wie Geschäftsmodelle aufgebaut sein müssen. In den USA weisen beispielsweise die „robo-advisor“ wohin sich das Retailbanking, aber auch der institutionelle Markt hin entwickelt. Algorithmen und künstliche Intelligenz halten Einzug und sind auch mit noch so viel Gegenwehr nicht zu stoppen. Die Verbraucher bestimmen den Weg.
IPE Institutional Investment: Welche Alleinstellungsmerkmale beanspruchen Sie für Ihr Haus?
Schnorrenberg: Wir stehen für einen hochautomatisierten Investmentprozess der das Prädikat Quant 4.0. verdient. Hierauf werden wir uns nicht ausruhen, sondern aktiv neue Erkenntnisse von renommierten Universitäten prüfen und gegebenenfalls implementieren
IPE Institutional Investment: Auf welche Art und Weise erfolgt die Portfoliokonstruktion?
Schnorrenberg: Die Portfoliokonstruktion hat drei wesentliche Bausteine: Erstens: Definition des Universums; Zweitens: Berechnung von Rendite- und Risikoschätzer und drittens die Zusammenführung der Inputfaktoren im Rahmen der Optimierung. Über Punkt zwei haben wir schon viel gesprochen – Punkt eins ist auch hochinteressant, weil es auch hier intelligente Verfahren gibt, eine optimale Diversifikation zu erreichen. Das Stichwort heißt Clustering – also Gruppen von Assets zu identifizieren, die ein maximales statistisch homogenes Verhalten vorweisen. Diese „Assetgruppen“ sind hochdiversifiziert zueinander. Man kann nun aus diesen Erkenntnissen gepaart mit den Return- und Risikoerwartungen ein hochdiversifziertes Universum zusammenstellen jenseits von intuitivem Gefühl.
IPE Institutional Investment: Was sind die größten Versuchungen oder Gefahren für einen quantitativen Asset Manager wie Sie?
Schnorrenberg: Der unbändige Wille Modelle immer wieder weiterzuentwickeln kostet Kraft, die sich aber lohnt. Von daher ist die größte Gefahr der Stillstand.
IPE Institutional Investment: Unter welchen Gesichtspunkten werden Sie von institutionellen Investoren mandatiert, eher als Basis-, Spezialitäteninvestment oder unter Aspekten der Stildiversifikation?
Schnorrenberg: Wir sind in allen aufgezählten Kategorien vertreten. Ein reines long-only Aktienmandat als Basisinvestment – Kunden geben uns Risikobudgets und ein breites Investitionsspektrum, da sind wir ein Alternativ- oder Spezialinvestment und als bspw. Smallcap-Manager eher ein Stildiversifikator.
IPE Institutional Investment: An welchen Weiterentwicklungen arbeiten Sie aktuell?
Schnorrenberg: Automatisierte Investmentplattformen, die durch Methoden der künstlichen Intelligenz gesteuert werden, können auch für andere Zielgruppen interessant werden. Das Retailbanking wird sich verändern, vielleicht können wir hier einen Beitrag liefern.
IPE Institutional Investment: Herr Schnorrenberg, vielen Dank für dies Gespräch.