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Expertenbeitrag: Absolute Return in der institutionellen Asset Allokation

Absolute Return-Strategien waren ohne Zweifel der dominierende Trend der letzten 24 Monate. Die Renaissance dieser Strategien mag den einen oder anderen Betrachter erstaunen, war doch Absolute Return in den Jahren von 2005 bis 2007 noch als Marketing-Gag von Asset Managern verrufen.

Florian Schepp

Damals versteckten sich hinter dem Begriff häufig Produkte, die im Vergleich mit ihrer eigentlichen Benchmark nicht mithalten konnten, den Investor jedoch mit dem Versprechen trösteten, zumindest in schlechteren Marktphasen größere Rückschläge zu verhindern. Tatsächlich konnte dieses Leistungs- versprechen im Laufe der Finanzkrise von 2008/2009 oftmals nicht eingehalten werden – viele Produkte bargen ebenso Enttäuschungen wie klassische Benchmark-Konzepte.

Auch das volatile Marktumfeld 2011 bereitete vielen Anlageprozessen Schwierigkeiten: Viele Produkte schafften es nicht, das vergangene Jahr im positiven Bereich abzuschließen – zumindest ohne eine systematische Allokation in Anleihen, die vom Zinsrückgang profitiert hat.

Aktuell ist das Label ‚Absolute Return’ ohne Zweifel jedoch wieder positiv besetzt und adressiert das originäre Anlageziel der Investoren auf direkte Weise. Die Produkte kommen zudem ohne die oftmals negativ besetzten Begriffe wie ‚Alpha’, ‚marktneutral’, ‚long/short’ oder gar ‚Hedgefonds’ aus.

Handelt es sich also schlicht um eine neue, erfolgreich vermarktete Trendwelle der Asset Management-Industrie, die negativen Erfahrungen mit ‚Absolute Return 1.0’ vergessen zu machen?

Ein kurzer Rückblick auf die Entwicklung der institutionellen Asset Allokation der letzten 20 Jahre zeigt, dass die erhöhte Nachfrage nach Absolute Return-Konzepten wesent- lich von den Investoren selbst ausgeht und eine nachvollziehbare Entwicklung widerspiegelt.

Die negativen Erfahrungen der 1970er Jahre haben dazu geführt, dass Aktien bis spät in die 80er Jahre hinein eher die Ausnahme als die Regel im Kapitalbestand deutscher institutioneller Investoren waren. Zudem konnte durch die hohen Zinserträge im Anleihenbestand reichlich Rendite mit überschaubarem Risiko erwirtschaftet werden.

1990er
Das Konzept der Asset Allokation – also die systematische Strukturierung des Vermögensaufbaus nach Anlageklassen gemäß ex-ante Rendite und Risikoerwartung, im Gegensatz zum damals verbreiteten Buy-and-Hold-Ansatz – fand im Zuge der 90er Jahre Einzug in den Kapitalanlageprozess. Wesentliche Entscheidungsdimension war die Fragestellung einer sinnvollen Beimischung von Aktien zum Gesamtportfolio.

Auch wenn die Forschungserkenntnisse schon zu dieser Zeit eine möglichst breite Streuung über globale Märkte befürworteten, konzentrierte sich das Risikoexposure in den meisten Fällen auf den heimischen Aktienmarkt. Statt ausreichender Diversifikation über Länder hinweg wurden vielmehr Wetten auf wirtschaftliche Themen, häufig auch Industrien, umgesetzt, was sich zum Ende der Dekade im beginnenden Boom von Technologieaktien niederschlug. Aktien waren wieder salonfähig geworden und hohes Beta galt per se als Erfolgsgarant.

2000er
Das Platzen der Technologieblase zu Beginn der letzten Dekade brachte schließlich die Erkenntnis, dass mangelnde Streuung der Kapitalanlagen und die Abhängigkeit vom Heimatmarkt ungeeignet sind, den stetig steigenden Verpflichtungen der Passivseite gerecht zu werden.

Neue Anlageklassen, insbesondere alternative Anlagesegmente wie Private Equity, Rohstoffe und Hedgefonds rückten in den Fokus der Anleger. Attraktive Korrelations- bzw. Diversifikationseigenschaften schienen die Lösung zu sein, um für sich genommen riskante Anlageklassen im Portfolio zu integrieren. Das Vorbild dafür waren die ameri- kanischen Universitätsstiftungen mit ihrem hohen Anteil alternativer Investments.

Im Zuge der Finanzmarktkrise ab 2007 hat sich allerdings gezeigt, dass dieser Bereich entweder mit unterschätzten Tailrisiken, hohen Korrelationen in Stressphasen und fehlender Liquidität oder gar unter einer Kombination dieser Punkte zu leiden hatte – schwarze Schwäne sind offenbar zu einem vielzitierten Vogeltier geworden.

2010er
Gesunkene Risikobudgets im Gefolge zweier Finanzmarktkrisen richteten das Augenmerk der Investoren zu Beginn des jetzigen Jahrzehnts erneut auf die Risikobetrachtung innerhalb der Asset Allokation. Die Strukturierung der Kapitalanlagen nach Risikokontribution und -arten unterschiedlicher Anlagen ist eine wesentliche Weiterentwicklung im Planungsprozess institutioneller Investoren.

Liability Diven Investments (LDI) als Konzept zur Replizierung der Verpflichtungs- struktur auf der Kapitalanlageseite hat sich zum festen Bestandteil etabliert, da auf diese Art sowohl Zins- als auch Inflationsrisiken immunisiert werden können.

Dennoch ist für viele Anleger der Ertrag bei vollständiger Immunisierung bei Weitem nicht ausreichend, um eventuelle Finanzierungslücken zu schließen oder verbleibende Risiken wie beispielsweise sich verändernde aktuarielle Parameter abzudecken. In Anbetracht des aktuellen Niedrigzinsumfeldes erscheint auch der Einstiegszeitpunkt für eine LDI-Strategie derzeit alles andere als ideal, zumal bei steigenden Zinsen die Verluste auf der Aktivseite in Euro und Cent anfallen, während die Gewinne auf der Passivseite lediglich auf dem Papier ausgewiesen werden.

In der Strukturierung der Kapitalanlagen nach Risikoarten kann daher in der Regel ein zweistufiges Vorgehen beobachtet werden: Im risikoarmen Teil des Portfolios werden die Anlagen weitgehend gemäß der Verpflichtungen ausgerichtet. Mit dem Ziel, den Finanzierungsgrad möglichst konstant zu halten, werden hier LDI-Strategien und Staatsanleihen langer Laufzeiten eingesetzt.

Gegenüber dem klassischen Core/Satellite-Ansatz werden dann im Risikoteil allerdings nicht einzelne Anlageklassen bestückt, sondern Segmente mit klaren absoluten Renditeaufträgen und vorgegebener Risikotoleranz vergeben. Diversifikation erfolgt nunmehr über verschiedene Absolute Return-Ansätze und nicht mehr ausschließlich über Anlageklassen.

Damit wird die Struktur der Kapitalanlage aus Sicht des Investors deutlich übersichtlicher und auf das Wesentliche reduziert: Während in der Vergangenheit das Anlageklassenuniversum durch exotischere Anlageklassen und -strategien komplexer wurde, stehen bei der Vergabe von Absolute Return-Aufträgen lediglich das Risikoprofil und der Typ des Ansatzes im Vordergrund.

Absolute Return-Manager erhalten gegenüber klassischen Mandatsaufträgen einen deutlich größeren Spielraum in der Wahl der Anlagen und können meist eine große Bandbreite an Investmentideen ausschöpfen.

Absolute Return – ein Ausblick
Neben den obigen Überlegungen profitieren Absolute Return-Ansätze sicherlich auch von den Erfahrungen mit Hedgefonds aus der jüngeren Vergangenheit. Hohe Gebühren, intransparente Strukturen und mangelnde Liquidität trugen nicht eben dazu bei, diesem Segment einen größeren Platz in den Portfolios institutioneller Investoren zu schaffen.

Absolute Return-Fonds haben diese Nische entdeckt und bieten oft vergleichbare Strategien innerhalb eines regulierten Vehikels zu deutlich günstigeren Konditionen an.

Alternativ werden solche Anlagestrategien direkt im Spezialfonds mit voller Transparenz für den Anleger umgesetzt. Es besteht weiterhin der Eindruck, dass Asset Manager für die neue Generation der Absolute Return-Ansätze ihre Hausaufgaben gemacht haben, und dass simple Anlagestrategien der ersten Generation –  wie beispielsweise einfache Wertsicherungsstrategien – weitgehend aus dem Segment verschwunden sind.

Nach wie vor sind die Ertragschancen aus Alphas und Betas nicht stabil –  alle potentiellen Markt- oder Alpharisiken sollten daher möglichst aktiv überwacht und gesteuert werden. Und schließlich gilt: Auch im Anlagesegment Absolute Return führt der einzige Weg zu einem stabilen und nachhaltigen Anlageerfolg unweigerlich über ein breit diversifiziertes Portfolio aus Ansätzen und Strategien.


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*) Florian Schepp ist Geschäftsführer der Vescore Deutschland GmbH
Kontakt: Tel. +49 89 211 133 0 bzw. E-Mail: <link>florian.schepp@vescore.com