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Gastbeitrag: Nachrangige Versicherungsanleihen – kurz vor ihrem Ende besonders attraktiv

Nachrangige Versicherungsanleihen waren immer schon eine Nische in der Welt der Anleihen. Kurz vor ihrem Ende sind diese besonders attraktiv geworden. Die neuen Kapitalvorschriften für Versicherungen unter Solvency II verhindern ihre vollständige Anrechenbarkeit an das Eigenkapital und bewirken ihre baldige Rückzahlung. Dennoch handeln diese Hochzinsanleihen noch weit unter Emissionskurs – wie lange noch?

Unter dem bislang gängigen Solvenzregime für Versicherer ist es möglich, nachrangige Anleihen ohne Endfälligkeit („Perpetuals“) mit bis zu 50% an das Eigenkapital anzurechnen. Die zugrunde liegende Logik ist, dass Fremdkapital ohne vorab definierte Endfälligkeit Eigenkapitalcharakter hat.

Mit den bevorstehenden regulatorischen Veränderungen in der europäischen Versicherungsindustrie („Solvency II“) werden strengere Anforderungen bezüglich der Kapitalausstattung angestrebt. Unter dem neuen Regime werden Anleihen nur an das Eigenkapital („Tier 1“) anrechenbar sein, wenn sie eine Nennwertreduktionen vorsehen oder den Charakter einer Zwangs-Wandelanleihe (Contingent Convertible oder „CoCo“ Bond) haben. Während Solvency II nach dem derzeitigen Plan der EU im Jahr 2013 in Kraft treten wird, ist die Erwartung bei den nachrangigen Anleihen, dass die Anrechenbarkeit nicht schlagartig sondern über einen gewissen Zeitraum abnehmen wird („Grandfathering“).

Versicherungen benötigen kaum Fremdkapital
Im Unterschied zu anderen Unternehmen benötigen Versicherungen kaum Fremdkapital, um ihren Betrieb zu finanzieren. Das im Zeitraum zwischen Prämieneinnahme und Schadensauszahlung zur Verfügung stehende Kapital deckt die laufenden Kosten. Dies erklärt, warum das ausstehende Volumen Europäischer Versicherungsanleihen verhältnismässig gering ist: per Anfang 2011 gab es nur 36 Mrd. Euro Vorzugsanleihen und 85 Mrd. Euro nachrangige Anleihen (Einzelheiten sh. pdf im Anhang, Anm. d. Redaktion). Das Verhältnis von nachrangigen Anleihen zu Vorzugsanleihen macht eines deutlich: Die Aufnahme von Fremdkapital durch Versicherungen geschieht meist nicht zwecks Finanzierung sondern zwecks Erhöhung der Solvenz.

Entfällt die Anrechenbarkeit der nachrangigen Anleihen unter Solvency II, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese zurückbezahlt werden. Warum auch sollte ein Versicherer einen hohen Coupon für eine Anleihe bezahlen, die er nicht mehr an das Eigenkapital anrechnen kann?

Anleihen zum Nominalwert begeben und tiefer zurückkaufen ist ein gutes Geschäft
Die Kündigung oder der Rückkauf eigener Anleihen ist genau, was gerade passiert. Versicherer, welche es sich von der Solvenz her leisten können sind bereits heute im Markt und kaufen ihre eigenen Anleihen meist unter ihrem Nominalwert zurück – ein lohnenswertes Geschäft welches im Geschäftsbericht als Gewinn verbucht wird. Ein interessantes Beispiel für dieses Vorgehen ist eine Anleihe (ISIN US98876XAA00) der Zurich Financial Services (ZFS) welche im letzten Dezember 2010 gekündigt wurde. Noch bevor diese Anleihe zum Nennwert vom Markt genommen wurde und solange sie unter ihrem Nennwert notierte, kaufte die Emittentin die eigene Anleihe in Höhe von 30 Mio. USD im Markt selber auf.

„Hoher Coupon + Tiefer Kurs = Attraktive Rendite“– wo ist der Haken?
Was die ZFS vormachte wird unserer Erwartung nach fast die gesamte Europäische Versicherungsindustrie nachvollziehen. Daher erachten wir nachrangige Versicherungsanleihen Europäischer Emittenten als besonders attraktiv.

Betrachtet man derzeit das Universum der ausstehenden Nachranganleihen von Versicherungen, so findet man attraktive Coupons und noch attraktivere Kurse. Eine Anleihe des Rückversicherers SCOR notierte beispielsweise Ende September bei ca. 70% was eine laufende Rendite von 8,8% ergibt. Unter der Annahme, dass diese Anleihe nach Inkrafttreten von Solvency II zum nächsten Termin im Jahr 2016 gekündigt wird, ergibt dies eine Rendite von ca. 15,5% p.a.

Wo ist der Haken? Nachranganleihen sind kompliziert strukturierte Emissionen welche selten irgendeinem Standard folgen. Sogar Anleihen desselben Emittenten können sich stark voneinander unterscheiden. Aber das „Kleingedruckte“ macht es am Ende aus, welche Anleihe zuerst gekündigt wird. Zudem steht im Liquidationsfall einer Versicherung der Besitzer der Nachranganleihe im Rang direkt nachdem Aktionär. Dies macht die Anleihen zu volatilen Instrumenten – nicht gerade leichte Kost für institutionelle Investoren welche die momentane Attraktivität dieser Nische erkannt haben und das Thema der regulatorischen Änderung im Versicherungsumfeld spielen wollen.

Versicherungen sind keine Banken
Zudem sind nachrangige Versicherungsanleihen in der jüngsten Krise vermehrt unter Druck gekommen. Bei der Angst um den Euro und der Sorge um die Solvabilität einzelner Länder und Banken wurden Versicherungen häufig seitens Investoren ebenso abgestraft wie Banken. Es gibt jedoch einige wesentliche Unterschiede zwischen Banken und Versicherungen, welche in Betracht zu ziehen sind.

Wie eingangs erläutert, verfügen Versicherungen neben Eigen- und Fremdkapital auch die Prämieneinnahmen als Finanzierungsquelle. Diese Finanzierungsquelle hat sich in einem rezessiven Umfeld in der Vergangenheit als robust erwiesen – Versicherungen werden auch in ökonomisch schwierigen Zeiten benötigt. Auch die Liquiditätssituation von Versicherungen ist im Vergleich zu den Banken eine andere. Ein bank-run ist bei Versicherungen nicht möglich, da Policen nur in einem Schadenfall zu Auszahlung kommen.

Wie hoch ist das direkte Exposure Europäischer Versicherungen zu den „PIIGS“-Ländern? Unter großen europäischen Versicherungen sind nach unseren Berechnungen einzig die Engagements (gemessen am Eigenkapital und nach Überschussbeteiligung und Steuern) von Generali (96%) und eventuell Mapfre (50%) bedeutend.

Fazit:
Unter Ausklammerung von weiteren Effekten würden unserer Ansicht nach die meisten Versicherer eine Pleite aller PIIGS-Staaten ohne Neuaufnahme von Kapital überstehen. Mapfre und Generali würden sich je nach Grösse des Schuldenschnitts neues Kapital beschaffen müssen. Bezeichnenderweise wurde erst kürzlich das Rating der Generali nach der Herabstufung von Italien durch S&P bestätigt womit das Rating von Generali nun über dem von Italien angesiedelt ist.

Die Anleihen von Versicherungen sind attraktiv, die nachrangigen Anleihen kurz vor ihrem absehbaren Ende umso mehr. Die Frage die sich stellt ist: wie lange noch?

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Autoren:
Daniel Grieger ist Partner bei Twelve Capital, Zürich. <link>
daniel.grieger@twelvecapital.com

Zuzana Trepacova ist Investment Analyst für Nachrangige Versicherungsanleihen bei Twelve Capital, Zürich.
<link>zuzana.trepacova@twelvecapital.com

In diesem Artikel geäusserte Meinungen entsprechen der persönlichen Sicht der Autoren und nicht den Organen, denen sie angegliedert sein könnten oder sind.