Foundation | Welcome

Menu


Gastbeitrag: Wo deutsche Investoren globale Vorreiter sind – und wo sie zögern

Aktien stehen bei deutschen institutionellen Investoren momentan eher auf der Verkaufsliste als anderswo. Gleichzeitig ist das Interesse an mehr Investitionen in Private Markets groß, wenn auch nicht ganz so groß wie bei den internationalen Peers. Für Investments in die Energiewende sind regulatorische Anforderungen der Haupttreiber – im Gegensatz zu Investoren aus anderen Regionen. Diese und weitere Eigenheiten hiesiger Investoren zeigt ein Blick auf die deutschen Ergebnisse der vierten jährlichen EQuilibrium Global Institutional Investor Survey von Nuveen.

Romina Smith

Christina Volkmann

Die zunehmenden geopolitischen Spannungen, die höheren Zinssätze, die anhaltende Marktvolatilität und die bevorstehenden Wahlen in vielen Ländern der Erde lassen Investoren nicht kalt. Daher ändern viele ihre Ansätze für das Risikomanagement und die Vermögensallokation erheblich und diversifizieren ihre Portfolios weiter. Dies zeigt die vierte jährliche EQuilibrium Global Institutional Investor Survey von Nuveen. Im Rahmen dieser Umfrage haben wir gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut CoreData Research im Oktober und November 2023 weltweit mehr als 800 institutionellen Investoren den Puls gefühlt, wie diese ihre insgesamt 18 Billionen US-Dollar an Vermögenswerten in den nächsten ein bis zwei Jahren einsetzen und verwalten wollen.

Drei große globale Trends
Die Umfrageergebnisse zeigen: Drei Themen dominieren die Aufmerksamkeit der Investoren bei der aktuellen Positionierung ihrer Portfolios. Erstens ist das Interesse an Energie-Innovationen und Infrastrukturprojekten im Zuge der Energiewende groß. Zweitens genießen private Kredite und privates Beteiligungskapital im Rahmen der wachsenden Allokation in alternative Anlagen Vorrang. Und drittens halten Investoren Teile ihrer Portfolios in höherwertigen, liquiden festverzinslichen Instrumenten, um sich so zu positionieren, dass sie diese zeitnahen Chancen nutzen können.

Das trifft im Kern so auch auf deutsche Investoren zu. Wir wollten es aber noch genauer wissen und haben daher die Antworten der hiesigen Umfrageteilnehmer unter die Lupe genommen. Aus Deutschland haben sich 80 Investoren an unserer aktuellen EQuilibrium Global Institutional Investor Survey beteiligt, darunter 40 Versicherer, 36 Pensionsfonds und 4 Stiftungen.

Weniger Aktien, mehr Investmentgrade-Anleihen
Eine zentrale Erkenntnis lautet: Dass die Zinsen für längere Zeit oben bleiben werden, gilt unter deutschen institutionellen Investoren deutlich mehr als ausgemacht Sache als unteren ihren globalen Peers. 88% gehen davon aus, während es global nur 80% und in der EMEA-Region 81% sind. Unter deutschen Versicherern teilen demnach sogar 90% diese Ansicht.

Angesichts dessen plant hierzulande ein höherer Anteil der Investoren als in anderen Regionen der Welt, ihre Aktieninvestments binnen zwölf Monaten zu verringern. In Deutschland äußerten sich 48% dementsprechend, weltweit nur 40% und in der EMEA-Region 44%. Dagegen wollen 48% der Deutschen bei Investmentgrade-Anleihen stärker zugreifen, in etwa so viel wie andernorts (global 48%, EMEA-Region 49%).

Zudem wollen viele Investoren global (55%) und in der EMEA-Region (49%) binnen zwei Jahren deutlich die Allokationen in Private Markets erhöhen. Hier sind die Deutschen etwas bedächtiger. Gleichwohl planen mit 40% weiterhin sehr viele, ihre Engagements in diesem Bereich auszuweiten, und 48% wollen sie konstant halten.

Vorreiter bei Infrastrukturanlagen
Wenn es darum geht, Allokationen in Private Markets auf Sicht der kommenden zwei Jahre zu erhöhen, liegt der Fokus deutscher Investoren vor allem auf Infrastrukturanlagen (53%). Das unterscheidet sie von ihren Peers in der EMEA-Region (41%) und auf globaler Ebene (35%). Diese setzen eher auf private Kredite (global 41%, EMEA 37%, Deutschland 24%) und private Beteiligungen (global 41%, EMEA 35%, Deutschland 26%) als hierzulande. Besonders hoch im Kurs stehen private Infrastrukturanlagen bei deutschen Versicherern: Hier wollen 63% ihre Allokationen erhöhen – deutlich mehr, als global (43%) und in der EMEA-Region (51%) für die Assekuranz gilt.

Wie lässt sich das erklären? Deutsche Investoren haben ihre Private-Markets-Quoten in den vergangenen Jahren recht beherzt erhöht und sind dort insofern bereits vielfach solide allokiert. Daher kaufen sie dort nun etwas weniger stark zu als Investoren anderswo. Die Präferenz für Infrastrukturanlagen hat zum einen damit zu tun, dass deren Chance-Risiko-Profile denen von Anleihen ähneln, die in Deutschland traditionell verbreitet den Großteil institutioneller Portfolios ausmachen. Zudem ist der Bedarf an moderner Infrastruktur im Alltag hierzulande allgegenwärtig – und insofern auch die Anlagechancen, die sich daraus ergeben.

Regulatorische Aspekte als Nachhaltigkeitstreiber
Nachhaltige Investments und insbesondere solche in die Energiewende bleiben ein großes Thema, in Deutschland ebenso wie in anderen Regionen der Welt. Bei den Motiven für entsprechende Investitionen zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede. Global betrachtet lautet die Rangfolge der drei Hauptmotive über alle Investorengruppen hinweg: erstens bessere Anlagerenditen, zweitens Management von Portfoliorisiken und drittens regulatorische Anforderungen – auch in der EMEA-Region überwiegen die Anlagerenditen. Anders bei der deutschen Assekuranz: Hier stehen für 60% der Teilnehmer regulatorische Aspekte im Vordergrund.

Was die verschiedenen Investment-Möglichkeiten im Bereich Energiewende angeht, so stechen deutsche Versicherer weltweit mit ihrem Interesse an Anlagen im Bereich CO2-Abspaltung und -Speicherung hervor. 40% der hiesigen Assekuranz sind hier bereits investiert oder planen dies innerhalb der kommenden fünf Jahre – deutlich mehr als unter den Versicherern global (25%) bzw. in der EMEA-Region (36%). Auch gegenüber deutschen Investoren insgesamt (25%) ist diese Zahl außergewöhnlich hoch.

Deutsche Versicherer als globale Vorreiter
Auch bei Investitionen in die Modernisierung bestehender Infrastruktur sind deutsche Versicherer gegenüber ihren Peers weltweit Vorreiter: 33% sind hier bereits investiert oder planen dies innerhalb der kommenden fünf Jahre. In der EMEA-Region gilt dies für 27%, global betrachtet für 24%.

Deutsche Pensionsfonds äußern ein überdurchschnittlich hohes Interesse an Anlagemöglichkeiten in CO2-Emissionszertifikate: 39% von ihnen sind bereits entsprechend investiert oder planen dies auf Sicht der kommenden fünf Jahre. Weltweit und über alle Investorengruppen hinweg trifft dies nur auf 17% zu, in der EMEA-Region auf 19%.

Fazit
Die Ergebnisse unserer vierten jährlichen EQuilibrium Global Institutional Investor Survey für Deutschland zeigen: Trotz klarer globaler Trends unter den Investoren gibt es auch deutliche regionale Unterschiede, die es zu berücksichtigen gilt. Angesichts dessen ist ein tiefgehendes Verständnis für die spezifischen Herausforderungen deutscher Investoren essenziell, um passgenaue Lösungen zu entwickeln. Denn Investoren brauchen keine reinen Produktanbieter, sondern partnerschaftliche Lösungsanbieter auf Augenhöhe und vor Ort.

---
*) Romina Smith, Leiterin Kontinentaleuropa innerhalb der Global Client Group bei Nuveen, und Christina Volkmann, Leiterin Deutschland innerhalb der Global Client Group bei Nuveen