Foundation | Welcome

Menu


Rückblick: Europäische Loan Märkte Oktober 2020

Der Oktober war für europäische Leveraged Loans ein weiterer guter Monat, auch wenn die letzten zehn Tage wegen der überraschend starken zweiten Coronawelle in Europa schwächer ausfielen.

Jens Vanbrabant

Der „CS iWELLI Non-USD“ Index legte um 29 Basispunkte zu, der siebte Monat in Folge mit einem Plus. Die Markterholung nahm weiter Fahrt auf: Mit 5,77 Mrd. Euro war das Transaktionsvolumen im Oktober zwar nicht so hoch wie im September (6,95 Mrd. Euro), aber gut nach Sektoren, Ratingklassen und Verwendungszwecken diversifiziert. Neben großen Loans zur Finanzierung von Übernahmen – wie der 900 Mio. Euro umfassende Term Loan für den Kauf des eBay-Kleinanzeigengeschäfts durch Adevinta – kamen kleinere Loans an den Markt, da die Emittenten die günstigen Marktbedingungen nutzten. Ein Beispiel ist der Term Loan B von Ineos mit 375 Mio. Euro Volumen, der zukünftige Dividendenzahlungen ermöglichen soll. Insgesamt sind in den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 für 60 Mrd. Euro Loans emittiert worden, gegenüber 75 Mrd. Euro in den ersten zehn Monaten des Vorjahres.

Gestärkt wurde der Loan-Markt durch die gute Entwicklung von Collateralised Loan Obligations (CLOs) im Oktober. Da die CLO-Spreads weiter zurückgingen, wurde die CLO-Arbitrage sehr attraktiv. Tatsächlich ist die Differenz zwischen Loan- und CLO-Renditen mit 210 bis 220 Basispunkten jetzt wieder auf dem Niveau vom Sommer 2018. Zwar blieb es schwierig, die Eigenkapitaltranchen von CLOs extern zu platzieren, aber die Spreads der AAA-Tranchen betrugen meist nur 110 bis 115 Basispunkte (gegenüber 190 Basispunkten im 2. Quartal und 90 Basispunkten zu Jahresbeginn). Das war eine gute Basis für den bislang emissionsstärksten Monat dieses Jahres, in dem für 4 Mrd. Euro neue CLOs begeben wurden. Seit Jahresbeginn beträgt das CLO-Emissionsvolumen 18 Mrd. Euro, was im 2. Quartal noch undenkbar schien und zeigt, wie sehr die Assetklasse mittlerweile gereift ist. Aufgrund des stabilen CLO-Marktes bietet auch der Leveraged-Loan-Markt noch immer attraktive und stabile Refinanzierungsmöglichkeiten, was ihn für immer mehr Emittenten interessant macht – ein positiver Rückkopplungseffekt.

Ende Oktober betrug die Diskontmarge, also der Spread dreijähriger Titel aus dem S&P ELLI Index 598 Basispunkte und blieb damit im historischen Vergleich attraktiv; der durchschnittliche gewichtete Geldkurs von 95,1 könnte Loan-Investoren noch immer einen deutlichen Kursanstieg ermöglichen. Wenn die Spreads in der Vergangenheit nur um höchstens 50 Basispunkte vom aktuellen Niveau abwichen, haben europäische Loans im folgenden Jahr in 94% aller Fälle Ertrag erzielt, und in den folgenden drei bzw. fünf Jahren gab es sogar immer positive Durchschnittserträge. Bei Spreads auf dem derzeitigen Niveau (+/- 50 Basispunkte) erzielte man im folgenden Jahr durchschnittlich 5,5% Ertrag, über drei Jahre 5,1% p.a. und über fünf Jahre 4,9% p.a.

Interessant ist zurzeit der Primärmarkt, da die Verschuldungsgrade zurückgegangen und die Kreditbedingungen nach dem Neustart der Märkte nach der Pandemie gläubigerfreundlicher geworden sind. Selbst dieses Jahr ist der europäische Loan-Markt weiter gewachsen, wenn auch nicht so stark wie von 2015 bis 2019, als sein Volumen auf 220 Mrd. Euro stieg und sich damit mehr als verdoppelte. Deshalb und wegen der zunehmenden Diversifikation des Index ist es jetzt leichter, aus europäischen Loans ein diversifiziertes Portfolio zu konstruieren.

Titel ohne Investmentgrade-Rating, also auch europäische Loans, sind nicht frei von Risiken. Loan-Manager müssen daher sehr sorgfältig vorgehen und die richtigen Einzelwerte auswählen, zumal die Pandemie in dieser Assetklasse mit einem einfachen B-Rating für eine stärkere Streuung gesorgt hat. Uns interessieren vor allem Emittenten, deren Finanzkraft, Geschäftsmodelle und Geschäftsleitungen uns überzeugen und denen wir einen erfolgreichen Umgang mit den Folgen der Corona-Pandemie zutrauen. Dazu brauchen wir die Unterstützung eines erfahrenen Kreditanalyseteams. Trotz Home Office, das mittlerweile Normalität geworden ist, arbeiten Analysten und Portfoliomanager so eng zusammen wie zuvor. In unseren Gesprächen mit Investoren hatten wir in den letzten Monaten den Eindruck, dass sie vor allem drei Risiken sehen: Zahlungsausfälle, weniger strengen Gläubigerschutz („Covenant-Lite“) und hohe Verschuldungsgrade. Betrachten wir sie der Reihe nach.

Zahlungsausfälle
In den letzten zehn Jahren betrug die jährliche Ausfallquote europäischer Leveraged Loans im Schnitt 3%. Ende Oktober spricht viel dafür, dass sie dieses Jahr bei 3,5% liegen wird. Der Anteil an Problemkrediten, historisch gesehen ein guter Indikator für die Zahlungsausfälle, ist in Europa mit etwa 5% noch immer recht niedrig. Wenn die Vergangenheit ein Maßstab ist, könnte die Ausfallquote 2021 mit 4-5% ihren Höchststand erreichen und dann wieder auf 3% zurückgehen, zumal die geld- und fiskalpolitischen Programme den Kreditnehmern helfen. Ein guter Loan-Manager sollte in seinem Portfolio aber eine deutlich niedrigere Ausfallquote erreichen können. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Ausfälle in einem gut gemanagten europäischen Loan-Portfolio dürften sich daher in Grenzen halten, sodass keine großen Abweichungen von den Vergangenheitswerten zu erwarten sind.

Gläubigerschutz
In den letzten zwei bis drei Jahren war viel über weniger gläubigerfreundliche Emissionsbedingungen zu lesen, Stichwort „Covenant-Lite“. Es hieß, die Kreditgeber könnten keinen Einfluss mehr nehmen. Die Covid-19-Krise war dafür der erste Test. Tatsächlich waren die Entwicklungen im letzten halben Jahr auf den ersten Blick nicht leicht nachvollziehbar. Die Maintenance Covenants, also die vierteljährlichen Überprüfungen bestimmter Kreditkennzahlen, wurden zwar abgeschafft, doch blieben die sogenannten Incurrence Covenants erhalten. Sie verpflichten einen Kreditnehmer, bei jeder neuen Kreditaufnahme die Zustimmung der bisherigen Gläubiger einzuholen. Da viele Unternehmen während der Pandemie zusätzliche Liquidität und neues Kapital benötigten, griffen die Incurrence Covenants. Die Kreditgeber konnten also weiterhin ihre Kontrollfunktion ausüben und Einfluss auf das Verhalten der Kreditnehmer nehmen.

Verschuldungsgrade
Die Berichtssaison für das zweite und dritte Quartal hat uns gezeigt, dass der Leverage der Kreditnehmer aufgrund der Pandemie in den letzten zwölf Monaten um etwa 1 gestiegen ist. Wenn also ein Unternehmen vor fünf Jahren einen Leverage von 5 hatte, so die Faustregel, beträgt er jetzt im Schnitt 6, wobei es je nach Sektor und Einzelwert zu großen Abweichungen kommen kann. Anders sieht es unterdessen am Primärmarkt aus. Neue Deals sind seit Beginn der Pandemie in der Regel sehr konservativ strukturiert und bieten einen besseren Gläubigerschutz. Im Schnitt ist ihr Leverage etwa 0,5 niedriger und damit ungefähr so hoch wie 2013. Das Eigenkapital, das die Erstrangigkeit der Kredite gewährleistet, ist unterdessen von 45% auf 50% gestiegen. Mit anderen Worten: Am Primärmarkt ist die Beleihungsquote so niedrig wie seit 2012 nicht mehr. Offensichtlich haben die Kreditgeber aufgrund der Pandemie wieder Verhandlungsmacht.

Fassen wir zusammen: Diese drei Risikofaktoren – Ausfallrisiko, mangelnder Gläubigerschutz und hoher Verschuldungsgrad – sind zweifellos vorhanden, scheinen aber handhabbar. Wir haben es heute mit einem Markt für Einzelwertexperten zu tun, an dem Kreditanalysen für hohen Mehrertrag sorgen können. Zwar haben sich die Fundamentaldaten vieler Branchen und Sektoren durch die Pandemie deutlich verschlechtert, doch dürften festverzinsliche Wertpapiere in den kommenden Monaten von außerordentlich großzügigen geld- und fiskalpolitischen Hilfen profitieren. Unterdessen treiben die rekordniedrigen Zinsen Investoren weiterhin in Assetklassen mit der Aussicht auf laufende Erträge, und damit auch in Leveraged Loans. Auch die jüngsten positiven Nachrichten zum Corona-Impfstoff könnten in den restlichen Monaten dieses Jahres für erfreuliche Entwicklungen sorgen.

---
*) Jens Vanbrabant ist Portfolio Manager bei Wells Fargo Asset Management.