„Pensionskassen bieten seit mehr als 100 Jahren und für viele Millionen Menschen eine verlässliche Altersvorsorge“, so Dr. Heinke Conrads, Leiterin Retirement Deutschland und Österreich bei Willis Towers Watson. „Jedoch sind die regulatorischen Anforderungen in den letzten 15 Jahren erheblich angestiegen. Gleichzeitig lassen sich im Niedrigzinsumfeld mit den für Pensionskassen vorgeschriebenen sicheren Anlagen kaum noch auskömmliche Erträge erzielen.“
Conrads betonte auf dem Willis Towers Watson Pensionskassentag am 10. Juni: „Ich gehe davon aus, dass auch nach der Bundestagswahl das Ziel einer weiteren Verbreitung der bAV auf der Tagesordnung bleibt. Gerade deshalb ist es unerlässlich, genau zu prüfen, welche regulatorischen Anforderungen wie zu einer substanziellen und verlässlichen bAV beitragen. Daher fordern Pensionskassenvertreter zu Recht regulatorische Anpassungen.“
Viele Pensionskassen werden allein aufgrund der ausufernden Masse an regulatorischen Anforderungen und Umsetzungsnotwendigkeiten zunehmend überfordert. Darüber hinaus benötigen sie – gerade auch angesichts der Belastungen durch den Niedrigzins – mehr Flexibilität: „So könnten beispielsweise unter genau definierten Voraussetzungen temporäre Unterdeckungen zugelassen werden, damit die Einrichtungen chancenreicher investieren und die damit einhergehenden Volatilitäten besser aushalten können“ schlug Dr. Rafael Krönung von Willis Towers Watson vor. Mehr Freiheitsgrade wären auch im Zusammenspiel zwischen Pensionskassen und Arbeitgebern wünschenswert, so der Pensionskassenexperte. Es könne zum Beispiel ermöglicht werden, dass bislang über eine Pensionskasse finanzierte Leistungen wieder vom Arbeitgeber übernommen werden, um die Pensionskassen zu entlasten. Hierzu sei es dringend erforderlich, arbeitsrechtliche und versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen zu harmonisieren, damit Lösungsansätze, die in einem Rechtsgebiet zulässig sind, nicht durch Beschränkungen im anderen Bereich verhindert werden.
Angesichts der aktuellen Herausforderungen schätzt lediglich ein Siebtel der Pensionskassenvertreter (14%) die Pensionskasse uneingeschränkt als interessanten Durchführungsweg der bAV. Ein Fünftel (22%) sagt jedoch, dass Pensionskassen in der derzeitigen Form kein attraktiver Durchführungsweg mehr seien.
Nachhaltige Anlage der Pensionsvermögen weit verbreitet
Nicht nur aufgrund regulatorischer Vorschriften, sondern auch aufgrund übergreifender gesellschaftlicher Entwicklungen und unter Renditegesichtspunkten achten Pensionskassen stärker auf eine nachhaltige Anlage ihrer Vermögen. Fast die Hälfte (48%) der befragten Pensionskassenvertreter gaben an, dass die so genannten ESG-Kriterien bereits jetzt für zukünftige Investments eine Rolle spielen. Darüber hinaus überprüft ein Siebtel (15 %) auch ihr Bestandsportfolio auf diese Kriterien.
Ein Drittel der befragten Pensionskassenvertreter (32%) plant allerdings, abzuwarten bis sich ein Marktstandard in der nachhaltigen Vermögensanlage etabliert hat. Bei 5% gelten ESG-Kriterien als nachrangig, hier liegt der Fokus in der Kapitalanlage auf der Sicherstellung ausreichender Erträge. „Auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Anlagen verbessern langfristig das Rendite-Risiko-Verhältnis“, sagte Pensionskassenexperte Krönung dazu. „Insofern geht es bei der Berücksichtigung von ESG-Kriterien nicht nur um das gute Gewissen, sondern vor allem auch um eine Optimierung der Anlagestrategie“, so Krönung abschließend.
Willis Towers Watson hatte sich jüngst dazu verpflichtet, die verwalteten Kundenportfolios bis 2050 CO²-neutral zu managen, und eine Reduzierung des CO²-Ausstoßes um 50 Prozent bis 2030 zu erreichen.
Der Pensionskassentag wurde ansonsten geprägt von Fachvorträgen zur Digitalen Rentenübersicht (Prof. Dr. Hans-Joachim Zwiesler, Institut für Versicherungswissenschaften, Universität Ulm), zur Teilsanierung von Pensionskassen (Thomas Obenberger, Director Retirement, Legal und Dr. Rafael Krönung, Director Retirement, Willis Towers Watson) sowie nachhaltiger Anlage der Pensionsvermögen (Christopher Schaumlöffel, Investment Consultant, Willis Towers Watson).
Darüber hinaus stellte Jürgen Rings, Vorstandsvorsitzender der Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gruppe VVaG sowie Leiter der aba-Fachvereinigung Pensionskasse, mögliche praktische Ausgestaltungen zur Umsetzung des Insolvenzschutzes für Pensionskassenzusagen vor. In einem weiteren Praxisbeitrag berichtete Miroslaw Staniek, Vorstand, Pensionskasse Dynamit Nobel VVaG über Ausgliederung von Funktionen und Tätigkeiten und über Anforderungen im Ausgliederungsmanagement.