Foundation | Welcome

Menu


„Aktien sind nicht mehr überbewertet, in Japan und in Schwellenländern sind sie bereits günstig“

„Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance“ (Viktor Hugo). Kapitalmarkt, Aktien, Asset Allocation, Frankfurt am Main und Emerging Markets – Markus Hill* sprach für IPE D.A.CH mit Martin Friedrich, Lansdowne Partners Austria GmbH, über aktuelle Entwicklungen im Kapitalmarkt und über Themen wie Cat Bonds, Schwellenländer und über die Freude am fachlichen Gedankenaustausch in Frankfurt am Main.

Martin Friedrich

Markus Hill

IPE D.A.CH: Sie haben von einigen Wochen in Ihrem Newsletter eine Kaufgelegenheit bei Aktien diagnostiziert. Seitdem ist der DAX tatsächlich um 8% gestiegen, der Dow Jones sogar um 12%. Was hat Sie zu Ihrer Aussage bewegt?“
Friedrich: Wir sehen uns bei der taktischen Analyse von Kapitalmärkten immer drei Dimensionen an: Die fundamentale Situation, die Bewertung und technische Aspekte. Aus fundamentaler Sicht gibt es heute wenig Zweifel, dass wir uns auf eine Rezession zubewegen oder dass diese bereits begonnen hat. Zentralbanken können am Ende mit ihrer Zinspolitik ja kein neues Öl oder Gas fördern - hierzu wären Investitionen nötig, also müssen sie eben die Nachfrage zerstören, indem sie eine Rezession herbeiführen. Das ist die traurige Realität.

IPE D.A.CH: Wie sehen Sie derzeit die Bewertungen?
Friedrich: Aktien sind jedenfalls nicht mehr überbewertet, in Japan und in Schwellenländern sind sie bereits günstig. Dennoch können wir aus globaler Sicht bis jetzt noch kein belastbares Kaufargument ableiten.

IPE D.A.CH: Interessant. Aber warum wollen Sie dann Aktien kaufen?
Friedrich: Hierzu analysieren wir das technische Setup: Im September wurde die Stimmung der Anleger so negativ, dass wir daraus tatsächlich ein Kaufsignal abgeleitet haben. Wir haben hierzu Zahlen seit 1987 analysiert und gefunden, wenn die Stimmung so negativ wie am 22. September 2022 war, ist der S&P500 auf Sicht von sechs Monaten immer gestiegen, und im Schnitt zweistellig! Wie passt das mit der Rezession zusammen, die ich gerade in Aussicht gestellt habe? Hierbei kann ich nur raten, sich mit der Geschichte von Baisse-Phasen auseinander zu setzen: Tatsächlich konnte man häufig gerade zu Beginn von Rezessionen starke Gegentrend-Rallyes beobachten. Deshalb glaubte ich Ende September, der Markt sei nun reif dafür. Im Augenblick befinden wir uns nun in einer solchen Bärenmarkt-Rallye. Für die Geburt eines neuen Bullmarktes hingegen wäre es mir heute noch zu früh.

IPE D.A.CH: Wie haben Sie diese Einschätzung im Fonds konkret umgesetzt?
Friedrich: Es gibt viele verschiedene Wege, eine Wette auf steigende Aktienkurse in einem Multi-Asset Portfolio umzusetzen. Im aktuellen Fall haben wir eine deutliche Übergewichtung in Schwellenländer-, Hochzins- und Wandelanleihen implementiert. Aktien sind dagegen leicht untergewichtet, dafür setzen wir seit einigen Wochen wieder auf Optionsscheine in unserem Overlay.

IPE D.A.CH: Welche Assetklassen sind aktuell bei Ihnen im Fokus?
Friedrich: In den letzten Wochen haben wir uns viel mit Katastrophenanleihen beschäftigt. Der Wirbelsturm Ian, der Ende September Florida verwüstet hat, wird mit Sicherheit zu einer Kapitalverknappung im Rückversicherungssektor führen. In der Industrie werden deshalb Neuemissionen in Höhe von rund 17 Mrd. US-Dollar erwartet. Wir werden genau beobachten, auf wieviel Kaufinteresse diese Transaktionen im Kapitalmarkt stoßen – davon wird dann auch unsere Positionierung in diesem Segment abhängen.

IPE D.A.CH: Womit beschäftigen Sie sich derzeit sonst noch?
Friedrich: Mit Schwellenländern ganz allgemein, also sowohl anleihen- als auch aktienseitig. Da ich am 6. Dezember hier in Frankfurt an einer Podiumsdiskussion beim 5th Annual Germany Institutional Forum 2022 (Markets Group) zu diesem Thema teilnehmen werde, passt das auch ganz gut so.

IPE D.A.CH: Vielen Dank für das Gespräch.

---
Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main. Kontakt: info@markus-hill.com; Website: www.markus-hill.de.

Martin Friedrich ist Portfoliomanager des Lansdowne Endowment Fonds und Head of Research. Er kam im Januar 2019 zu Lansdowne Partners Austria von HQ Trust, einem der größten unabhängigen Multi-Family Offices in Deutschland. Friedrich war dort seit 2009 beschäftigt, zuletzt als Leiter der Kapitalmarktanalyse und Co-Chief Investment Officer. Zusätzlich betreute er Kundenportfolios und war zuständig für den Investmentprozess von LIQID, einem Fintech Unternehmen in Berlin.