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Kommentar: Geschäftshäuser in B-Städten rücken bei Investoren in den Fokus – Warum eigentlich?

Die deutsche Einzelhandelslandschaft ist von höchstem Wettbewerb geprägt, was sowohl den Miet- als auch den Investmentmarkt betrifft. Dies ist als positives Merkmal zu werten, da ein lebhaftes Wettbewerbsumfeld für die Attraktivität eines Marktes steht. Internationale Einzelhandelsunternehmen haben Deutschland jüngst zum wichtigsten Expansionsziel in Europa erkoren, was für ein großes Vertrauen in die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen spricht.

Andreas Trumpp

Welche Marktsegmente bieten sicherheitsorientierten institutionellen Anlegern also noch Perspektiven? Investoren mit einem Core-/Core-Plus-Profil fokussieren sich auf „sichere“ Standorte und Objekte. Hierunter ist ein Spektrum zu verstehen, das von Fachmarktzentren in sehr guten Lagen bis hin zu Geschäftshäusern in zentralen Innenstadtlagen reicht. Damit befinden sie sich in einem wettbewerbsintensiven Umfeld, welches in den vergangenen Jahren von erheblichen Renditekompressionen geprägt war. Es lohnt sich daher, über den Tellerrand der A-Städte hinaus zu schauen und die vorhandene Standort- und Produktvielfalt in B-, C- und D-Städten zu nutzen, ohne Abstriche bei den Investitionskriterien zu machen. In der 1a-Lage von C-Städten sollte es beispielsweise die beste Mikrolage sein.

Geschäftshäuser in hochfrequentierten Zentrumslagen bleiben für nationale und internationale Anleger auch zukünftig attraktive Investitionsziele. Trotz des Bedeutungsgewinns des Onlinehandels bleibt das klassische Ladenlokal auch künftig der wesentliche Kontaktpunkt zwischen Einzelhändlern und Kunden. Das gilt insbesondere für prestigeträchtige Standorte. Allerdings müssen sich Investoren mit gestiegenen Herausforderungen und anspruchsvolleren Rahmenbedingungen auseinandersetzen, um Investitionen erfolgreich umzusetzen. Es sollte demzufolge eine Antwort auf die Frage gefunden werden, ob der E-Commerce (inklusive M-Commerce) eine Bedrohung für die Innenstädte darstellt.

Diese ist nicht allein am Wachstum des Onlinehandels festzumachen, da in attraktiven Innenstädten nicht ausschließlich die Handelsnutzung im Vordergrund steht. Der Nutzungsmix aus Einzelhandel, Gastronomie, Kultur und Dienstleistungen sowie die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt sind entscheidend. Der Trend zum Essen außer Haus in Verbindung mit bewussterer Ernährung hat in den letzten Jahren zu einer starken Expansion von Konzepten wie Vapiano, Hans im Glück, Dean & David usw. in den Hauptgeschäftsstraßen geführt. Eine Bedrohung stellt der E-Commerce demzufolge für Innenstädte mit einer geringen Warenauswahl ohne attraktive, international agierende Marken und einer geringen Aufenthaltsqualität dar.

Grundsätzlich werden es also vor allem die Hauptgeschäftsstraßen kleinerer und mittlerer Städte mit einem geringen Einkaufserlebnis und einer niedrigen Einkaufsattraktivität schwer haben, eine positive Entwicklung zu nehmen. Diesen mangelt es oftmals an einer wichtigen Komponente zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität und Aufenthaltsdauer: einem abwechslungsreichen gastronomischen Angebot.


Abb. 1: Anteil derer, die zukünftig mindestens gleich viel im stationären Einzelhandel kaufen wollen (%)

Festzuhalten bleibt: Der Onlinehandel wird weitere Marktanteile gewinnen, Veränderungen in den Hauptgeschäftsstraßen hervorrufen und für Anpassungsstrategien der stationären Einzelhändler sorgen. Gerade Einzelhandelskonzepte in den Top-Lagen müssen sich mit dem stark wachsenden Onlinehandel auseinandersetzen. Es setzt sich das Bewusstsein durch, dass der stationäre Einzelhandel multisensorische Eigenschaften besitzt, die der Onlinehandel schlicht nicht bieten kann. Hierzu zählen die persönliche Beratung, die innovative Markenbildung, der Erlebniseinkauf, die Optik und Haptik der Produkte sowie deren sofortige Verfügbarkeit.

Daher bevorzugt auch die jüngere, internetaffine Generation weiterhin den Einkauf in stationären Shops. Hierbei ergibt sich eine der größten Herausforderungen für den stationären Handel: die Vernetzung der On- und Offlinewelten. Entsprechend sind flexible Omnichannel-Formate vor allem großer Marken und Filialisten in den attraktiven Hauptgeschäftsstraßen der Big 20 die Gewinner dieser Entwicklung. Dabei stellt sich die Beziehung beider Welten jedoch als wechselseitig dar und es findet nicht nur eine Veränderung hin zum Onlinehandel statt. In bislang noch geringem Umfang eröffnen (ehemalige) reine Onlinehändler Ladenlokale in Innenstadtlagen und reagieren damit auf Kundenwünsche: Waren anfassen und ausprobieren zu können.

Die Expansionsgeschwindigkeit im Drogeriebereich wird vorerst anhalten und sich sowohl in Innenstädten als auch in Fachmarktlagen niederschlagen. Sie sorgt bei gleichzeitiger Sortimentsausweitung der Drogeriefilialisten mancherorts für ein Schließen der Angebotslücke, welche die geschlossenen Kauf- und Warenhäuser in zentralen Lagen insbesondere von B- und C-Städten hinterlassen haben. Fachmarktbetreiber versuchen dem Onlinehandel mit City-Konzepten Paroli zu bieten. Internationale Filialisten insbesondere aus dem Modebereich konzentrieren sich auf die Bestlagen der Innenstädte und teilweise auf Flagship-Stores, die den Erlebniseinkauf und die Markenbildung unterstreichen.

Für Investoren bieten Geschäftshäuser in vielen deutschen B-Städten vor allem Sicherheit durch stabile Cash Flows und geringe externe Risiken angesichts der hohen wirtschaftlichen und politischen Stabilität Deutschlands. Selbst während der Wirtschafts- und Finanzkrise sind die Spitzenmieten in den absoluten Top-Lagen angestiegen. Dieser Trend wird sich nicht unendlich fortsetzen können. Gegen ein Absinken sprechen aber unter anderem der Megatrend der (Re-)Urbanisierung sowie die Renaissance der (Innen-)Städte als Wohn- und Arbeitsort. Ein Mehr an potenziellen Kunden und damit Einzelhandelsnachfrage stellt eine positive Rahmenbedingung für den stationären Handel dar.


Abb. 2: Renditeabstand zwischen der 10jährigen deutschen Staatsanleihen und der durchschnittlichen Spitzenrendite für innerstädtische Geschäftshäuser in B-Städten

Trotz der historisch niedrigen Nettoanfangsrenditen für Geschäftshäuser in 1a-Lagen, liegt der Renditeabstand zwischen der zehnjährigen Bundesanleihe und den Nettoanfangsrenditen von Geschäftshäusern weiter nahe dem Rekordhoch von Ende 2014 und dürfte auch zukünftig bei über 200 bis 250 Basispunkten in den A-Städten und 300 bis 350 Basispunkten in den B-Städten verbleiben, da bis auf weiteres keine signifikanten zinspolitischen Änderungen absehbar sind. Geschäftshäuser in den Toplagen profitieren zudem von der hohen Fungibilität durch das breite Investorenspektrum, das begrenzte, nicht duplizierbare Immobilienangebot und dem relativ geringen Nachvermietungsrisiko aufgrund der stabilen Nutzernachfrage auch aus alternativen Bereichen. Die üblicherweise lang laufenden Mietverträgen im Core-/Core Plus-Bereich helfen dabei, marktseitige Schwächephasen gut zu überwinden. Investitionen in Geschäftshäuser der 20 größten deutschen Städte sowie ausgewählte B-, C- und auch D-Städte mit einer diversifizierten wirtschaftlichen Basis und positiven soziodemographischen Rahmenbedingungen bieten daher ein signifikantes Potenzial für sicherheitsorientierte Investoren.

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*) Andreas Trumpp MRICS, Head of Research Deutschland, Savills Investment Management (Germany) GmbH.